Senatorin Stahmann: "Bremen hat sein Instrumentarium weiterentwickelt"
Mit einer Reihe von Maßnahmen hat Bremen den Umgang mit Jugendlichen verbessert, die wegen Straftaten auffällig werden. Das zeigt ein Bericht, den die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport heute (Donnerstag, 15 Februar) in der zuständigen Deputation vorgelegt hat. "Über die Ressortgrenzen hinweg hat Bremen sein Instrumentarium weiterentwickelt und besser aufeinander abgestimmt", sagte Sozialsenatorin Anja Stahmann. "Wir haben ein tragfähiges Netz an Hilfen auf der einen und wirksame Sanktionsformen auf der anderen Seite." Das gelte für alle Bereiche, "von der Prävention über Maßnahmen zur Haftvermeidung und begleitende Angebote in der Haft", so die Senatorin weiter.
Dabei sind die Maßnahmen vielfältig: Streetworker suchen jugendliche Geflüchtete in ihren Wohnquartieren und Wohneinrichtungen sowie im Ostertor/Steintor sowie am Hauptbahnhof auf und sind im ständigen Austausch mit der Fallbearbeitung im Jugendamt und den Wohneinrichtungen der Jugendlichen. Ein Kooperationspool steuert besonders komplexe Hilfen für Jugendliche, die auf bestehende Jugendhilfeangebote nicht oder nur schwer ansprechen. Dabei werden Übergänge zwischen Hilfesystemen – von der Jugendhilfe über die Kinder- und Jugendpsychiatrie bis zur Untersuchungshaft und dem Jugendstrafvollzug – koordiniert. Abhängig vom Einzelfall können auch Psychiatrie, Justiz, Polizei einbezogen werden. "Da entstehen passgenaue Hilfesettings mit gut abgestimmten Übergängen und hoher Verbindlichkeit", sagte Senatorin Stahmann. Im Jahr 2017 hat der Kooperationspool neun komplexe Einzelfälle begleitet, die betroffenen jungen Menschen sind in geeignete Maßnahmen innerhalb und außerhalb Bremens vermittelt worden. Der Kooperationspool berät auch, ob im Einzelfall und mit Genehmigung des Familiengerichts eine Unterbringung in einer geschlossenen stationären Einrichtung sinnvoll und erforderlich sein kann. Das Jugendamt pflegt dazu enge Kontakte zu Einrichtungen im Bundesgebiet. Seit 2011 sind zwei männliche und eine weibliche Bremer Jugendliche – nach gerichtlichen Beschluss oder auf Antrag der Eltern – in geschlossenen Einrichtungen untergebracht worden, sämtlich im Jahr 2015, und darunter kein unbegleiteter minderjähriger Ausländer.
Mit dem "Sattelhof" in Blumenthal und der "Grenzpappel" in Hemelingen existieren zudem zwei multiprofessionelle Schwerpunkt-Einrichtungen speziell für die Arbeit mit Jugendlichen, denen wiederholte oder schwere Straftaten zur Last gelegt werden, für die eine Untersuchungshaft oder eine Haftstrafe nach Auffassung der Gerichte aber noch vermieden werden kann und sollte. Für diesen Zweck stehen am Sattelhof zehn Plätze zur Verfügung. Zum Konzept gehören eine enge Tages- und Zeitstruktur mit vielen Terminen und Ritualen, sportliche und künstlerisch-gestalterische Angebote sowie schulergänzende Unterstützung und Sprachkurse. Die Einrichtung ist eingebettet in die Strukturen im Stadtteil – mit Schule, Ärzten Sportvereinen und der Jugendstraffälligenhilfe. "Wir haben hier ein intensivpädagogisches Angebot, in dem Jugendliche und Heranwachsende auch unter gerichtlichen Auflagen angemessen aufgehoben sind", sagte Senatorin Stahmann.
Acht weitere Plätze stehen an der Grenzpappel zur Verfügung, wo neben Sozialarbeitern und Erziehern ein Psychologe sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit therapeutischen Zusatzqualifikationen arbeiten. Die Grenzpappel kann ebenfalls zur Vermeidung von Haft oder U-Haft unter gerichtlichen Auflagen genutzt werden. Die Betreuungsdichte entspricht der im Sattelhof. Je nach den Umständen des Einzelfalles können darüber hinaus die aufsuchenden Angebote der Jugendhilfe sowie die Jugendhilfeeinrichtungen einzelne Plätze zur Haftvermeidung zur Verfügung stellen, auch auf gerichtlichen Beschluss nach dem Jugendgerichtsgesetz.
"Insgesamt decken wir mit diesem Angebot den aktuellen Bedarf an Plätzen zur jugendgerichtlichen Unterbringung", sagte Senatorin Stahmann. Gemeinsam mit dem Senator für Justiz und Verfassung, dem Jugendgericht und den Freien Trägern der Jugendhilfe wird die Planung einer zusätzlichen Schwerpunkt-Einrichtung zur Ausdifferenzierung des pädagogischen Angebots dennoch weiter erörtert.
Sukzessive ausgebaut wurden zudem die pädagogischen Maßnahmen für Jugendliche in der Haft. So verstärken ein Tischler, ein Lehrer, eine Landschaftsgärtnerin, eine Erzieherin und drei Angestellte im Allgemeinen Vollzugsdienst inzwischen den Jugendbereich. Die Kontinuität der Betreuung von der Haftentlassung in die Jugendhilfe ist zudem weiter ausgebaut worden, und Maßnahmen "innerhalb und außerhalb der Mauern" wurden enger verzahnt. Es besteht ein enger Austausch zwischen den pädagogischen Mitarbeitenden in der JVA und der Jugendhilfe. Grundsätzlich bieten die Freien Träger der Jugendstraffälligenhilfe (z.B. Soziale Trainingskurse) ihre Hilfen auch innerhalb des Jugendstrafvollzugs an. Um deliktsspezifische therapeutische Maßnahmen der Gewaltprävention zu verstärken, sind zudem die Finanzmittel vor allem für den Einsatz von Dolmetschern erhöht worden.
Teil des Konzeptes sind auch aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus der Haft heraus, soweit die Betreffenden volljährig geworden sind und keine Abschiebehindernisse bestehen. Die Zusammenarbeit mit Marokko ist in diesem Kontext deutlich verbessert worden. Das Königreich ist heute eher bereit, eigene Staatsangehörige zu identifizieren und ihnen Personaldokumente auszustellen.
Die polizeilichen Maßnahmen im Bereich Diskomeile, Steintor und Hauptbahnhof zur Bekämpfung der öffentlich wahrnehmbaren und versteckten Kriminalität werden unterdessen fortgeführt. Ziel ist es, die offenen Drogenszenen zurückzudrängen und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu verbessern. Um das Entdeckungsrisiko für Täter aus dem Rauschgiftbereich zu erhöhen, werden ständig uniformierte und zivile Kontrollmaßnahmen durchgeführt. Neben der besonderen Eingreifgruppe setzt die Polizei die regionale Ermittlungsgruppe Straßendeal ein. Für die personenorientierte Sachbearbeitung der strafauffälligen unbegleiteten minderjährigen Ausländer existiert zudem eine spezielle Ermittlungsgruppe, die Straftaten von Intensivtätern aus dieser Gruppe priorisiert bearbeitet.