Gleich vier Projekte aus Bremen und Bremerhaven sind beim Deutschen Bauherrenpreis 2018 ausgezeichnet worden. Am gestrigen Mittwochabend (21. Februar 2018) stand auf der Fachmesse bautec l Messe für Bau und Gebäudetechnik in Berlin das Thema Wohnungs- und Immobilienwirtschaft im Mittelpunkt. Einen Preis bekam das Projekt Bremer Punkt, entwickelt von der GEWOBA als Bauherrin und dem Berliner Architekturbüro LIN Architekten Urbanisten. Ein weiterer Preis ging nach Bremerhaven für das Projekt Living Streets entwickelt von der Städtischen Wohnungsgesellschaft Bremerhaven (Stäwog) mit dem Architekten Hans-Joachim Ewert. Für die beiden von der GEWOBA entwickelten Projekte Cambrai-Dreieck mit den Architekten Loosen, Rüschoff + Winkler und dem Projekt Tarzan & Jane mit den Architekten Spengler Wiescholek gab es jeweils eine Anerkennung.
Bausenator Dr. Joachim Lohse sagte anlässlich der Preisverleihung: "Ich gratuliere den Preisträgern ganz herzlich. Die GEWOBA und die Stäwog haben sich diese Auszeichnungen für ihr bundesweit beachtetes Engagement im innovativen Wohnungsbau sehr verdient. Solche Projekte setzten zeitgemäße Akzente für den Wohnungsbau des 21. Jahrhunderts und eine zukunftsfähige Stadtentwicklung.“
Der Deutsche Bauherrenpreis 2018 würdigt hervorragende Wohnungsbauprojekte, die am Spannungsfeld von hoher Qualität und tragbaren Kosten ansetzen und dabei die besondere Rolle der Bauherren hervorheben. Eine 11-köpfige Fachjury hat unter dem Vorsitz des Architekten Heiner Farwick, Präsident des Bund Deutscher Architekten BDA, die besten Projekte ausgewählt. Insgesamt waren bundesweit 33 Projekte in elf Themengruppen nominiert gewesen. Zwölf Projekte wurden mit dem Deutschen Bauherrenpreis ausgezeichnet; er gilt als wichtigster Preis im Bereich des Wohnungsbaus in Deutschland.
„Unsere Städte stehen vor Herausforderungen, auf die wir nicht nur architektonische, sondern auch gesellschaftliche Antworten erarbeiten müssen“, sagte Peter Stubbe, Vorstandsvorsitzender der GEWOBA. „Mit dem Projekt Bremer Punkt haben wir einen Neubau entwickelt, der generationengerecht und flexibel sowie bezahlbar ist und dabei die gewachsenen nachbarschaftlichen Strukturen und die Lebensqualität im Quartier nicht außer Acht lässt. Umso mehr freut uns die Auszeichnung mit dem deutschen Bauherrenpreis als Bestätigung dafür, dass wir vieles richtig gemacht haben.“
„Wir freuen uns sehr, dass wir das erste Mal den Preis nach Bremerhaven holen konnten. Dieser Preis ist für uns auch ein wichtiges Zeichen für den Erhalt und Weiterbau von 1950er Wohnanlagen und für die hohe Qualität unserer Sanierung“, so Sieghard Lückehe, STÄWOG-Geschäftsführer.
In den Würdigungen der Jury für die Auszeichnungen (Bremer Punkt und Living Streets‘) und den zwei Anerkennungen (Tarzan und Jane und Cambrai-Dreieck) heißt es zu den einzelnen Projekten:
‚Bremer Punkt’, Bremen
Serielle Innenentwicklung in Siedlungen der 1950er und 1960er Jahre
Unterschiedliche Konzepte der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft zum Bauen im Bestand sind aus dem Ideenwettbewerb „ungewöhnlich wohnen“ hervorgegangen. Ziel war es, Bautypen zu finden, die den Bestand ergänzen, die Nachbarschaften stabilisieren und die Wohnsiedlungen der 1950er bis 1960er Jahre städtebaulich qualifizieren.
Der Bremer Punkt, ein beinahe würfelförmiger Baukörper aus vorgefertigten Modulen in Holzbauweise und einem vor Ort gefertigten Erschließungskern, erwies sich dank seiner kleinen Grundfläche als überaus anpassungsfähig an unterschiedliche Situationen in der Gartenstadt Süd.
Die Baukörper treten gestalterisch nicht als Konkurrenz zu den umliegenden Bauten auf, sondern ergänzen wie selbstverständlich die vertrauten Nachbarschaften. Über 20 Grund-risstypen können nahezu beliebig in den Geschossen kombiniert werden und so auf die Bedarfe vor Ort individuell eingehen.
