Einigkeit über notwendige Verschärfung des Waffenrechts
13.03.2023Am heutigen Montag, 13. März 2023, haben sich die Ministerin, die Minister und Senatoren der SPD-geführten Innenressorts der Länder gemeinsam mit der Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser, sowie mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, und dem Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, zu einer A-Innenministerkonferenz (A-IMK) im Bremer Rathaus getroffen. Erstmals dabei war die neue niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens.
Beraten wurde über die aktuellen innenpolitischen Herausforderungen und Entwicklungen in Deutschland. Dabei wurde seitens des Hamburger Innensenators Andy Grote auch über die Amoktat in Hamburg-Groß Borstel am vergangenen Donnerstag informiert. Die Ministerinnen und Minister und Senatoren sprechen den Opfern der entsetzlichen Gräueltat ihr tiefes Mitgefühl aus und wünschen den Verletzten eine schnelle und vollständige Genesung. Die Tat zeigt aus Sicht der A-IMK einmal mehr, dass eine Reform des Waffenrechts, wie von Bundesinnenministerin Nancy Faeser seit Monaten forciert, dringend erforderlich ist.
Als sehr begrüßenswert hat die A-IMK auch einen aktuellen Referentenentwurf des Bundesinninnenministeriums zum Waffengesetz bezeichnet. Er zielt darauf ab, Extremistinnen und Extremisten weiter zu entwaffnen, den Informationsfluss zwischen den Behörden, einschließlich der für die jeweiligen Personen zuständigen Polizeidienststellen und Gesundheitsämter zu verbessern, die Kontrollmöglichkeiten auszubauen und den Besitz von Schreckschuss-, Reizstoff-, und Signalwaffen (SRS-Waffen) sowie Armbrüsten zu erschweren. Bremens Innensenator Mäurer begrüßte, dass eine solche Änderung im Waffengesetz die missbräuchliche Verwendung dieser Waffen gerade auch an Silvester einschränke. Aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit scharfen Schusswaffen könnten sie ein erhebliches Drohpotenzial entfalten. Der Referentenentwurf des BMI sieht zudem ein Verbot kriegswaffenähnlicher halbautomatischer Feuerwaffen vor - eine zentrale Forderung des Bremer Innensenators, für die er sich die vergangenen Jahre wiederholt stark gemacht hatte. Mäurer: "Solche Waffen braucht kein Mensch. Sie wirken zudem durch ihre martialische Optik besonders anziehend auf bestimmte Personenkreise und Tätergruppen im Zusammenhang mit Amok- und Terrortaten."
Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte vor dem Hintergrund der Amoktat in Hamburg: "Die schwere Amoktat am vergangenen Donnerstagabend in Hamburg hat schreckliches Leid ausgelöst. Niemand darf nach einer solchen Tat einfach zur Tagesordnung übergehen. Wir müssen sehr ernsthaft darüber sprechen, welche zusätzlichen Handlungsmöglichkeiten und Informationen die Waffenbehörden benötigen. Wir wissen schon von früheren schweren Gewalttaten, dass wir striktere und regelmäßigere Überprüfungen brauchen. Meinen Gesetzentwurf für Verschärfungen des Waffenrechts habe ich im Januar vorgelegt. Der Gesetzentwurf sieht insbesondere eine allgemeine Pflicht zur Vorlage eines ärztlichen oder psychologischen Zeugnisses bei der erstmaligen Beantragung einer Waffenerlaubnis vor. Wir wollen, dass künftig die Waffenbehörde nicht nur bei den Sicherheitsbehörden und der örtlichen Polizei Erkenntnisse abfragt, sondern auch beim Gesundheitsamt. Wir waren uns heute sehr einig: Wir brauchen diese vernünftigen und wirksamen Veränderungen im Waffenrecht. Jetzt müssen wir zügig vorankommen."
Hamburgs Innensenator Andy Grote bekräftige nach der jüngsten Amoktat: "Wenn wir verhindern wollen, dass Waffen überhaupt in die Hände von Menschen mit psychischen Erkrankungen gelangen, dann müssen wir schon vor Erteilung einer Waffenerlaubnis ein entsprechendes ärztliches Zeugnis verlangen."
Thema war auch die von Bremen ausgehende Initiative zur Einführung einer Ermächtigungsgrundlage zur Einschränkung des erlaubnisfreien Feuerwerks im Rahmen der geplanten [FETT Novellierung des Sprengstoffrechts}. Dabei geht es im Kern darum, Kommunen die Möglichkeit einzuräumen, privates Feuerwerk im öffentlichen Raum zu beschränken, zu verbieten oder Flächen für das Zünden von Feuerwerk auszuweisen. Der Senator für Inneres in Bremen, Ulrich Mäurer: "Wir sind überzeugt davon, dass die Kommunen am besten wissen, welches Konzept den Verhältnissen vor Ort gerecht wird."
