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Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau

Fachtagung: Geschlechtergerechtigkeit im digitalen Wandel

Politische Maßnahmen identifizieren und Handlungsempfehlungen formulieren

07.10.2021

Die ZGF veranstaltet heute, 7. Oktober, von 13.00 bis 16.30 Uhr, gemeinsam mit dem Landesfrauenrat Bremen - Bremer Frauenausschuss e.V. (bfa) die Online-Fachtagung "Female Empowerment statt Gender Gap: Geschlechtergerechtigkeit im digitalen Wandel". "Es greift zu kurz, den digitalen Wandel als reines Technik-Thema zu betrachten. Von Politik und Gesellschaft hängt es ab, wie wir die Digitalisierung, die alle Lebensbereiche betrifft, gestalten. Es ist deshalb so wichtig, die Geschlechtergerechtigkeit bei der Digitalisierung frühzeitig konsequent mitzudenken", sagt Bettina Wilhelm, Landesfrauenbeauftragte in Bremen. Andrea Buchelt, Erste Vorsitzende des bfa erklärt: "Wie bei jedem Wandel birgt auch der digitale Wandel ein erhebliches Diskriminierungs-Potenzial, aber auch viele neue Chancen. Um beides soll es bei der Fachtagung heute gehen und darum, welche politischen Maßnahmen im Land Bremen für eine geschlechtergerechte Digitalisierung notwendig sind."

Die Veranstaltung ist mit mehr als 125 Teilnehmenden ausgebucht. Interessierte Journalistinnen und Journalisten wenden sich daher bitte direkt an die Pressestelle der ZGF: presse@frauen.bremen.de. Das Programm der Fachtagung findet sich unter: Fachtagung Female Empowerment (veranstaltung.digital)

Die Teilnehmenden erwarten Fachvorträge von Dr. Stefan Ullrich vom Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft - Das Deutsche Internet-Institut sowie Mitglied derSachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungbericht der Bunderegierung sowie von Dr. Juliane Jarke vom Institut für Informationsmanagement Bremen (ifib) und Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) an der Universität Bremen. Anschließend vertiefen vier Fachforen Aspekte des digitalen Wandels in Bezug auf die Themenschwerpunkte Arbeit, Gewalt, Gesundheit sowie Medienkompetenz.

Digital Gender Gap schließen
Der von der Initiative D21 ermittelte Digital Gender Gap misst anhand von vier Teilbereichen (Zugang, Nutzungsverhalten, Kompetenz sowie Offenheit gegenüber digitalen Entwicklungen) geschlechterspezifische Unterschiede im Digitalisierungsprozess. "Frauen liegen in allen vier Bereichen hinter den Männern. Damit wir die Lücke schließen können, muss Geschlechtergerechtigkeit in allen Digitalisierungsprozessen von vornherein berücksichtigt werden, und zwar ressortübergreifend. Neben konkreten Zielen und Maßnahmen müssen Indikatoren entwickelt werden, um ein Monitoring zu ermöglichen", fordern Andrea Buchelt und Bettina Wilhelm in einem gemeinsamen Statement.

Besondere Verantwortung: Bremen als Standort für Künstliche Intelligenz (KI)
Eine geschlechtergerechte Digitalisierung kann nur gelingen, wenn Männer und Frauen gleichermaßen an der Technikgestaltung, zum Beispiel an der Entwicklung von Soft- oder Hardware, beteiligt sind. Eine Studie der Senatorin für Wirtschaft in Zusammenarbeit mit digitalmedia e.V. aus dem Sommer 2020 zeigt, dass die Bremische IT-Branche über einen Frauenanteil von nur 28 Prozent verfügt. Frauen verdienen dort circa 20 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. "Bremen als KI-Standort kommt eine besondere Verantwortung zu. Der Frauenanteil in der örtlichen Digitalbranche muss daher dringend erhöht werden. Ansätze dafür bieten die Plattform Gender Balance, das Digital Hub Industry oder der Weiterbildungsverbund Servicestelle Digital am Arbeitsplatz", erklärt Bettina Wilhelm. Die ZGF wirkte darauf hin, dass das Gender-Mainstreaming-Prinzip bereits in der Bremer KI-Strategie verankert wurde. "Es ist aber noch kein Garant dafür, dass die Strategie entsprechend mit Leben gefüllt wird, deshalb kommt es jetzt auf die konkrete Ausgestaltung an", betont Wilhelm.

