Mittel aus dem Bremen-Fonds sollen geschlechtergerecht vergeben werden. „Mit dem heutigen Senatsbeschluss ist Bremen unserer Kenntnis nach das bislang einzige Bundesland, das der unterschiedlichen Betroffenheit der Geschlechter durch die Corona-Folgen systematisch Rechnung trägt“, begrüßt Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm das heute (16.06.2020) vom Senat beschlossene Beschlusspapier für die inhaltliche Ausgestaltung und Konkretisierung des Bremen-Fonds. Ein Vergabekriterium für Fonds-Mittel ist die Darstellung der „Betroffenheit der Geschlechter“. „Das heißt, jede mittel- oder langfristige Maßnahme muss darlegen, wie sie die Situation von Frauen oder Männern oder anderer Geschlechter verändert oder verbessert – oder welchen geschlechtsbezogenen Folgen der Corona-Pandemie sie entgegenwirkt“, erläutert die Landesfrauenbeauftragte. „Dass Frauen und Männer unterschiedlich von Corona betroffen sind, ist inzwischen mehr als deutlich und wird durch erste Studien auch mit Zahlen belegt. Auf den Punkt gebracht, sind Frauen langfristig die Verliererinnen der Krise.“
Dabei machen sich die unterschiedlichen Lebenslagen von Frauen und Männern genauso bemerkbar, wie die geschlechtsspezifische Segregation des Arbeitsmarktes. Denn die Krise trifft Wirtschaftssektoren wie Gastgewerbe, Tourismus und Kulturwirtschaft empfindlich. Hier fallen besonders viele Arbeitsplätze von Frauen weg. Doch auch die Not und Belastung der Krise sind ungleich verteilt. Frauen arbeiten häufiger in so genannten systemrelevanten Berufen und sind besonders durch die Einschränkungen bei Kinderbetreuung und Home-Schooling belastet.
„Eine Rolle rückwärts in den Geschlechterverhältnissen darf es nicht geben.“
„Dass eine Regierung die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Geschlechter bei den Hilfsprogrammen gezielt in den Blick nimmt und ihre Maßnahmen explizit darauf abstimmt, um Geschlechterungerechtigkeit so gut es geht auszugleichen, ist bislang bundesweit einzigartig“, erklärt Bettina Wilhelm. „Es ist gut, dass der Bremer Senat sich hier deutlich positioniert. Eine Rolle rückwärts in den Geschlechterverhältnissen darf es nicht geben. Dies würde neben vielen persönlichen Nachteilen für Frauen und Männer auch dem Wirtschaftsstandort Bremen und Bremerhaven erheblich schaden.“
Strukturell bedingte Nachteile für Frauen explizit benannt
Gender-Aspekte spielen, neben anderen Kriterien, nicht nur als Vergabe-Kriterium eine wichtige Rolle, sondern sollen bereits bei der Gestaltung und Programmierung von Maßnahmen mitberücksichtigt werden. Dies soll durch eine externe gutachterliche Begleitung sichergestellt werden. Dieses Vorgehen begrüßt die Landesfrauenbeauftragte ausdrücklich: „Mit diesem Verfahren stehen die Chance gut, dass das Geld nicht nur zum schnellen Stopfen von Löchern verwendet wird, sondern auch dort ansetzt, wo es die größte Wirkung erzielt kann.“ So geht es bei der Frage, welche Aktivitäten einen gesellschaftlichen Neustart unterstützen, um wichtige Geschlechteraspekte der Bremer und Bremerhavener Wirtschafts- und Sozialstruktur. „Hier ist als erstes die ausgeprägte Industrie-, Hafen- und Exportorientierung der bremischen Wirtschaft genannt, und damit auch männerdominierte Branchen, in die Wege für alle Geschlechter zu bahnen sind. Fachleute fordern dies seit langem - und der Bremen-Fonds bietet nun diese Chance“, so Bettina Wilhelm. Auch die hohe Zahl Alleinerziehender ist genannt, mehrheitlich Frauen, auf die Maßnahmen zuzuschneiden sind. Des Weiteren sind Arbeitslose und Transferleistungsbeziehende als Zielgruppen gesetzt, und auch hier gibt es klare Gender-Aspekte. So entfielen in der Krise als erstes Minijobs – mehrheitlich von Frauen ausgeführt – und Leiharbeit, ein Beschäftigungsverhältnis, das überproportional Männer betrifft.
Beschäftigungsstrategie muss Ziel sein
Die Landesfrauenbeauftragte erneuert ihre Forderung nach einer umfassenden Beschäftigungsstrategie für Frauen: „Der Fonds bietet die Chance, mit einer gezielten Gesamtstrategie die Zugänge von Frauen zu allen Bereichen des Arbeitsmarktes deutlich zu verbessern. Mit der jetzt beschlossenen inhaltlichen Ausrichtung des Bremen-Fonds ist ein weiterer wichtiger Schritt in diese Richtung getan. Nun müssen konkrete Maßnahmen auf den Weg gebracht werden.“
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