Sie sind hier:

Die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz

Runder Tisch zur Umsetzung der Istanbul-Konvention

23.06.2022

Im Rahmen der Umsetzung des Bremer Landesaktionsplans "Istanbul-Konvention umsetzen – Frauen und Kinder vor Gewalt schützen" findet einmal jährlich ein Austauschtreffen der verschiedenen Institutionen und Ressorts statt, an dem auch die Fachberatungsstellen, der Betroffenenbeirat Istanbul-Konvention, Aktivistinnen und die Gleichstellungspolitischen Sprecherinnen der Fraktionen teilnehmen. Nachdem der Landesaktionsplan im März 2022 verabschiedet wurde, geht es nun an die Umsetzung der einzelnen Projekte.

Runder Tisch mit Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Dr. Saskia Etzold, Leiterin der Gewaltschutzambulanz an der Charité Berlin und Bettina Wilhelm, Bremens Landesfrauenbeauftragte. Foto: Pressereferat der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz
Runder Tisch mit Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Dr. Saskia Etzold, Leiterin der Gewaltschutzambulanz an der Charité Berlin und Bettina Wilhelm, Bremens Landesfrauenbeauftragte. Foto: Pressereferat der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz

Den Runden Tisch beruft die Landeskoordinierungsstelle Istanbul-Konvention ein, um in der Umsetzungsphase den Fortschritt der Maßnahmen-Umsetzung zu diskutieren und mit einem Themenschwerpunkt voranzubringen. In dieser Woche trat der Runde Tisch erstmals im Forum K des Rotes-Kreuz-Krankenhauses in der Bremer Neustadt mit dem Themenschwerpunkt "Verbesserung der Akutversorgung durch eine Gewaltschutzambulanz" zusammen. Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz: "Der Runde Tisch ist ein wichtiges Instrument, damit wir die Fortschritte der Maßnahmenumsetzung im Blick behalten. Es kommt nicht häufig vor, dass wir so langfristige Projekte haben, die den gesamten Senat beschäftigen. Daher bin ich sehr dankbar, dass wir bei diesem wichtigen Thema eng mit den Vertreterinnen und Vertretern aus den Ressorts, dem Betroffenenbeirat, der Zivilgesellschaft, Politik und Fachberatungsstellen zusammenarbeiten und die Maßnahmen voranbringen", so Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz.

Im ersten Teil der Veranstaltung berichteten Referentinnen der Ressorts und der Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) über den aktuellen Stand der Maßnahmen aus den Bereichen Frauen, Gesundheit, Soziales, Justiz und Inneres. Nach der Vorstellung der einzelnen Maßnahmen kommentierten Mitglieder des Betroffenenbeirats die vorgestellten Projekte und gaben wichtige Hinweise. Dabei betonten sie, dass es wichtig sei, die Beschäftigten der verschiedenen Institutionen wie Schulen, Polizei und Gesundheitswesen im Umgang mit Betroffenen von Gewalt zu schulen. Insbesondere müsse eine psychologische Beratung gerade für Kinder und Jugendliche nach traumatischen Erlebnissen schnell verfügbar sein, um Langzeitfolgen zu vermeiden. "Die Empfehlungen und Hinweise des Betroffenenbeirats sind uns sehr wichtig, damit wir den Bedarf der Betroffenen zu keinem Zeitpunkt aus dem Blick verlieren. Der Betroffenenbeirat in Bremen ist bisher einzigartig in der Bundesrepublik und es ist mir sehr wichtig, dass wir nicht über Betroffene sprechen, sondern mit ihnen ", so Claudia Bernhard.

Der Runde Tisch Istanbul-Konvention im Forum K. Foto: Pressereferat der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz
Der Runde Tisch Istanbul-Konvention im Forum K. Foto: Pressereferat der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz

"Die Einrichtung einer Gewaltschutzambulanz schließt eine bisherige Lücke im Hilfesystem unseres Bundeslandes. Sie ist zudem ein außerordentlich wichtiger Baustein zur Umsetzung der Gesamtstrategie für eine gleichberechtigte und gewaltfreie Gesellschaft. Menschen die Gewalt erfahren haben, erhalten dort beispielsweise eine spezialisierte Erstversorgung, Beratung sowie eine Sicherung der Spuren, die gegebenenfalls später für Gerichtsverfahren verwendet werden können", sagte Bettina Wilhelm, Bremens Landesfrauenbeauftragte.

Dr. Saskia Etzold, Leiterin der Gewaltschutzambulanz an der Charité Berlin, berichtete in ihrem Vortrag über die Erfahrungen in Berlin. "Häusliche Gewalt kann tödlich enden. Daher ist es unsere Aufgabe in der Gewaltschutzambulanz an der Charité, die Verletzungen sorgfältig schriftlich zu dokumentieren und zu fotografieren. Wir geben den Betroffenen dadurch die Möglichkeit, dass sie vor Gericht mit rechtsmedizinischen Dokumentationen nachweisen können, dass die Verletzungen zum Beispiel nicht etwa durch einen Treppensturz entstanden sind, sondern durch einen Faustschlag verursacht wurden", sagte Etzold. Die Betroffenen können selbst entscheiden, was mit der Dokumentation der Verletzungen geschieht. Sie können sich die Unterlagen zuschicken lassen oder an Dritte (beispielsweise Anwälte oder Polizei) oder auch angeben, dass die Unterlagen bis zu zehn Jahre in der Gewaltschutzambulanz verbleiben, falls sie sich erst zu einem späteren Zeitpunkt dazu entscheiden, Anzeige zu erstatten.

