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Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation

Neues Hafenkonzept setzt auf Nachhaltigkeit

06.03.2014

Mit einem Workshop zum Thema Nachhaltigkeit in der Hafenplanung hat der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen die Arbeiten an einem neuen Hafenkonzept fortgesetzt. Das Konzept, das derzeit von der Hafengesellschaft bremenports erarbeitet wird, entsteht in einem intensiven Dialog mit Wirtschaft, Wissenschaft, Naturschutz und anderen gesellschaftlichen Gruppen. Wirtschaftssenator Martin Günthner: "Bei der Erstellung des Hafenkonzeptes geht es auch darum, einen breiten Konsens über die weitere Entwicklung unserer Häfen zu erreichen. In dem offenen Planungsprozess arbeiten wir an einer breiten Unterstützung für unsere Hafenpolitik. Eine wesentliche Verständigung ist, dass die wirtschaftliche Entwicklung eines Welthafens untrennbar mit den erforderlichen ökologischen und sozialen Fortschritten verbunden ist."

Die Luneplate im Süden von Bremerhaven steht für Nachhaltigkeit im Hafenbau: Hochwertige Ökoflächen gleichen die Eingriffe in die Natur aus, die mit der Erweiterung des Container-Terminals verbunden waren
Die Luneplate im Süden von Bremerhaven steht für Nachhaltigkeit im Hafenbau: Hochwertige Ökoflächen gleichen die Eingriffe in die Natur aus, die mit der Erweiterung des Container-Terminals verbunden waren

Bei dem Workshop in Bremerhaven stimmte Dr. Klaus Grosfeld vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) die Teilnehmer auf die globale Perspektive des Klimawandels ein. Bis zur Jahrtausendwende sage der Weltklimarat (IPCC) in einer aktuellen Studie einen Anstieg des Meeresspiegels um 45 bis 82 Zentimeter voraus, erläuterte der Wissenschaftler. Als direkte Folge dieses Meeresspiegelanstiegs könnten Sturmfluten im Bereich der Nordsee bis Ende des 21. Jahrhunderts um 3 bis 11 Dezimeter höher auflaufen als heute – schlimmstenfalls also um bis zu 1,10 Meter.

Neben klassischen Anpassungsmaßnahmen wie dem Bau von höheren Deichen sprach sich Grosfeld für massive Einsparungen beim Energieverbrauch und eine konsequente Vermeidung von Kohlendioxid-Emissionen aus. Die Nutzung regenerativer Energien sei dabei besonders wichtig. Der Klimaschutz sei eine Überlebensfrage der Menschheit: "Was wir heute tun, merken wir erst 2050", sagte Grosfeld. Die Verantwortung für das Weltklima dürfe nicht auf andere Länder wie China oder die USA abgewälzt werden, forderte der AWI-Vertreter.

Osthorst (Hochschule Bremen): Kohlendioxid-Ausstoß radikal senken

Auch Prof. Dr. Winfried Osthorst vom Internationalen Studiengang Politikmanagement (ISPM) der Hochschule Bremen begrüßte es, dass die Themenbereiche Ökologie und Nachhaltigkeit im Hafenkonzept 2020/25 berücksichtigt werden sollen. Das sogenannte Zwei-Grad-Ziel erfordere bis 2050 eine radikale Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes um 80 bis 95 Prozent (Basisjahr: 1990). Schon deshalb müsse der Einsatz regenerativer Energie im Hafen konsequent ausgebaut werden. Osthorst forderte, Anreize für kohlendioxidfreie Transportketten zu entwickeln und die Bahn als umweltfreundliches Verkehrsmittel zu fördern. Er sprach sich gleichzeitig für verstärkte Kooperationen der Seehäfen aus. Die Wasserstraßen ließen sich nur noch bedingt ausbauen.

Außerdem vertrat Osthorst die These, die Expansion des Hafengeschäfts sei öffentlich nur noch bedingt finanzierbar. Alle staatlichen Ebenen seien unterfinanziert. Die Budgetkrise bedrohe die Investitionsfähigkeit in den Häfen und deren Kompetenzen, sagte Osthorst. Gleichzeitig werde die Gesellschaft älter, während das Potential an Fachkräften sich verringere. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung müsse die Bildungs- und Sozialpolitik gestärkt werden.