Die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes stieß auf große Zustimmung der A-IMK für die aktuelle Debatte auf Bundesebene. Als Leitsatz über dem Entwurf steht der Wunsch, die Staatsbürgerschaft zur Förderung und Beschleunigung der Integration zu nutzen und daher ihren Erwerb zu erleichtern. Trotz der geplanten Erleichterungen müssen Einbürgerungsbewerberinnen und –bewerber auch weiterhin die Grundvoraussetzungen erfüllen, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. So benötigen sie nicht nur ein qualifiziertes Aufenthaltsrecht, sondern müssen den Lebensunterhalt für sich und ihre unterhaltsberechtigten Familienangehörigen bestreiten und dürfen nicht wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt worden sein. Zudem müssen sie sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Ein zentrales Anliegen des Entwurfes zur Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes ist, Mehrstaatlichkeit zu ermöglichen. Bereits aktuell werden mehr als die Hälfte aller Einbürgerungen unter Hinnahme von Mehrstaatlichkeit vollzogen, und zwar dann, wenn die Ausländerinnen und Ausländer aus einem EU-Staat kommen oder die Herkunftsländer der Betroffenen sie grundsätzlich nicht aus ihrer Staatsangehörigkeit entlassen.
Deutschland wird verbindliche Sicherheitsanforderungen an die Betreiber Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) und mit einem KRITIS-Dachgesetz erstmals in einem übergreifenden Bundesgesetz festschreiben und damit zugleich die EU-Richtlinie zum Schutz Kritischer Infrastruktur in nationales Recht umzusetzen. Die Bundesinnenministerin trug vor, dass der Schutz Kritischer Infrastruktur noch stärker als bisher in den Blick genommen wird. Diese Notwendigkeit ergebe sich einerseits aus der geopolitischen Bedrohungslage. Andererseits hätten die mehrfach durchgeführten oder vereitelten Anschläge auf den Bahnverkehr, auf Stromtrassen oder maritime Infrastruktur dringenden Handlungsbedarf deutlich gemacht. Die Länder seien hierzu mit dem Bund in einem sehr konstruktiven Austausch, wie man die originäre Zuständigkeit der Länder noch besser mit einer koordinierenden und unterstützenden Rolle des Bundes verzahnen könne.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die A-IMK sind sich einig, dass das Rückkehrmanagement für ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer verbessert werden müsse. Zugleich unterstützt die A-IMK die Anstrengungen des BMI bei der intensiveren Kontrolle der Binnengrenzen durch die Bundespolizei zur wirksamen Eindämmung irregulärer Migration als auch Migrationsabkommen mit den Herkunftsländern abzuschließen, in denen neben der Sicherung regulärer Zugangswege auch die Kooperation bei der Rücknahme ausreisepflichtiger Staatsangehöriger geregelt ist. Die aktuellen Bemühungen sind aus Sicht der A-IMK insoweit erfolgsversprechender als reine "Rücknahmeübereinkommen", wie sie von früheren Bundesregierungen in der Regel ohne erkennbare Erfolge angestrebt wurden. Die A-IMK unterstützt zudem die Vereinbarungen des zurückliegenden Flüchtlingsgipfels, in einem kompakten und intensiven Arbeitsprozess bis Ende März in vier definierten Themenclustern gemeinsam zusätzliche Handlungsansätze in allen relevanten Themen zu entwickeln. Im Rahmen dieses Arbeitsprozesses soll auch eine vorbereitete Diskussion zur zukünftigen finanziellen Aufteilung der Flüchtlingskosten zwischen Bund und Ländern geführt werden. Die A-IMK sieht das Bundesministerium der Finanzen dabei in der Pflicht, einen Vorschlag zur zukünftigen Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern zu entwickeln, der die tatsächliche Entwicklung der Flüchtlingszahlen und -kosten abbildet und eine entsprechende Anpassung des Finanzierungsanteils des Bundes vorsieht. Dazu der Beschluss der A-IMK im Anhang zum Download (pdf, 137.6 KB).
Bundesinnenministerin Faeser ging in ihrem Bericht auch auf die Katastrophenhilfe der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien ein. Diese Unterstützung werde auch nicht aufhören, wenn schon wieder andere Themen die Schlagzeilen bestimmten. Zur Koordinierung und zur Einbeziehung der Länder habe man sich in Deutschland auf die bewährten Strukturen des Katastrophenschutzes gestützt. Unter Koordinierung des Bundes hätten alle Länder zu den Gesamtmaßnahmen beigetragen, so Faeser.
Bremens Innensenator Mäurer setzte sich auf der A-IMK für weitere Visa-Erleichterungen für die Betroffenen ein. "Nach den üblichen 90 Tagen, für die das Visum gültig ist, werden in dem vom Erdbeben zerstörten Gebieten noch keine neuen Häuser, Schulen oder Krankenhäuser stehen. Deswegen müssen wir uns rechtzeitig damit auseinandersetzen, wie es nach dieser Frist mit den Menschen weitergehen soll."
