In der heutigen Sitzung (Mittwoch, 5. September 2018) des Rechtsausschusses der Bremischen Bürgerschaft hat der Senator für Justiz und Verfassung die geplante Ausweitung des sogenannten „Stadttickets Extra“ angekündigt.
Das Projekt „Stadtticket Extra“ verfolgt das Ziel, die Verbüßung einer sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe wegen Beförderungserschleichung – oftmals das umgangssprachliche „Schwarzfahren“ – zu verhindern oder zu verkürzen. Hierzu kommt es, wenn eine verhängte Geldstrafe nicht bezahlt werden kann. Darüber hinaus sollen Personen in besonders schwierigen Lebenslagen und mit gravierenden sozialen und gesundheitlichen Defiziten an das Hilfesystem der Sozialen Dienste der Justiz im Lande Bremen angebunden werden, wo sie eine unkomplizierte Unterstützung finden können.
„Bei Menschen in einer gesundheitlich und sozial ausweglosen Lage macht es keinen Sinn, in eine Dauerschleife von Schwarzfahren, Gefängnis und wieder Schwarzfahren zu verfallen. Die Sanktion ‚Freiheitsentzug‘ geht hier an der eigentlichen Problemlage der Betroffenen auf Dauer vorbei und verursacht damit einen nicht zu rechtfertigenden Aufwand und Kosten bei der Strafverfolgung und im Justizvollzug. Mit dem `Stadtticket Extra` haben wir in Bremen erfolgreich gezeigt, wie man es besser machen kann. Die Betroffenen werden über das `Stadtticket Extra` dauerhaft an die Sozialen Dienste der Justiz angebunden, der Kreislauf von auswegloser Lebenslage, Schwarzfahren und Gefängnis wird durchbrochen“, so Justizsenator Martin Günthner.
Das „Stadtticket Extra“ wendet sich an Personen aus der Stadtgemeinde Bremen, die bereits mehrere Ersatzfreiheitsstrafen – vornehmlich wegen Beförderungserschleichung – verbüßt haben und bei denen schwerwiegende gesundheitliche und soziale Defizite vorliegen. Namentlich Personen mit Suchtproblemen, gesundheitlichen Einschränkungen, psychischen Auffälligkeiten und instabilen Wohnverhältnissen, die Arbeitslosengeld II, Leistungen der Sozialhilfe oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, sollen von dem Projekt erfasst werden.
Die Anbindung an die Sozialen Dienste der Justiz erfolgt durch die monatliche Ausgabe des Nahverkehrstickets „StadtTicket Bremen“. Durch den kontinuierlichen Kontakt mit den Sozialen Diensten der Justiz entsteht Vertrauen und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Themen, die bislang unausgesprochen und unerkannt geblieben sind, können angesprochen, Hilfe kann durch die Sozialen Dienste der Justiz geleistet werden.
„Mit dem `Stadtticket Extra` haben wir vor einigen Jahren ein Pilotprojekt begonnen, das uns auf ganzer Linie überzeugt und inzwischen auch Vorbildcharakter hat“, so Helmut Schwiers, Leiter der Sozialen Dienste der Justiz im Lande Bremen. „Wir erreichen Menschen, die ansonsten durch jedes Hilfesystem rutschen und aufgrund ihrer hoffnungslosen Lebenslage wieder und wieder auffällig werden. Beim `Stadtticket Extra` erleben wir stattdessen eine wachsende Mitarbeitsbereitschaft der Betroffenen, eine Stabilisierung der Lebenssituation und eine gesicherte Inanspruchnahme von Hilfestellungen. Die Betroffenen sind massiv erleichtert, dass sie nicht mehr wegen Erschleichens von Leistungen in den Fokus der Strafverfolgung gelangen und nutzen diese neue Sicherheit für ihre Entwicklung.“
Das Projekt „Stadtticket Extra“ ist bundesweit einmalig und besteht in Bremen seit 2012. Kooperationspartner sind die BSAG, die Justizvollzugsanstalt Bremen, die Staatsanwaltschaft Bremen, der Verein Hoppenbank e.V. und der Verein Bremische Straffälligenbetreuung. Aktuell profitieren 50 Personen von dem Projekt; es besteht eine Warteliste. Die Betroffenen beteiligen sich an den Tickets mit 10,50 Euro. Die Bezugsdauer beträgt in der Regel zwei Jahre.
Nach den Plänen des Justizressorts soll das „Stadtticket Extra“ ab dem kommenden Jahr auf 70 Plätze ausgeweitet werden. Die Kosten hierfür liegen bei etwa 7.500 Euro.
Weitere Informationen finden sich bei den Sitzungsdokumenten auf der Internetseite des Rechtsausschusses der Bremischen Bürgerschaft: https://sd.bremische-buergerschaft.de/termine