Von Bargen (bremenports): Den Klimawandel durch Klimaschutz begrenzen

Für Uwe von Bargen von der Hafengesellschaft bremenports steht fest, dass die Zukunftsfähigkeit der Häfen über Entwicklungen gesichert werden muss, die sich am Prinzip der Nachhaltigkeit orientieren. Dies gelte gleichermaßen in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales. Die überdurchschnittlich große Bedeutung von Hafenwirtschaft und Logistik für den regionalen Arbeitsmarkt müsse erhalten und gestärkt werden – zum Beispiel durch eine verbesserte Wertschöpfung und leistungsfähige Hinterlandanbindungen im Bereich der umweltfreundlichen Verkehrsträger Bahn und Binnenschiff.

Ökologisch gehe es bei der Hafenentwicklung auch und besonders darum, den Klimawandel durch verbesserten Klimaschutz zu begrenzen. Die gezielte Verringerung von Emissionen (Luftschadstoffe, Lärm, Staub, Licht) spiele eine entscheidende Rolle. Ein Beispiel für grundlegende Veränderungen sei der bevorstehende Einsatz von Flüssiggas (LNG) im Bereich der alternativen Schiffsantriebe. Im kommenden Jahr soll im Überseehafen Bremerhaven die erste LNG-Tankstelle in Betrieb genommen werden.

Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung müsse der Hafen sich aber auch den sozialen Herausforderungen stellen, sagte der bremenports-Umweltdirektor. Es gelte zum Beispiel, stärker als bisher in die Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten zu investieren und attraktive Arbeitsplätze mit guten Arbeitsbedingungen zu schaffen. Von Bargen: "Die Betriebe sind aufgefordert, ihre Unternehmenskultur weiterzuentwickeln. Die Stichworte dafür heißen ‚Glaubwürdigkeit, faire Zusammenarbeit und respektvoller Umgang miteinander‘."

Caragiuli (BLG): Der Hafen muss für Frauen attraktiver werden

Anschließend ging Angelo Caragiuli von der BLG Logistics Group ausführlich auf betriebliche Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung ein. Das Demografie-Management stelle eine wachsende Herausforderung für die Unternehmen dar, sagte der Leiter Personalentwicklung. In einer alternden Gesellschaft und bei sinkenden Schulabgängerzahlen gestalte sich die Suche nach neuen Mitarbeitern zunehmend schwierig. Caragiuli sprach sich unter anderem dafür aus, das Image der Arbeitswelt Hafen zu verbessern. Er forderte einen Kulturwandel: "Wir müssen den Hafen als Arbeitsplatz auch für Frauen attraktiv machen."

Der Arbeitgeber BLG reagiere bereits seit vielen Jahren auf die ungünstige demografische Entwicklung. Caragiuli sprach vom "Management alternder Belegschaften". Dazu zählen auf ältere Mitarbeiter zugeschnittene Arbeitssysteme, ein betriebliches Gesundheitsmanagement, eine Sozialberatung und ein Eingliederungsmanagement für Beschäftigte, die nach einer Unterbrechung ins Unternehmen zurückkehren möchten. Es gelte, die Kompetenz der Beschäftigten bei wachsenden Anforderungen des Betriebs weiterzuentwickeln und qualifizierte Mitarbeiter nicht nur an die Firma zu binden, sondern sie langfristig arbeitsfähig zu halten. Außerdem habe das Unternehmen die Förderung seiner Nachwuchsführungskräfte intensiviert: Seit 2001 konnten über ein eigens geschaffenes Programm 41 Führungspositionen bei der BLG erfolgreich besetzt werden.

Das Hafenkonzept soll Ende 2014 den politischen Gremien vorgelegt werden, bis dahin setzen die Autoren weiter auf Dialog. Geplant sind ein weiterer Workshop im Mai 2014 sowie eine intensive Diskussion mit den Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Verbänden.

Foto: bremenports