Kompetenzen ausbauen, Geschlechterklischees abbauen
Zugang zur technischen Ausstattung wie Computern etc. kann ein wichtiger Baustein hin zur Geschlechtergerechtigkeit sein, reicht aber alleine nicht aus. Vielmehr bedarf es des entsprechenden Know-hows und des Abbaus von traditionellen Rollenklischees, die für Mädchen und Frauen den Zugang zu Technik erschweren. Es gilt daher, Mädchen frühzeitig für die sogenannten MINT-Fächer (MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu begeistern und ihnen Kompetenzen im Umgang mit der Digitalisierung zu vermitteln. "Schon in den Kindertagesstätten und Schulen sowie während des gesamten beruflichen Werdegangs muss eine entsprechende Förderung erfolgen, damit traditionelle Rollenklischees aufgebrochen werden oder gar nicht erst entstehen", erklärt Andrea Buchelt vom bfa.

Geschlechterspezifische digitale Gewalt: Täter verfolgen, Betroffene unterstützen
Digitale Gewalt trifft insbesondere Frauen und Mädchen. Das Land Bremen erarbeitet aktuell einen Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen und Mädchen und kann dabei die Möglichkeit nutzen, konkrete Maßnahmen zu beschließen und umzusetzen. "Täter dürfen sich im digitalen Raum nicht sicher fühlen. Es müssen daher in Bremen zusätzliche Ressourcen für die Strafverfolgung bereitgestellt und Kooperationen mit Strafverfolgungsorganen anderer Bundesländer ausgebaut werden", fordert die Landesfrauenbeauftragte. "Zudem ist digitale Gewalt ein Querschnittsthema, das die Beratungsstellen mit ihren bisherigen Kapazitäten nicht zusätzlich stemmen können. Wir fordern daher eine zentrale Stelle, die Expertise zum Thema digitale Gewalt bündelt und den Beratungsstellen zur Verfügung stellt", so Wilhelm.

Gesundheit: Beschäftigte einbinden
Es gibt viele Ideen und Projekte, um dem Pflegekräftemangel mit digitalen Innovationen zu begegnen. So beteiligt sich die Universität Bremen an dem Forschungsprojekt Pflegeinnovationszentrum. Digitale Innovationen können die Pflege verbessern, doch müssen bei ihrer Implementierung auch die Bedürfnisse der in der Pflege Beschäftigten berücksichtigt werden. 80 Prozent der Fachkräfte in dem Bereich sind weiblich. Für viele stellt der Erwerb von neuen fachfremden digitalen Kompetenzen eine zusätzliche Herausforderung zu einem bereits anspruchsvollen Berufsalltag dar. Es gilt daher nicht nur ethische und rechtliche Fragen zu klären, sondern den Prozess beteiligungsorientiert und bedarfsgerecht zu gestaltet.

"Die heutige Fachtagung zeigt, wie vielschichtig das Thema digitaler Wandel ist und kann dabei doch nur Teilbereiche abdecken. Sie ist daher als Auftakt zu verstehen, an den wir anknüpfen", so die Veranstalterinnen. "Es gilt, die heute aufgenommenen Themenfelder zu vertiefen, weitere relevante Aspekte zu identifizieren und in Bremen dafür zu sorgen, dass Digitalisierungsprozesse diskriminierungsfrei und geschlechtergerecht gestaltet werden."

Ansprechpartnerin für die Medien:
Susanne Gieffers, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: (0421) 361-6050,
E-Mail: presse@frauen.bremen.de