Heute (16. Juni 2023) hat der Bundesrat den von Bremen eingebrachten Entschließungsantrag zum nicht-invasiven Pränataltest (NIPT) beschlossen. Mit diesem Bluttest als Kassenleistung kann zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft das Risiko für Trisomie 13,18 und 21 bestimmt werden kann. Mit der heutigen Entschließung fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, ein Monitoring zu den Konsequenzen der Kassenzulassung des NIPT einzurichten sowie ein Fachleutegremium hierzu einzusetzen.
"Ich begrüße sehr, dass die in Bremen gestartete Initiative nun ein erfolgreiches Ergebnis zeigt", kommentiert Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm den heutigen Beschluss. "Die Bundesländer geben ein klares Signal, dass Schwangere in der schwierigen Situation, die ein solcher Test bewirken kann, nicht allein gelassen werden sollen. Mit der breiten Anwendung des NIPT stellen sich existenzielle Fragen, mit denen Schwangere, ihre Angehörigen sowie Ärztinnen und Ärzte nicht allein bleiben dürfen. Ist die Verfügbarkeit des Tests als Kassenleistung ein Signal, dass Menschen mit Behinderung in unserem Land an den Rand gedrängt werden? Werden sie und ihre Familien nach wie vor genügend Unterstützung bekommen? Wie können Schwangere in der schwierigen Situation eines positiven Tests für sich die richtige Entscheidung treffen? Hier stellen sich ethische, rechtliche und frauenpolitische Fragen, die eine datenbasierte und zugleich fachlich hoch angesiedelte Debatte auf Bundesebene erfordern. Die heutige Entschließung ist hierfür ein erster Meilenstein. Jetzt ist die Bundesregierung bei der Umsetzung gefragt."
Mit oder ohne Befund: Weiteres Wissen zur richtigen Einschätzung notwendig
Seit Juli 2022 können Schwangere nach Rücksprache mit der behandelnden Gynäkologin oder des behandelnden Gynäkologen einen Bluttest auf Trisomie 13,18 und 21 als Kassenleistung erhalten: den nicht-invasiven Pränataltest (NIPT). Fachleute befürchten Nachteile für Schwangere, denn der Test hat nur einen begrenzten Aussagegehalt und muss durch eine Fruchtwasseruntersuchung abgeklärt werden. Er gibt nur einen Hinweis auf ein sehr kleines Spektrum möglicher Behinderung und 30 Prozent der positiven Befunde stellen sich als falsch heraus, sie zeigen also ein Risiko an, obwohl das Kind gesund ist. Es besteht die Gefahr, sich bei einem Ergebnis ohne Befund sicher zu wähnen und auf andere, selbst zu zahlende und breiter angelegte Tests wie das Ersttrimesterscreening zu verzichten, was zu einer Zunahme von Spätabbrüchen führen kann. Oder aber die Schwangere sieht sich bei einem Ergebnis mit Befund in hohem Entscheidungsdruck, weitere Diagnostik vorzunehmen oder die Schwangerschaft gleich abzubrechen – dass dies geschieht, legen Zahlen aus Nachbarländern nahe, in denen der NIPT schon länger breit verfügbar ist.
Wie die heutige Entschließung zustande kam: Initiative aus Bremen
In Bremen hatten der Landesbehindertenbeauftragte und die Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) vor der Kassenzulassung eine breite fachliche Debatte initiiert und gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Pränatalmedizin, Humangenetik, Gynäkologie, mit Hebammen und Beratungsstellen staatliches Handeln gefordert. Kernforderungen waren ein Monitoring zur Umsetzung und zu den Folgen des Beschlusses der Kassenzulassung von nicht-invasiven Pränataltests sowie die Einrichtung eines interdisziplinären Expertinnen- und Expertengremiums, das die rechtlichen, ethischen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung des NIPT zu prüfen hat. Ein fraktionsübergreifender Beschluss der Bremischen Bürgerschaft in diesem März hat die Forderungen aufgegriffen und die nun erfolgreich beschlossene Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht.
Weitere Information finden sich auf den Seiten des Landebehindertenbeauftragten:
www.lbb.bremen.de/nipt
Ansprechpartnerin für die Medien:
Susanne Gieffers, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: (0421) 361-6050,
E-Mail: presse@frauen.bremen.de