Am 1. Oktober 1923 gründete der Bremer Senat die "Städtische Pflichtschule für Bureau-Lehrlinge und –Angestellte", die erste Berufsschule unter anderem für "Lehrlinge und Angestellte der staatlichen Behörden und Betriebe beiderlei Geschlechts unter 18 Jahren". Das war der Vorläufer der heutigen "Verwaltungsschule der Freien Hansestadt Bremen", die somit gestern (1.Oktober 2013) neunzig Jahre alt wurde - Anlass für eine Feierstunde in der voll besetzten Aula mit Schulangehörigen und Gästen aus der bremischen Verwaltung.
Bürgermeisterin Linnert gratuliert
Die für die öffentlich Beschäftigten in Bremen zuständige Finanzsenatorin Karoline Linnert gratulierte der Verwaltungsschule und bezeichnete sie als verlässliche und innovative Partnerin in Aus- und Fortbildung. Auch in Zeiten, in denen jede Ausgabe hinterfragt werden müsse, behalte eine qualifizierte Ausbildung hohe Priorität. Der Senat setze sich sehr für eine moderne, bürgerorientierte und effektive Verwaltung in einem demokratischen Staatswesen ein. Dafür sei kompetentes, gut qualifiziertes Personal unabdingbar.
Verwaltungsschuldirektor Holger Wendel hatte zuvor in seiner Rede darauf hingewiesen, wie sehr sich das Verständnis von öffentlicher Verwaltung und auch von beruflicher Schule in den 90 Jahren gewandelt hat. Er nannte einige typisch stadtstaatliche Bremer Besonderheiten, um die ihn seine Kollegen in den Flächenstaaten beneiden: Zum Beispiel dass die Verwaltungsschule ihren Schülern sowohl den Berufsschulunterricht als auch die praxisbegleitende Unterrichtung "aus einer Hand" anbieten könne, die enge Verbindung zur Verwaltungspraxis oder auch die vorbildliche Abstimmung von Aus- und Weiterbildung.
Grußwort von Bürgermeister a.D. Koschnick
Hans Koschnick, ehemaliger Absolvent und nebenamtlicher Lehrer an der Verwaltungsschule, sandte ein Grußwort. Der anfangs stark auf Aufrechterhaltung staatlicher Ordnung ausgerichtete öffentliche Dienst habe sich nach den bitteren Erfahrungen und Missständen totalitärer staatlicher Gewalt bewusst rechtsstaatlich orientiert und handle den Bürgern gegenüber ohne Ansehen von Geschlecht, Abstammung, Religion und Einkommen. Er sei dankbar dafür, nach dem Zusammenbruch der alten Ordnung die Chance gehabt zu haben, selbst dem neuen Gemeinwesen zu dienen. Das Rüstzeug dafür habe er auch durch die Verwaltungsschule erworben.
Verwaltungsschüler machen die Schule zur "Schule ohne Rassismus / Schule mit Courage" – "Mensch-ist-Mensch"
Eine Ausbildungsklasse von Verwaltungsfachangestellten nutzte den Anlass, um aus der Verwaltungsschule eine "Schule ohne Rassismus / Schule mit Courage" zu machen. Über 90 Prozent der Schulangehörigen – aus Schülerschaft, Lehrkörper und Personal – unterzeichnete ein entsprechendes "Selbstverständnis"; damit waren die Voraussetzungen geschaffen und Linda Blöchl von der Landeszentrale für politische Bildung, die diese bundesweite Initiative im Lande Bremen koordiniert, überreichte die offizielle Urkunde. Dabei betonte sie, dass die Schule hiermit eine Verpflichtung eingehe, nachhaltig gegen Rassismus und andere Diskriminierungen anzugehen und regelmäßig entsprechende Initiativen und Projekte durchzuführen. Jessica Klugmann und Özenc Sencan für die Schüler sowie Petra Eleftherakis und Patricia Grashoff für die Lehrer der Klasse berichteten von der Geschichte ihres Projektes und hoben die Verantwortung des Einzelnen hervor: Sich zu bekennen, sei der erste Schritt; entscheidend sei aber, dass jeder einzelne reflektiert und couragiert entsprechend handle. Anwesend war auch Herr Sencan Senior, der seinem Sohn das Motto "Mensch ist Mensch" mit auf den Lebensweg gegeben hat; genau dieses Motto übernahm die Klasse nun für ihre Kampagne. Die Schüler hatten einen Film gedreht, der sehr drastisch Mobbing in der Schule thematisierte.
Paten: Werder und Koschnick
Zum Projekt gehören auch Paten. Die Schüler traten an Werder Bremen heran und der für sein Engagement gegen Diskriminierung und Gewalt mehrfach ausgezeichnete Verein sagte zu. Werders Ehrenspielführer, Rekordtorschütze und Aufsichtsratsmitglied Marco Bode vertrat den Verein bei der Feier und sprach sich in einer sehr persönlichen Ansprache gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung aus.
Zweiter Pate – auf besonderen Wunsch des Kollegiums – ist Hans Koschnick. Er konnte zwar nicht kommen, betonte aber in einem persönlichen Brief, dass er sich über das Engagement der Verwaltungsschule gegen Rassismus sehr freue und ihm die Patenschaft ein ernsthaftes Anliegen sei.
Erste "Verwaltungsschule gegen Rassismus / mit Courage"
Holger Wendel freute sich über den Titel, den die Bremer seines Wissens als erste Verwaltungsschule bundesweit angenommen haben, und versprach, den Verpflichtungen nachzukommen. Auch Bürgermeisterin Linnert begrüßte die Initiative und versprach, zukünftige Aktivitäten zu unterstützen. Sie erinnerte daran, dass Bremen auch der "Charta der Vielfalt" beigetreten sei und vielfältige Anstrengungen unternehme, damit sich die Verwaltung genauso bunt und heterogen zusammensetze wie die Gesellschaft.
Foto: Pressereferat, Senatorin für Finanzen