25.09.2001
Post soll den Hitler-Attentäter zum 100. Geburtstag mit einer Sondermarke ehren
Wenn viele mitziehen, wird der Bundesminister für Finanzen demnächst eine Flut von Postkarten auf seinem Schreibtisch vorfinden - oder entsprechende e-mails auf seinem PC. Alle Absender werden darin eine übereinstimmende Bitte äußern: Die Post soll zum 100. Geburtstag des lange verkannten Hitler-Attentäters Georg Elser am 4. Januar 2002 eine Sondermarke herausgeben. Die Idee zu dieser bundesweiten Aktion hatte die Bremer Georg-Elser-Initiative. Sie möchte damit die Erinnerung an den 1945 von den Nationalsozialisten ermordeten Widerständler wachrufen. Die Bremer Landeszentrale für politische Bildung unterstützt dieses Anliegen und hat gemeinsam mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin diese bundesweite Initiative auf den Weg gebracht.
Georg Elser, ein Schreinergeselle aus Königsbronn, hatte am 8. November 1939 durch ein Sprengstoffattentat im Münchener Bürgerbräukeller versucht, Hitler zu töten. Er wollte damit nach eigenen Aussagen die Ausweitung des am 1. September 1939 begonnenen Krieges verhindern. Der Anschlag missglückte, weil Hitler wenige Minuten vor der Explosion, bei der acht Menschen getötet wurden, den Versammlungsraum unvorhergesehen verlassen hatte. Elser wurde verhaftet und nach mehreren Jahren qualvoller Einzelhaft in Konzentrationslagern kurz vor Kriegsende erschossen. Bis vor wenigen Jahren gehörte die Tat Elsers zu den unbekannten Daten der deutschen Geschichte. Noch lange nach 1945 wurde Elser oftmals diffamiert und sein Handeln verschiedenen Auftraggebern zugeordnet.
Eine Ausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, die an Georg Elser und seine Tat erinnert, ist inzwischen in mehr als 20 Städten der Bundesrepublik zu sehen gewesen. Die Georg-Elser-Initiative in Bremen möchte aber erreichen, dass sich das Wissen um den Attentäter noch mehr verbreitet. In der Postkartenaktion "Eine Briefmarke für Georg Elser" sieht sie eine gute Chance dafür. 10.000 Karten mit aufgedrucktem Text nebst einer ausführlichen Broschüre werden über mehrere Landeszentralen für politische Bildung verbreitet. Wer Interesse hat, an der Aktion teilzunehmen, kann die Karte auch elektronisch versenden. Unter der Internet-Adresse: www. georg-elser.de findet sich die entsprechende e-card. Dort gibt es auch umfangreiche Hintergrundinformationen: Die inzwischen vergriffene Dokumentation zur Georg-Elser Ausstellung ist hier vollständig nachzulesen.
Bis zum 30. Oktober müssen die Postkarten im zuständigen Finanzministerium eingegangen sein. Dort wird das Anliegen geprüft. Ob die Aktion Erfolg hat, hält Herbert Wulfekuhl, Leiter der Bremer Landeszentrale für politische Bildung, für schwer einschätzbar. Immerhin gingen jährlich etwa 15.000 Vorschläge ein, von denen rund 60 verwirklicht würden. Es sei an der Zeit, betont Wulfekuhl, dass Georg Elser mit einer Sondermarke geehrt würde. Dem Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 war anlässlich des 50. Jahrestages 1994 eine prominente Marke gewidmet worden. "Georg Elser und seine Tat hätten mehr und frühere Erinnerung im öffentlichen Bewusstsein verdient, als es bisher der Fall gewesen ist", meint auch Dr. Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin