"Wir können es uns nicht leisten auf Einnahmen zu verzichten. Das war die Grundidee aus der das Justiz-Inkasso geboren worden ist. Und nach etwas über einem Jahr können wir sagen: aus dieser Grundidee ist ein erfolgreiches Projekt geworden", stellt der Senator für Justiz und Verfassung, Martin Günthner, fest.
Gerichtskosten in Höhe von über einer Millionen Euro jährlich können von den Schuldnerinnen und Schuldnern nicht bezahlt werden und müssen daher als "uneinbringliche" niedergeschlagen werden. Diese Forderungen nach einiger Zeit noch einmal aufzugreifen und zu versuchen, die Beträge doch noch beizutreiben, war die Aufgabe, der sich drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Justizressort seit Anfang 2013 gestellt haben. Unter dem Titel "Forderungsmanagement in der Justiz" sollte in einer einjährigen Projektphase überprüft werden, ob diese Beitreibung alter Forderungen noch Sinn machen würde. Das Projekt wurde vom Senator für Justiz und Verfassung in enger Zusammenarbeit mit der Finanzsenatorin umgesetzt.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Justiz-Inkasso übernahmen offene Forderungen in einem Volumen von insgesamt ca. 1,7 Mio. Euro aus den Jahren 2009 bis 2011. Zunächst wurden die alten Forderungen gesichtet und es wurde geprüft, welche Forderungen für eine Beitreibung noch in Frage kamen. Fälle in denen der Schuldner verstorben war, Firmen aufgelöst oder in Insolvenz waren oder wo erkennbar andere Beitreibungshindernisse vorlagen, wurden aussortiert. Es verblieb ein Betrag von ca. 1 Mio. Euro der von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bearbeitet werden konnte. Zunächst wurden alle Schuldnerinnen und Schuldner angeschrieben und erneut zur Zahlung aufgefordert. Im Laufe des weiteren Verfahrens kam es dann auch zu telefonischen Kontakten und zum Teil auch zu Vollstreckungsmaßnahmen.
Die Projektlaufzeit endete im Dezember 2013, die Erfolge des Projektes sind nunmehr ausgewertet worden. Dabei hat sich gezeigt, dass einige der Schuldner sich finanziell erholt hatten und ihre Forderung durch einmalige Zahlungen oder in Raten begleichen konnten. In ca. 20% der Fälle sind Ratenzahlungen vereinbart worden, etwa 148.000 Euro (ca. 15%) der wieder aufgegriffenen Forderungen sind bis zum Ende der Projektlaufzeit gezahlt worden. Aufgrund von noch laufenden Ratenzahlungen hat der Betrag sich mittlerweile um weitere 20.000 Euro auf 168.000 Euro erhöht. Mit weiteren Einnahmen aus diesen Forderungen ist zu rechnen, da die Ratenzahlungen weiterhin kontrolliert werden.
"Große Gewinne haben wir im ersten Jahr zwar noch nicht gemacht, aber die Kosten für das Projekt von 150.000 Euro sind mittlerweile durch die Einnahmen gedeckt. Die Erfahrungen aus dem Projekt und die guten Vorarbeiten der Kolleginnen und Kollegen machen es zudem künftig möglich das Projekt mit deutlich geringerem Personalaufwand fortzuführen. Wir können daher feststellen, das Justiz-Inkasso rechnet sich und außerdem ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit, dass wir säumige Schuldner nicht durch Nachlässigkeit belohnen. Wir haben deshalb entschieden, dass das wir dieses konsequente Forderungsmanagement fortsetzen werden", erklärt Senator Martin Günthner.
Seit Anfang des Jahres 2014 wird die Beitreibung der niedergeschlagenen Forderungen nun von der Landeshauptkasse durchgeführt.
Die Auswertung hat aber auch deutlich gemacht, dass es eine Reihe von Optimierungsmöglichkeiten gibt, um den Erfolg der Maßnahmen noch zu erhöhen und den Beitreibungsprozess effizienter zu gestalten. So kann der Datenaustausch noch verbessert werden, die Verwendung einer einheitlichen Software kann die Zusammenarbeit der verschiedenen Dienststellen vereinfachen. Außerdem wurde festgestellt, dass es bei einem Großteil der niedergeschlagenen Forderungen um relativ geringe Beträge vielfach unter 100 Euro ging. Hier wird bisher auf die Abnahme einer Vermögensauskunft verzichtet. Ob das geändert werden soll, muss noch einmal geprüft werden.
Bewährt hat sich in dem Projekt der Einsatz verschiedener Kommunikationskanäle, also das Anschreiben per Brief, per Mail und die telefonische Kontaktaufnahme nebeneinander. Besonders die telefonische Kontaktaufnahme hat sich dabei als wichtig erwiesen. Für das Justiz-Inkasso stellte es sich daher als schwierig dar, dass sie aus datenschutzrechtlichen Gründen die Telefonnummern der Schuldner nicht beschaffen durften sondern telefonisch erst auf eine Kontaktaufnahme durch den Schuldner reagieren konnten.
"Im persönlichen Kontakt können Nachfragen zu den offenen Forderungen unkompliziert und schnell geklärt werden, im direkten Gespräch können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber hinaus auf die wirtschaftliche Situation des Schuldners reagieren und angemessene Ratenzahlungen anbieten, so dass es zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gar nicht erst kommen muss. Es macht daher Sinn noch einmal zu klären, ob die datenschutzrechtliche Regelungen nicht so angepasst werden können, dass es auch den öffentlichen Stellen bei der Beitreibung erlaubt ist, die Telefonnummern der Schuldneinnen und Schuldner zu beschaffen", so Günthner abschließend.
Hinweis zur Abnahme der Vermögenauskunft: Die Vermögensauskunft des Schuldners ist in §§ 802 c ff. Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt und ist an die Stelle der "Abgabe der eidesstattlichen Versicherung" getreten. Früher sprach das Gesetz hier vom "Offenbarungseid".