Sie sind hier:

Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau

Frauenanteil in der Bremischen Bürgerschaft stagniert

Kommentar der Landesfrauenbeauftragten Bettina Wilhelm

05.07.2023

Mit der Wahl des neuen Senats steht nun auch die Zusammensetzung der Bremischen Bürgerschaft endgültig fest: Von 87 Abgeordneten sind 33 Frauen, das macht einen Frauenanteil von 37,9 Prozent und damit nur eine unwesentliche Verbesserung im Vergleich zu letzten Legislaturperiode. Hier betrug der Frauenanteil an den Abgeordneten 36,9 Prozent. Obwohl von Geschlechtergerechtigkeit an dieser Stelle nicht die Rede sein kann, rückt Bremen im Vergleich der Landesparlamente damit auf Platz 2 vor (nach Hamburg mit 43,9 Prozent Frauenanteil in der Hamburgischen Bürgerschaft und vor Schleswig-Holstein und Berlin mit je 37,7 Prozent). Mit sechs von zehn Senatsposten (mit dem Bevollmächtigtem beim Bund) sind Frauen im Senat in der Mehrheit.

Paritätsgesetz erneut im Koalitionsvertrag – leider unkonkret
"So erfreulich die vielen Senatorinnen sind, so wenig zu jubeln gibt es im Hinblick auf den Frauenanteil im Parlament. Er stagniert, und das ist nicht hinzunehmen", erklärt hierzu Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm. "In der vergangenen Legislaturperiode war es Konsens der demokratischen Parteien, dass Frauen in der Volksvertretung besser repräsentiert werden müssten. Diese Erkenntnis gilt unverändert und jetzt noch mehr: Hier gibt es ein eklatantes Demokratiedefizit, und daraus folgt unmittelbar ein Handlungsauftrag für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier. In der vergangenen Legislaturperiode war ein Prüfauftrag für ein Paritätsgesetz, das eine geschlechtergerechte Verteilung der Mandate gewährleisten soll, zu dem Ergebnis gekommen, dass ein solches Gesetz derzeit nicht zu realisieren sei. Nun haben sich die Koalitionärinnen und Koalitionäre auch im neuen Koalitionsvertrag zu einem Paritätsgesetz bekannt, allerdings konkrete Maßnahmen hierzu nicht formuliert. Dabei kann es nicht bleiben."

Ungleichgewicht eine Folge des Wahlrechts?
Es liegt nahe, dass das Bremische Wahlrecht mit seiner Gewichtung der Personenstimmen ein wichtiger Faktor ist, dass Frauen bei Parlamentssitzen weniger als Männer zum Zuge kommen. So sitzen in der SPD-Fraktion mit 27 Sitzen nur neun Frauen und in der Linken-Fraktion sind nur drei von zehn Abgeordneten weiblich, trotz gleichmäßig zwischen den Geschlechtern verteilter oder gar weiblich dominierter Wahllisten. Obwohl das 2011 erstmals angewandte Wahlrecht vor vier Jahren noch einmal verändert wurde, um den Listenstimmen mehr Gewicht zu geben, ist das Ergebnis für Frauen unverändert und kann in dieser Hinsicht nicht zufriedenstellen. Bettina Wilhelm: "Männer haben offenbar die besseren Möglichkeiten ihre Communities zu mobilisieren und sich so Stimmen zu sichern, Frauen gelingt dies nicht im selben Maße. Hierfür gibt es sicher verschiedene Gründe, aber einer davon ergibt sich aus dem Wahlrecht, für das es nicht reicht, eine gute Listenplatzierung zu bekommen, sondern das Zeit, Geld und Kraft erfordert, um eigene Wählerstimmen zu mobilisieren. Dies mag im Sinne direkter Demokratie und Teilhabe sein, bedeutet für Geschlechtergerechtigkeit aber offenkundig einen Nachteil. Es hilft nichts: Die Koalition muss sich mit den Effekten des Wahlrechts erneut befassen und hier nachbessern."

Ansprechpartnerin für die Medien:
Susanne Gieffers, ZGF Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: (0421) 361-6050, E-Mail: presse@frauen.bremen.de