Überaus gut besucht war es gestern (9.11.2011) wieder einmal bei der „Nacht der Jugend“, die jetzt schon zum 14. Mal im Bremer Rathaus stattfand. Bürgermeister Jens Böhrnsen freute sich über den großen Zuspruch auch in diesem Jahr:“ Wir können stolz darauf sein, dass wir ein so offenes Rathaus haben“, sagte er und sprach damit wohl vielen Gästen aus dem Herzen. Mehr als tausend überwiegend junge Leute, aber auch Ältere waren gekommen, um am 9. November sich der Schrecken der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland zu erinnern. Gewiss – die Form ist ungewöhnlich: Es ist laut, bunt und fröhlich – aber auch die leisen, nachdenklichen Töne haben ihren Platz. Böhrnsen dankte vor allem den 500 Mädchen und Jungen, die über Monate diese Veranstaltung vorbereitet hatten.
Die Nacht der Jugend soll für alle Beteiligten ein Ort der Begegnung sein, des zwanglosen Miteinanders. Sie bietet darüber hinaus allen Interessierten ein Forum zur Auseinandersetzung mit der Geschichte. „Haben wir uns genug erinnert?“ Diese selbstkritische Frage zog sich wie ein roter Faden durch den Abend. Lebendig und engagiert wurde pro und contra diskutiert. Pointiert brachten es u.a. Mitglieder der israelischen Band „Coolooloosh“ zum Ausdruck. Sie würden mit dem Holocaust leben, wollten aber nicht auf ihn reduziert werden. „Wir sind jung und uns geht es darum, gemeinsam die Scherben der Vergangenheit wegzuräumen“, hieß es. Das Erinnern sei wichtig um dazu beizutragen, Menschenfeindlichkeit zu überwinden.
Musik spielt bei der Nacht der Jugend traditionell eine große Rolle. Hip Hop und Rap stehen bei ihnen hoch im Kurs. Und so ist es nicht verwunderlich, dass Auftritte wie die von Dinipri Etubu oder der Band „Coolooloosh“ viele junge Leute anlocken. Doch ganz still und ergriffen wird es, wenn wie diesmal Werderspieler Clemens Fritz und Marco Bode im Kaminsaal Texte aus Auschwitz vorlesen. Ein besonderes Anliegen der Nacht der Jugend ist es auch, mit Zeitzeugen ins Gespräch zu kommen. In diesem Jahr berichtete der in Riga geborene Don Jaffé, Musiker und Überlebender des Holocausts, über sein Leben. Er konnte er mit seiner Familie kurz nach dem Angriff der deutschen Truppen auf die Sowjetunion nach Sibirien fliehen. In seinen Kompositionen habe er seine schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten versucht, so der 79jährige. „Das Erinnern an die Verbrechen, die an den Juden begangen wurden, ist wichtig“, sagte Jaffee. Aber diese Erinnerung müsse eine modernere Form finden.
Mit Spannung und Fassungslosigkeit hörten die Jugendlichen auch Karl Schneider zu, dem Autor des Buches „Auswärts eingesetzt – Bremer Polizeibataillone und der Holocaust. Er verichtete darüber, wie während der Herrschaft Hitlers ganz normale Menschen zu Massenmördern werden konnten.
In den Fluren und in der Oberen Halle präsentierten sich wie immer zahlreiche Vereine und Initiativen ihre Erinnerungsarbeit, so beispielsweise die Geschichtswerkstatt der LGO Delmestraße, das Krankenmuseum am Klinikum Bremen-Ost, der Verein “Spurensuche Bremen” oder der Stadtplan der Religionen.