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Senatskanzlei

Modern, lebendig, jugendgemäß: 16. Nacht der Jugend im Bremer Rathaus

07.11.2013

"Wie schön ist der Mensch, wenn er ein Mensch ist!". Dieser Satz von Szymon Dattner, der Auschwitz überlebt hat, steht im Mittelpunkt der diesjährigen Nacht der Jugend am 12. November im Bremer Rathaus. Er drückt das Vertrauen in die Menschlichkeit des Menschen aus - trotz schrecklichster Erfahrungen. Und er ist der Leitfaden in Diskussionsrunden, in Workshops und Ausstellungen, in Lesungen, Theaterszenen wie auch in den musikalischen Auftritten an diesem Abend. Bürgermeister Jens Böhrnsen wird am 12. November um 18.30 Uhr die "Nacht der Jugend" in der Oberen Rathaushalle eröffnen. Es ist wie in den vergangenen Jahren damit zu rechnen, dass insbesondere junge Leute in Scharen ins Rathaus strömen. Viele von ihnen haben sich ein Jahr lang aktiv daran beteiligt, zur Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938 eine ganz besondere Form des Gedenkens an Leid, Ausgrenzung, Folter und millionenfachen Mord vorzubereiten: modern, lebendig, jugendgemäß.

Alle, die dabei sind, unterstützen die Grundwerte der Nacht der Jugend: Sie wollen, dass Menschenfreundlichkeit, gegenseitige Anerkennung und Respekt wieder mehr Platz im Miteinander finden. Zugleich ist ihnen demokratisches und soziales Engagement wichtig. Und sie planen den Ablauf dieses ganz besonderen Abends im Bremer Rathaus so, dass diese Werte auf vielfältige Weise sichtbar und erlebbar werden. Die jungen Leute kommen u.a. aus Sportvereinen, aus Politik- und Geschichtskursen, aus Theater- und Tanzgruppen, von Unicef, Amnesty international oder aus Schülerfirmen, die das Catering, die Werbung oder das Saubermachen übernehmen.

Schüler des Politikkurs der Gesamtschule Ost sind bei der Nacht der Jugend im Bremer Rathaus dabei
Schüler des Politikkurs der Gesamtschule Ost sind bei der Nacht der Jugend im Bremer Rathaus dabei

In diesem Jahr jährt sich am 9. November die sogenannte Reichspogromnacht zum 75. Mal. Bundesweit wird an diesem Tag daran erinnert, dass in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 in ganz Deutschland Synagogen brannten, jüdische Geschäfte und Wohnungen demoliert und Menschen jüdischen Glaubens misshandelt, in Konzentrationslagern inhaftiert, verfolgt und getötet wurden. Die Pogrome markierten den Übergang von der Diskriminierung und Ausgrenzung der deutschen Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung. Sie waren der Beginn des größten und schlimmsten Völkermordes in der Geschichte der Menschheit.

Vielseitiges Programm zum Thema
Welche Voraussetzungen sind notwendig, damit Menschen sich menschlich verhalten, was gefährdet oder zerstört die Menschlichkeit und was bringt sie zur Entfaltung? Woher kommen Gut und Böse? "Diese Fragen werden im Verlaufe des Abends eine wichtige Rolle spielen", betont Dr. Helmut Hafner, der vor 16 Jahren die Idee zu dieser Form des Gedenkens hatte. Insbesondere in der großen Diskussionsrunde in der Oberen Rathaushalle um 19.35 mit Bürgermeister Jens Böhrnsen und dem Ehrengast Stefan Krawczyk. Der ehemaliger DDR-Dissident, Liedermacher und Schriftsteller ist zudem mit einem eigenen Programm dabei.

Eine weitere Diskussionsrunde befasst sich mit dem Thema: "Was geht mich Europa an?" Gezeigt wird auch ein Film über die Lebenswirklichkeit von Roma und Sinti, der überlieferte Vorstellungen über diese Volksgruppen aufgreift und den alltäglichen Erfahrungen der Jugendlichen gegenüberstellt. Der Bremer Schriftsteller Mikel Jentsch konnte für eine Lesung aus seinem Buch "Blutsbrüder" gewonnen werden.

Die Nacht der Jugend soll für alle Beteiligten ein Ort der Begegnung sein, des gemeinsamen Nachdenkens und zwanglosen Miteinanders. Sie bietet darüber hinaus allen Interessierten ein Forum zur Auseinandersetzung mit der Geschichte und aktuellen politischen Fragen. "Das Wichtigste, was wir unseren jungen Leuten vermitteln können ist, dass wir nicht vergessen", betont Bürgermeister Jens Böhrnsen, Schirmherr der Veranstaltung. Dazu gehört, dass stets auch Zeitzeugen zu Wort kommen. Diesmal sind es Rita Medvedeva und Galina Kisel als Überlebende des Holocausts, die über ihr Erlebtes berichten und mit den jungen Leuten ins Gespräch kommen.

Natürlich gibt es auch jede Menge Musik bei der Nacht der Jugend. Dabei ist der bei Jugendlichen bekannte und beliebte Reggae-Sänger und Hip-Hopper Nosliw. In seinen sozialkritischen Songs geht es vielfach darum, seine Zuhörer zum Selbstdenken anzuregen. Im Vorfeld der bundesweit geplanten braunen Aufmärsche im Mai 2010 hatte er den Song "Nazis Raus!" veröffentlicht und setzte damit ein deutliches Zeichen. Musik gegen Rassismus und Gewalt präsentieren auch die Swing Kids. Die Sängerin Lena Wischhusen, der Sänger und Gitarrist Sebó, die Gipsy Diamonds, ein junges Gitarren - Swing Trio aus Bremerhaven und Bremen, der Kinderchor Viertel und viele weitere Gruppen werden in den Räumen des Rathauses auftreten. Der Tänzer Arton Veliw hat mit Jugendlichen Tänze eingeübt, man trifft auf sie auf Bühnen und in den Räumen.

Über ihr Schulprojekt "Wer ist ein deutscher" werden die Schülerinnen und Schüler des der Gesamtschule Ost berichten. Der Politikkurs der Gesamtschule Ost tritt seit einem Jahr für eine Änderung des deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes ein. Die Ziele: Abschaffung der Optionspflicht und die generelle Akzeptanz der Einbürgerung mit Doppelpass. Diskutiert wird mit Marie-Luise Beck (Grüne), Elisabeth Motschmann (CDU) und Carsten Sieling (SPD).

An Infoständen präsentieren sich u.a. die Jugendbeiräte, der Stadtplan der Religionen, das Atid Jugendzentrum oder das Fan Projekt. Zu sehen ist auch die Ausstellung "Bunker Valentin – Geschichte in Beton" von Schülern des Gymnasiums Obervieland, Bremen und der Alliance School, Haifa. Unter dem Motto: "ich möchte leben…" zeigt der Grundkurs Darstellendes Spiel Q2 des Alten Gymnasiums Ausschnitte aus seiner Arbeit an Szenen aus Bertolt Brechts "Furcht und Elend des Dritten Reiches", sowie Gedichten der jüdischen Dichterin Selma Meerbaum-Eisinger, die 1942 im Alter von 18 Jahren im Arbeitslager starb.

Weitere Informationen zum Programm finden sich unter www.nachtderjugend.de

Foto: Senatskanzlei