Saisonale Erkrankungen, wie Grippe und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) sorgen derzeit in ganz Deutschland für überfüllte Kinderarztpraxen. Auch die Kinderärztinnen und-ärzte in Bremen schlagen Alarm. Die Idee der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, eine temporäre Kinderambulanz längstens bis zum 18. März 2023 in den ehemaligen Räumlichkeiten des Kinderimpfzentrums Am Brill einzurichten, werden nun konkret. Sowohl der Zulassungsausschuss Ärzte/Krankenkassen, als auch der Bremer Senat haben heute (20. Dezember 2022) grünes Licht für den Aufbau einer Kinderambulanz gegeben. "Wir haben innerhalb von 14 Tagen gemeinsam mit der Stabstelle Impfen, dem Arbeiter-Samariter-Bund, der Johanniter Unfall Hilfe, der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen, dem Gesundheitsamt Bremen, den Krankenkassen und meinem Ressort auf Hochdruck an dem Konzept und der Finanzierung dieses Vorhabens gearbeitet. Nach dem gestrigen Beschluss des Zulassungsausschusses und des heutigen Senatsbeschlusses können wir jetzt in die konkrete Umsetzung gehen, damit die Kinderambulanz bis Mitte Januar eröffnen kann", sagt Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard.
Um eine zeitnahe und vorübergehende Entlastung zu ermöglichen, hat das Gesundheitsamt Bremen einen Antrag auf eine institutionelle Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gemäß Paragraph 31 Absatz 2 Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) in Verbindung mit Paragraph 5 Absatz 1 Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) gestellt, um eine alternative kinder- und jugendärztliche Grundversorgung im Land Bremen anbieten zu können. Die Kinderambulanz soll zu einer gewissen Entlastung des stationären Bereichs sowie der Kindernotaufnahme beitragen. "Zusammen mit den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung haben wir bereits die Basis der Finanzierung geschaffen, die Krankenkassen haben zugestimmt einen Teil der Kosten zu tragen. Der Bremer Senat hat heute zugesagt die restliche Finanzierung mitzutragen", erläutert Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard die Finanzierung.
Nach derzeitigem Stand soll die Kinderambulanz 0-17-Jährigen Patientinnen und Patienten mit saisonalen Erkrankungen und Erkrankungen, die durch eine hausärztliche Basisversorgung adäquat versorgt werden können (z.B. akute Atemwegsinfekte, unklare Hautausschläge im Sinne von "Kinderkrankheiten" wie Windpocken, Masern, Hand-Fuß-Mund-Krankheit, etc.) im Impfzentrum Am Brill zur Verfügung stehen. Sofern Patientinnen und Patienten in ihrer eigenen Kinderarztpraxis keinen Termin bekommen oder keine kinderärztliche Versorgung besteht, können sie während der Öffnungszeiten wochentags zwischen 9 und 16 Uhr mit dem medizinischen Callcenter Kontakt aufnehmen. Dort findet eine telefonische ärztliche Beratung im Sinne einer ersten Anlauf- und Beratungsinstanz statt. Sollte sich im Gespräch die Notwendigkeit einer direkten Patientenvorstellung ergeben, so wird ein Vorstellungstermin Am Brill vereinbart. Je nach Gesprächsverlauf erfolgt nur eine Beratung, Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ("Kindkrank") oder eine Zuweisung an die Behandlungskapazität Am Brill sowie Sonderzuweisungen an eine stationäre Versorgung oder weitere Praxen.
"Wir erleben aktuell eine absolute Ausnahmesituation in der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Deswegen ist es angebracht, dass wir hier im Sinne des Bevölkerungsschutzes kurzfristig einspringen. Klar ist aber auch, dass das wirklich nur eine vorübergehende Unterstützung ist und wir bereits Ende März unser Angebot wieder einstellen. Die Sicherstellung der Versorgung im niedergelassenen Bereich kann nicht durch kurzfristiges Einspringen des öffentlichen Gesundheitsdienstes sichergestellt werden, sondern muss langfristig anders aufgestellt werden", sagt Claudia Bernhard.
Die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen, Dr. Bernhard Rochell und Peter Kurt Josenhans: "Wir begrüßen die Initiative von Senatorin Claudia Bernhard sehr, mit der nun ermächtigten Ambulanz in Trägerschaft des Gesundheitsamtes Bremen zur Stärkung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen am Standort Am Brill beizutragen. Damit können die Kinder- und Jugendmedizinerinnen und -mediziner in der aktuell starken Belastungsphase sehr gut entlastet werden. Die Initiative der Senatorin und der Stadt Bremen, hier tatkräftig 'Geld in die Hand zu nehmen', ist zugleich hohes Zeichen der Wertschätzung der Arbeit der Praxen – ebenso wie die von den Krankenkassen zugesagte finanzielle Beteiligung. Hierfür bedanken wir uns bei allen Beteiligten."
"Die AOK Bremen/Bremerhaven hat die prekäre Lage bei der Versorgung kranker Kinder und Jugendlicher in Bremen von Anfang an ernst genommen und ihre Hilfe angeboten. Mit dem jetzt erzielten Ergebnis, in Bremen eine Kinderambulanz Am Brill einzurichten, können wir die belastende Situation für viele Kinder und Familien bis zum Frühjahr konkret verbessern. Unseren Anteil an der Finanzierung tragen wir natürlich. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Finanzierung solcher Leistungen nicht das ursächliche Problem ist. Das Hauptproblem ist, dass ausreichend viele Fachkräfte in der Kinder- und Jugendmedizin – Mediziner, MFAs und Pflegekräfte - in den Praxen und Kliniken aus unterschiedlichen Gründen aktuell nicht verfügbar sind. Deshalb ist es so richtig, medizinisches Personal, das eigentlich für das Impfen zuständig ist, mit dieser Aufgabe zu betrauen," sagt Olaf Woggan, AOK Bremen/Bremerhaven.
"Die Ersatzkassen sind erleichtert, dass der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen und der Senat dieser pragmatischen Lösung mit großer Übereinstimmung aller Beteiligten zugestimmt haben. Die Kinderambulanz wird Arztpraxen und Kliniken ab jetzt in dieser akuten Situation entlasten. Trotzdem muss politisch daran gearbeitet werden, dass solche Engpässe, gerade bei der Versorgung von Kindern, nicht wieder entstehen", so Torsten Barenborg für die Ersatzkassen in Bremen.
"Wir hoffen, dass die Einrichtung der Kinderambulanz Am Brill eine zeitweilige Entlastung vor allem für bislang unversorgte Familien und Geflüchtete in der aktuellen Infektwelle bedeuten wird. Aber auch das Angebot, die Familien mit kranken Kindern zunächst telefonisch zu beraten, bedeutet eine große Hilfe, denn angesichts der großen Zahl von Anrufen sind die meisten Kinder- und Jugendarztpraxen derzeit telefonisch oft schlecht zu erreichen. Mittelfristig müssen wir aber zu nachhaltigeren Maßnahmen kommen, um die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen im Land Bremen zukunftssicher zu machen. Dazu sind wir mit der Senatorin und den übrigen Beteiligten im Gespräch", sagt Dr. med. Stefan Trapp, Landesvorsitzender Bremen des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ).
Ansprechpartner für die Medien:
Lukas Fuhrmann, Pressesprecher der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Tel.: (0421) 361-2082, E-Mail: lukas.fuhrmann@gesundheit.bremen.de