Landesfrauenbeauftragte kommentiert die aktuellen Pläne der Bundesregierung
24.04.2012„Das Betreuungsgeld stärkt keineswegs die Wahlfreiheit junger Familien, sondern festigt überkommene Rollenbilder“, kommentiert die Bremer Frauenbeauftragte Ulrike Hauffe die aktuellen Pläne der Bundesregierung und die jüngsten Äußerungen der Bundeskanzlerin. „Natürlich werden sich junge Familien überlegen, ob sie sich den Stress des Wettbewerbs um einen der ohnehin unzureichenden Krippenplätze antun und ob nicht von vornherein ein Elternteil länger zuhause bleibt als möglicherweise geplant. Zuhause bleiben wird dann mehrheitlich die Frau, weil logischerweise das Elternteil arbeiten geht, das mehr verdient – und das sind mehrheitlich die Männer, denen die Alleinverdienerrolle so einmal mehr aufgedrängt wird. So gesehen trägt das Betreuungsgeld zur Zementierung der Geschlechterverhältnisse bei und gehört ins letzte Jahrhundert und nicht zu einer modernen Familienpolitik“, so Hauffe.
Das Argument der Befürworter, Wahlfreiheit bedeute auch, dass Familien das Betreuungsgeld nutzen können, um sich privat Betreuung zu organisieren, lässt die Frauenbeauftragte nicht gelten: „Dies wird nur für einen relativ kleinen Teil der Familien gelten – stattdessen wird das Betreuungsgeld vielfach Anreiz sein, länger aus der Erwerbsarbeit auszusteigen. Und da schließt sich der Teufelskreis. Je größer die Lücken in der Erwerbsbiografie, desto weniger Chancen haben Frauen auf Wiedereinstieg, auf Fortbildung und auf berufliche Verbesserung. Am Ende steigt ihr Armutsrisiko, auch durch fehlende Rentenbeiträge, und damit auch das ihrer Familien. An dieser Stelle haben Familien eben nicht die Wahl: Sie nehmen, was näher liegt, und das wird häufig eher das Betreuungsgeld sein als ein Betreuungsplatz für ihre Kinder in gewünschter Nähe, Flexibilität und gewünschtem Umfang. Insofern hat das Betreuungsgeld die Wertung ’Herdprämie’ voll und ganz verdient“, so Hauffe abschließend.
Aktuell arbeiten über 55.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land Bremen in sozialversicherungspflichtiger Teilzeit, knapp 70.000 in Minijobs und 10.000 in Leiharbeit. 40 Prozent der Neueinstellungen erfolgen im Land Bremen befristet (Quelle: Arbeitnehmerkammer Bremen). Frauen stellen die Mehrheit der im Niedriglohn Beschäftigten und der Minijobber. Das schafft zusammen mit den Eltern-, Erziehungs- und Sorgezeiten – deren Länge durch das Betreuungsgeld maßgeblich beeinflusst würde – bei der Ansammlung von Rentenbeiträgen Probleme, die in Altersarmut führen. Altersarmut ist deshalb vorwiegend weiblich – eine Tatsache, die auch der erste Gleichstellungsbericht der Bundesregierung ergeben hat.