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Senatskanzlei

„Länderfusion ist Weg in die Sackgasse.“

27.11.2005

Bürgermeister Jens Böhrnsen fordert Geschlossenheit und Blick nach vorn: „Bremens gute Argumente schärfen und gemeinsam mit allen Kräften für unsere Selbständigkeit eintreten“

„Weder ein Nordstaat noch ein Zusammenschluss von Bremen und Niedersachsen löst ein einziges unserer Probleme. Ein gemeinsames Bundesland hätte keinen Cent mehr, sondern weniger Geld in der Kasse. Von unseren Schulden wäre weder in Niedersachsen noch in Bremen ein einziger Euro bezahlt. Im Gegenteil: Wir verlören Jahr für Jahr rund 500 Millionen Euro. Die Aufgabe unserer Selbständigkeit ist daher definitiv und nachweislich kein Ausweg aus der extremen Haushaltsnotlage, sondern ein Weg in die Sackgasse. Es ist kein Gewinner-, sondern ein Verlierermodell. Ich rate uns allen daher, diese Gespensterdebatte um absurde Scheinlösungen schnellstmöglich zu beenden und uns gemeinsam auf konstruktive Verhandlungen und sachgerechte Lösungen zu konzentrieren und uns mit Hochdruck und aller Sorgfalt auf die bevorstehenden Verhandlungen mit Bund und Ländern wie auf die Klage in Karlsruhe vorzubereiten“, erklärte Bürgermeister Jens Böhrnsen heute (27.11.2005) angesichts der neuerlichen Spekulationen über eine Länderfusion zwischen Bremen und Niedersachsen.


Über die in einer Bemerkung des überregional anerkannten Finanzwirtschaftlers Helmut Seitz angedeutete Schlussfolgerung, Bremen solle im Rahmen der geplanten Reformen gegebenenfalls auch die Option einer Länderneugliederung prüfen, könne er nur den Kopf schütteln, erklärte Böhrnsen: „Seitz ausführliches Gutachten belegt, dass er es besser weiß und die richtigen Lösungsansätze kennt.“ Es helfe niemandem, wenn aus einer differenzierten und sorgfältigen finanzwissenschaftlichen Analyse am Ende kurzschlüssige politische Folgerungen gezogen werden.


„Professor Seitz belegt in seiner umfassenden ökonomischen Analyse durch verschiedene Modellrechnungen in der Tat überzeugend, dass Bremen im gegenwärtigen System der Steuerverteilung seine Haushaltsprobleme aus eigener Kraft nicht lösen kann. Die Erkenntnis, dass wir Bremen nicht gesund sparen können, sondern zwingend auch auf eine Erhöhung unserer Einnahmen und eine strukturelle Verbesserung der Finanzverteilung angewiesen sind, ist nicht neu und deckt sich exakt mit der Argumentation des Senats. Wie der Senat zieht auch Seitz daraus zwei Schlüsse und empfiehlt ausdrücklich eine Kombinationsstrategie: Neben eigenen Sparanstrengungen müssen wir auf eine nachhaltige Teilentschuldung setzen und gleichzeitig für eine strukturelle und dauerhaft wirksame Reform der Finanzbeziehungen eintreten. Für beides hat Bremen - auch durch das Gutachten von Professor Seitz - hervorragende Argumente, die wir selbstbewusst und offensiv vortragen können. Eine sorgfältige Lektüre seins Gutachtens ist der beste Beleg: Wir brauchen und wir wollen kein Gefälligkeitsgutachten, um unsere berechtigten Forderungen zu belegen. Wir müssen aus unabhängigen wissenschaftlichen Analysen allerdings die richtigen politischen Schlussfolgerungen ziehen und mit Überzeugungskraft dafür streiten. Dafür werden wir die von der neuen Bundesregierung auf die Agenda gesetzte Finanzreform ebenso nutzen wie die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht und klar machen: Bremen ist ein wirtschaftlich leistungsfähiges Bundesland, das durch die bestehende Steuerverteilung jedoch um einen Teil der Früchte seiner Arbeit gebracht wird. Bremen ist weder Kostgänger noch hoffnungsloser Fall. Im Gegenteil: Bremen ist de facto Geberland, attraktiv und lebensfähig. Es hat einen verfassungsgemäßen Anspruch auf eine aufgabengerechte Finanzausstattung.


Die aktuelle Debatte sei allerdings auch ein deutliches Signal, dass Bremen sich in der öffentlichen politischen Diskussion bislang alles andere als optimal darstelle. Bremen habe Zeit verloren und die für Bremens Existenzsicherung entscheidenden in der Vergangenheit nicht mit der nötigen Priorität behandelt. „Ich halte nichts davon, jetzt über vergossene Milch zu lamentieren und mit Schuldzuweisungen kostbare weiter Zeit zu verlieren. Wir müssen jetzt mit Tempo an die Arbeit gehen. Denn wir können und müssen in dieser Frage nach innen und außen schleunigst besser werden. Dafür werde ich im Rathaus wie in der Koalition insgesamt mit aller Kraft sorgen, “ sagte Böhrnsen. „Die Sanierung unseres Haushalts, die Klage in Karlsruhe und die Verhandlungen mit Bund und Ländern berühren Schicksalsfragen der Bremer Selbständigkeit. Sie haben – auch für mich persönlich – allerhöchste Priorität. Wir dürfen unsere guten Argumente nicht weiter unter Wert verkaufen. Ich selbst werde im Senat wie in der öffentlichen Debatte alles tun, damit Bremen sich bestens vorbereitet und erfolgreich den bevorstehenden Verhandlungen stellen kann. Dazu gehört, dass wir ökonomisch, juristisch und politisch klären, welche Instrumente wir für eine nachhaltige Sanierung zur Verfügung stehen, wofür wir in Karlsruhe antreten und was wir mit Bund und Ländern neu regeln müssen. Das Ziel muss eine Strategie aus einem Guss sein, hinter der sich alle Verantwortlichen in Bremen mit Überzeugung versammeln können. Darauf habe ich bereits in meiner aller ersten Senatssitzung als Präsident des Senats gedrängt und den Senat insgesamt gebeten, noch bis Dezember eine klare und schlüssige Marschrichtung zu erarbeiten.


Ich erwarte, dass alle politischen Kräfte in Bremen sich ihrer hohen Verantwortung bewusst sind und das in ihren Kräften stehende beitragen, damit aus guten Argumenten auch zählbare Erfolge werden. Den gemeinsamen Willen dazu hat die große Koalition nochmals angesichts der Stabübergabe von Henning Scherf an mich nachdrücklich bekräftigt. Deshalb zähle ich darauf, dass beide Partner in Bremen ihren Einfluss in Berlin wie in anderen Bundesländern intensiv nutzen und für Bremens Positionen nachdrücklich Überzeugungsarbeit leisten.“