Dr. Andrea Bronner, Geschäftsführende Krankenhausdirektorin Klinikum Bremen-Mitte berichtete über den aktuellen Stand zur Umsetzung der geplanten Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen Mitte, die – im Gegensatz zur Gewaltschutzambulanz in Berlin – auch eine 24 Stunden-Betreuung und neben der anonymen Spurensicherung und weiteren Behandlungswegen auch eine Akutversorgung der Betroffenen anbieten möchte. Geplant ist eine Eröffnung der Gewaltschutzambulanz im Frühjahr 2024.
Nach Vorstellung der einzelnen Schwerpunkte stand dann die Schaffung einer zentralen Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen-Mitte im Fokus des Runden Tisches.
Der Betroffenenbeirat wies unter anderem noch einmal auf die Notwendigkeit eines barrierefreien Zugangs hin und betonte, wie wichtig die Einbindung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern ist, um die ohnehin schon extrem schwierige Situation für Betroffene ohne oder mit nur wenig Kenntnis der deutschen Sprache zu erleichtern. Zum Abschluss bemerkte der Betroffenenbeirat, dass gerade in Krisenzeiten geschlechtsspezifische Gewalt rapide zunehme, wie die letzten Jahre der Corona-Pandemie gezeigt hätten, und appellierten an die Politik in der derzeitigen Finanz-, Kriegs- und Klimakrise die Vorhaben finanziell nicht zu kürzen.

Die Umsetzung der Projekte im Bremer Landesaktionsplan betrifft viele Ressorts im Land Bremen. Ob Polizeiarbeit, Aufklärung und Sensibilisierung an Schulen und Kitas oder auch im Bereich der Täterinnen- und Täterarbeit.

"Die Corona-Pandemie zeigt: Das Risiko, Opfer von Gewalt zu werden, nimmt in Krisenzeiten zu, vor allem für besonders schutzbedürftig Menschen – und das sind nach wie vor Frauen und Kinder", sagte Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport. "Mit konkreten Maßnahmen zur Umsetzung des Landesaktionsplans will ich insbesondere den Schutz vulnerabler Gruppen verbessern. Prävention und Schutzangebote für Geflüchtete, für Menschen mit Behinderung und für junge Menschen müssen deshalb Frauen und Kinder ganz besonders in den Blick nehmen."

Claudia Schilling, Senatorin für Justiz und Verfassung: "Mädchen und Frauen vor Gewalt zu schützen, ist ein klares Ziel der Justiz. Ein Augenmerk haben wir dabei auf die Täterarbeit gelegt, denn abseits von Verurteilungen und Strafen muss es darum gehen, alles zu tun, Täterinnen und Täter von weiteren Gewalttaten abzuhalten. Zudem haben wir die Psychosoziale Prozessbegleitung ausgebaut, um Opfern bei Vernehmungen und während des Strafverfahrens zur Seite zu stehen. Dazu gehört auch, dass wir Infos zum Thema jetzt auch mehrsprachig anbieten."

Kinder- und Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp: "Ich möchte, dass alle in der Schule ihre eigene Stärke in sich selbst entdecken und lernen, sich selbst zu behaupten, ihre Grenzen zu zeigen und zu sich selbst zu stehen. Um das zu ermöglichen, müssen in unserer Gesellschaft nach wie vor besonders Mädchen in Kita und Schule gestärkt, aber auch konkret unterstützt und geschützt werden. Dazu gehört für mich, dass unsere Schulen gegen sexuelle Gewalt aktiv werden, dass wir konkrete Angebote für Schülerinnen unterstützen und dass die in Schule Tätigen auf themenspezifischen Fachtagen und Fortbildungen ihre Kompetenzen stärken. Dafür und zur Unterstützung bei der Entwicklung von Schutzkonzepten an den Schulen werden wir unsere Angebote fortsetzen und weiterentwickeln."

Der Senator für Inneres, Ulrich Mäurer: "Die Polizeien im Lande und die Innenbehörde haben in den vergangenen Monaten effektiv an der Umsetzung der Gesamtstrategie zur Umsetzung der Istanbul Konvention mitgearbeitet. Zudem bauen die Polizeien ihre Instrumente zur Gefährdungsanalyse und zum Gefahrenmanagement von Hochrisikofällen weiter aus. Besonders wichtig ist uns die weitere Verbesserung der Schnittstellen zwischen den Behörden, Ämtern und Beratungsstellen, damit wichtige Informationen zum Schutz der Betroffenen gebündelt werden können."

Achtung Redaktionen:
Die Pressestelle des Senats bietet Ihnen die Fotos zu dieser Mitteilung zur honorarfreien Veröffentlichung an. Fotos: Pressereferat der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz
Foto-Download (jpg, 748.3 KB)
Foto-Download (jpg, 421.5 KB)

Ansprechpartner für die Medien:
Lukas Fuhrmann, Pressesprecher der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Tel.: (0421) 361-2082, E-Mail: lukas.fuhrmann@gesundheit.bremen.de