Die Nachbarschaften waren in die Auswahl der Standorte eng eingebunden. Zudem wurden die neuen Wohnungen zunächst den vorhandenen Mietern aus den Quartieren angeboten, wodurch eine hohe Akzeptanz erreicht wurde. Bislang wurden drei Punkthäuser errichtet. Der Baubeginn weiterer ist geplant.
‚LIVING STREETS’, Bremerhaven
Barrierefreie und altersgerechte Modernisierung eines Wohnquartiers der 1950er Jahre
Die Bremerhavener städtische Wohnungsgesellschaft hat eine Schlichtwohnanlage aus den 1950er Jahren zu einem altersgerechten Wohnquartier mit einem grundhaft verbesserten Wohnstandard umgebaut. Der Projektname „Living Streets“ deutet auf eine Besonderheit des Quartiers hin: gemeint ist die innovative Erschließung der Wohnungen über Laubengänge, die alle Wohnungen netzförmig miteinander verbinden. Diese Form der Erschließung ist wirtschaftlich und gemeinschaftsfördernd. Zudem trägt der neugestaltete Innenraum des Quartiers dazu bei, dass eine stabile Nachbarschaft entstanden ist. Die durchschnittliche Nettokaltmiete beträgt 5,50 Euro pro Quadratmeter. Die Betriebsnebenkosten können durch ein Bio-Blockheizkraftwerk und Photovoltaikanlagen moderat gehalten werden.
Durch die Erneuerung des Bestandes statt Abriss und Ersatzbau bleibt die Identität des Quartiers für die Mieter weitgehend erhalten. Die Jury würdigt den wertvollen Beitrag zur Aufwertung der Bremerhavener Innenstadt.
‚Tarzan und Jane’, Bremen
Ergänzung von Siedlungen der 1950er/60er Jahre durch seriellen Neubau
Das aus dem Wettbewerb "Ungewöhnlich Wohnen" der Bremer kommunalen Wohnungsbau-gesellschaft hervorgegangene Konzept „Tarzan und Jane“ besteht aus zwei quadratischen, über einen Laubengang verbundenen Baukörpern. Der städtebaulich variierbare Typus wurde an fünf Standorten in der Wohnsiedlung Kirchhuchting mit jeweils eigener Farbgebung so in die Raumstruktur integriert, dass vielfältige Freiräume sowie neue Wohnadressen entstanden sind. Das Wohnumfeld wurde als Gemeinschaftsbereich von Neubau und Bestand gestaltet, es gibt keine Abgrenzungen zwischen Alt und Neu. Die erforderlichen Stellplätze wurden auf dem jeweiligen Grundstück untergebracht.
Das variable Grundrisskonzept ermöglicht eine große Bandbreite - von Rollstuhlwohnungen über Wohnungen für Alleinerziehende bis zur Mietergemeinschaft und Wohngruppe.
Die Stärke des Projektes liegt in der hohen Grundrissvariabilität und dem modularen Baukastensystem mit hohem Vorfertigungsanteil. Dank der kurzen Bauzeit hielt sich die Beeinträchtigung der Umgebung in Grenzen.
Aus Sicht der Jury ist es gelungen, Gebäude zu entwickeln, die auf den konkreten Wohnungsbedarf vor Ort reagieren und deren moderne Architektur nicht mit dem vorhandenen Quartier konkurriert, sondern dieses qualifiziert.
Mehrfamilienhaus ‚Cambrai Dreieck’, Bremen-Huckelriede
Das kommunale Wohnungsunternehmen errichtete auf einer innerstädtischen Brache ein komplex genutztes Gebäude, das sowohl dem Wohnen als auch dem Stadtteil dient.
Der Neubau präsentiert sich als kräftige Straßenrandbebauung, arrondiert das restrukturierte Kasernenareal und schirmt den dahinter liegenden kleinteiligen Wohnungsbau ab.
Ergänzend zu den 47 Wohnungen wurde im Erdgeschoss nicht nur eine Kindertagesstätte untergebracht, sondern eine Quartiersküche für die Nachbarschaft, die als Integrationsbetrieb geführt wird, ein Seminarraum und ein Treffpunkt. Vier betreute Wohnungen für behinderte Menschen ergänzen das Angebot.
Die räumliche Verknüpfung der Angebote im Erdgeschoss ist für alle Beteiligten vorteilhaft.
Die Jury lobt das neue Quartierszentrum, das vielfältige soziale Bedarfe der ganzen Nachbarschaft abdeckt.
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BU und ©: ‚Bremer Punkt’, Bremen Serielle Innenentwicklung in Siedlungen der 1950er und 1960er Jahre. Foto: Gewoba
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BU und ©: LIVING STREETS’, Bremerhaven Barrierefreie und altersgerechte Modernisierung eines Wohnquartiers der 1950er Jahre. Foto: Stäwog, Perlbach