Die Berichterstattung zum Themenkomplex sexualisierte Gewalt gegen Kinder übernahm der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch. Wie sich in den vergangenen Jahren herausgestellt hat, stellt die Bekämpfung von Kindesmissbrauch eine der größten Herausforderungen für die Ermittlungsbehörden in der heutigen Zeit dar und ist bundesweit nur durch Bündelung der Ressourcen überhaupt möglich. Ermittlungsbehörden aus Bund und Ländern haben daher ihren Personaleinsatz bereits deutlich verstärkt und die technische Unterstützung dieser aufwändigen Ermittlungsarbeit vorangetrieben. Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um die auch künftig steigenden Fallzahlen bearbeiten zu können und aus einer aktuell bereits sehr großen und weiterhin anwachsenden Datenmenge besonders dringliche Fälle zu identifizieren, um insbesondere bei ggf. akuten Gefahrenlagen bzw. weiterhin stattfindenden Missbräuchen schnellstmöglich einschreiten zu können.
Trotz des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz müssen in letzter Konsequenz aber Menschen Bilder und Videos sowie den Tatverdacht beurteilen. Einer übermäßigen Belastung des eingesetzten Personals müsse dabei entgegengewirkt werden. Konsequente Standardisierung und der Ausbau der technischen Möglichkeiten zur Unterstützung dieser Arbeit hierfür habe Priorität. Dabei müsse genau darauf geachtet werden, dass Datenschutz nicht zum Täterschutz würde. Die Konferenzteilnehmerinnen und –teilnehmer haben sich auch über die Vorschläge der EU-Kommission, sexualisierte Gewalt durch EU-Vorgaben und ein EU-Zentrum stärker zu bekämpfen, ausgetauscht.
Als Reaktion auf den tödlichen Messerangriff am 25. Januar 2023 in einem Zug von Kiel nach Hamburg stellte der Sprecher der A-IMK, Hamburgs Innensenator Andy Grote, die Eckpunkte eines Konzepts zur intensivierten Zusammenarbeit von Justizvollzug, Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaft und Ausländerbehörde vor. Diese verlässliche Zusammenarbeit brauche es auch über Ländergrenzen hinweg, so Grote. Die A-IMK betont die Bedeutung einer Stärkung des länderübergreifenden Rückführungsmanagements für Straftäterinnen und Straftäter in Haft und setzt sich dafür ein, alle polizeilichen und ausländerrechtlichen Maßnahmen auszuschöpfen, um bei der Abschiebung ausländischer Straftäterinnen und Straftäter noch effektiver zu werden.
Die A-IMK setzt sich darüber hinaus dafür ein, dass in Abstimmung mit den betroffenen Stellen eine regelhafte Einführung von Videoaufzeichnung in Zügen des Regional- und Fernverkehrs eingeführt sowie in Abstimmung mit der Bundespolizei die Videoüberwachung an Bahnhöfen ausgeweitet wird.
Auf Initiative von Niedersachsens neuer Innenministerin, Daniela Behrens, wurde bei dem Treffen über die Problematik der Geldautomatensprengung gesprochen. Immer wieder gelingt es kriminellen Banden, Geldautomaten zu sprengen und somit Bargeld zu erbeuten. Sollte die vom BMI bis April zugesagte Evaluation der Selbstverpflichtung der Geldautomatenbetreiber anlässlich des Runden Tisches vom 8. November 2022 erkennen lassen, dass freiwillige Sicherungsmaßnahmen nicht ausreichend sind, erwägt Niedersachsen mit einhelliger Zustimmung der SPD-Innenministerinnen und –minister und -senatoren eine gesetzliche Verpflichtung der Hersteller und Betreiber von Geldautomaten in den Bundesrat einzubringen.
Der flächendeckende Fachkräftemangel geht auch an den Polizeien nicht vorbei. Die Innenministerinnen und –minister und -senatoren haben daher gemeinsam mit dem Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, die Belastung der Polizeien des Bundes und der Länder erörtert sowie die Herausforderungen bei der Personalgewinnung besprochen. Der Gewerkschafter und die Innenministerinnen und -minister und -senatoren waren sich dabei einig, dass die besondere Attraktivität des Polizeiberufes wo immer möglich in der Öffentlichkeit betont werden sollte und diese Attraktivität durch konkurrenzfähige monetäre Rahmenbedingungen auszubauen ist. Kopelke: "Wir sollten die Nachwuchsgewinnung als zentrale, gemeinschaftliche Aufgabe verstehen." Das Ringen auf dem Arbeitsmarkt um die besten Köpfe gelinge nur gemeinschaftlich. Denkbare, künftige "Abwerbeexzesse" der Länder untereinander müssten unbedingt vermieden werden.
Die aktuelle Entwicklung einer zunehmend brutalen Gewalt gegen Polizei- und Rettungskräfte unterstreicht, dass es hier eines klaren rechtspolitischen Signals bedarf. Die Verwerflichkeit dieser Taten, in denen Einsatzkräfte vermehrt in Hinterhalte gelockt werden, um sie gezielt anzugreifen, sollte durch eine Änderung des Strafgesetzbuches (StGB) deutlich herausstellt und qualifiziert bestraft werden. Die SPD-geführten Innenressorts der Länder sind sich einig, dass diese Strafrechtsänderung zur Stärkung des Schutzes von Polizei- und Rettungskräften notwendig ist und appellieren an das Bundesjustizministerium, diese aufzugreifen und umzusetzen.
Teilnehmende der A-IMK in Bremen:
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