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Der Senator für Inneres und Sport

Senat verabschiedet neues Verfassungsschutzgesetz

03.09.2013

Innensenator Ulrich Mäurer hat heute (3.9.2013) dem Senat ein neues Verfassungsschutzgesetz vorgelegt, dessen Inkrafttreten für den 1. Januar 2014 beabsichtigt ist. "Die Leitlinien für die Arbeit des Bremer Verfassungsschutzes sind Öffentlichkeit, Transparenz und ein klares Regelwerk, das parlamentarisch laufend überprüft wird", so Mäurer.

Hintergrund der Novellierung war unter anderem das Versagen deutscher Sicherheitsbehörden, darunter auch deutscher Verfassungsschutzämter, im Zusammenhang mit dem NSU-Skandal. "Die Erkenntnisse aus den Expertenkommissionen und dem Bundestags-Untersuchungsausschuss haben uns veranlasst, das Bremische Verfassungsschutzgesetz einer grundlegenden Reform zu unterziehen. Die Nachrichtendienste dürfen nicht in rechtlichen Grauzonen arbeiten", betonte Mäurer.

Mit der Novellierung des Gesetzes werden durch gesetzliche Vorgaben und Dienstvorschriften künftig klare Regeln unter anderem im Umgang mit sogenannten Vertrauenspersonen (V-Personen) geschaffen. Zugleich erweitert das Gesetz die detaillierte Überprüfung der Arbeit des Bremer Verfassungsschutzes durch die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) sowie durch die G 10-Kommission. (Erläuterungen dazu am Ende der Presseerklärung)

Das Bremische Verfassungsschutzgesetz ist inhaltlich zuletzt 2006 novelliert worden. Mäurer: "Seitdem hat sich aber die Gefahrenlage in Deutschland gravierend geändert". Mäurer verwies in dem Zusammenhang insbesondere auf die Bedrohung von Einzeltätern, vor allem aus dem Spektrum des gewaltorientierten Rechtsextremismus sowie des inländischen Terrorismus.

Aus diesem Grund sollte das Bremische Verfassungsschutzgesetz bereits vor zwei Jahren novelliert werden. Nach dem Bekanntwerden des NSU-Skandals Ende 2011 wurde das Gesetzgebungsverfahren in Bremen jedoch ausgesetzt, um die Ergebnisse der Bund-Länder-Expertenkommission und der Untersuchungsausschüsse mit aufzunehmen zu können.

Die wesentlichen Änderungen auf einen Blick:

  • Der Gesetzentwurf gibt verbindliche Standards im Umgang mit Vertrauenspersonen vor. So dürfen weder Minderjährige noch solche Personen als Quellen für den Verfassungsschutz arbeiten, die wegen einer schweren Straftat vorbestraft sind.
  • Auch die Führung einer bestimmten V-Person ist genau geregelt. Um beispielsweise Abhängigkeiten oder eine zu große Nähe zu vermeiden, müssen die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verfassungsschutz regelmäßig als Ansprechperson wechseln.
  • V-Personen dürfen eine extremistische Organisation weder ideologisch noch finanziell maßgeblich beeinflussen.
  • Die Bezahlung für Auskünfte darf nicht die alleinige Lebensgrundlage einer V-Person sein.
  • Stand der Einsatz einer V-Person bislang weitgehend im Ermessen des Behördenleiters, so soll dies künftig von den Mitgliedern der G 10- Kommission sowie der Parlamentarischen Kontrollkommission überprüft werden.

Weiterhin sind detaillierte Regelungen vorgesehen, welche szenetypischen Straftatbestände V-Personen und ermittelnde Beamte im Rahmen ihres Auftrages verwirklichen dürfen, um nicht bei einer möglichen Weigerung sofort enttarnt zu werden. Schwerpunktmäßig geht es bei dieser Vorschrift um Organisationsdelikte (z.B. Mitgliedschaft in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung) und sogenannte Propagandadelikte (z.B. Hitlergruß). Die Parlamentarische Kontrollkommission der Bürgerschaft wird nach der Verabschiedung des Gesetzes festlegen, welche Straftaten darunter fallen. Kategorisch ausgeschlossen sind jedoch schwerwiegende Straftaten sowie alle Straftaten, bei denen Rechtsgüter Dritter verletzt werden. Verboten sind somit alle Körperverletzungsdelikte, Nötigung und Sachbeschädigung.

Die Parlamentarische Kontrollkommission der Bürgerschaft wird nach der Verabschiedung des Gesetzes in einer Dienstvorschrift die nähere Ausgestaltung festlegen. Weiterhin sollen die sogenannten "besonderen Befugnisse" des Verfassungsschutzes nicht nur für den internationalen Terrorismus gelten, sondern auch auf den Rechtsextremismus erweitert werden. Als besondere Befugnisse gelten u.a.

  • Bankauskünfte
  • Auskünfte bei Luftfahrtunternehmen
  • bei Telekommunikationsdienstleistern

Eine weitere wichtige, geplante Änderung besteht darin, das Bremer Landesamt für Verfassungsschutz künftig als Abteilung in die Innenbehörde zu integrieren. Mit diesem Schritt, so Mäurer, würde Bremen der Mehrheit der Bundesländer folgen, die ihre Landesämter bereits in die Innenministerien integriert haben. Zudem würden Synergieeffekte zu Einsparungen führen.
"Viele Empfehlungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages werden in Bremen bereits praktiziert", betonte Mäurer abschließend. Alle übrigen würden in dem neuen Bremischen Verfassungsschutzgesetz und den weiterführenden Dienstvorschriften umgesetzt.
Mäurer: "Ich bin stolz darauf, dass wir mit dem heutigen Tag ein modernes Gesetz auf den Weg bringen, das die notwendige und gute Arbeit des Verfassungsschutzes in Bremen genau regelt und einer umfassenden parlamentarischen Kontrolle unterzieht".

Das Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Bremen und zur Änderung des Bremischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes sowie die Begründung stehen zum PDF-Download zur Verfügung:
BremVerfSchG Gesetzestext (pdf, 249.2 KB)
BremVerfSchG Begründung (pdf, 150.5 KB)

G 10-Kommission
Die von der Parlamentarischen Kontrollkommission bestellte G 10-Kommission entscheidet von Amts wegen als unabhängiges und an keine Weisung gebundenes Organ über die Notwendigkeit und Zuverlässigkeit sämtlicher durch den Nachrichtendienst durchgeführten Eingriffe in den Bereich des Brief-Post- und Fernmeldegeheimnisses nach Artikel 10 des Grundgesetzes. Über den Grundrechtsschutz des Artikels 10 des Grundgesetzes hinaus genehmigt die G 10-Kommission weitere grundrechtseingreifende Maßnahmen gegen Personen oder Objekte. Es gilt die Geheimhaltungspflicht.

Parlamentarische Kontrollkommission (PKK)
Die PKK besteht aus drei Mitgliedern und drei stellvertretenden Mitgliedern. Die Bürgerschaft wählt sie zu Beginn jeder Wahlperiode aus ihrer Mitte. Nicht vertretene Fraktionen können einen Abgeordneten ihrer Fraktion als ständigen Gast benennen. Die PKK kontrolliert die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV). Dabei hat sie auch das Recht, alle Akten einzusehen, andere Auskunftspersonen anzuhören sowie die Räume des LfV jederzeit zu betreten. Die Mitglieder unterliegen der Geheimhaltungspflicht.

Foto:Senatspressestelle