Bürgermeister Sieling und Wirtschaftssenator Günthner treffen sich mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern der Stahlbranche
09.02.2016Bremens Bürgermeister Dr. Carsten Sieling und Wirtschaftssenator Martin Günthner haben heute (Dienstag, 9. Februar 2016) Spitzenvertreterinnen und –vertreter der IG Metall Bremen, der IG Metall Bezirksleitung Küste, des Vorstands der ArcelorMittal Bremen GmbH und des Betriebsrats der ArcelorMittal Bremen GmbH im Bremer Rathaus empfangen.
Anlass dafür war eine bereits im Herbst des vergangenen Jahres getroffene Verabredung zwischen den verschiedenen Akteuren der Stahlbranche und dem Senat der Freien Hansestadt Bremen, sich zu wichtigen Themen der Branche auszutauschen. Durch die aktuelle Entwicklung auf dem Weltmarkt für Stahlprodukte und daraus resultierenden Konsequenzen für die stahlproduzierenden Unternehmen hat das Spitzengespräch in Bremen an Relevanz gewonnen.
Bremen ist seit Generationen eng mit der Stahlproduktion verbunden. Am Standort Bremen produziert ArcelorMittal rund 3,5 Mio. Tonnen Flachstahl pro Jahr. Dies entspricht ca. acht Prozent der deutschen Stahlproduktion. Das Werk beschäftigt 3.500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen; ebenso sind ca. 1.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei verschiedenen Partnerfirmen direkt und dauerhaft im Werk beschäftigt. Damit ist ArcelorMittal Bremen ein großer Arbeitgeber in der Region. ArcelorMittal Bremen ist Teil des weltgrößten Stahlkonzerns mit über 220.000 Beschäftigten weltweit und einer Produktionskapazität von 115 Mio. Tonnen. Der Konzern unterhält in über 60 Ländern Produktionsstätten.
Vor diesem Hintergrund haben die Beteiligten darüber gesprochen, wie die Stahlindustrie in Bremen wettbewerbsfähig gehalten werden kann und somit Arbeitsplätze gesichert werden können. Weitere Themen waren die Energie- und Klimaschutzpolitik sowie die Auswirkungen der globalen Handelsverflechtungen.
Dr. Carsten Sieling, Bürgermeister und Präsident des Senats:
"ArcelorMittal ist einer der größten privaten Arbeitgeber in Bremen und für den Industriestandort von großer Bedeutung. Der Senat wird alle Anstrengungen unternehmen, um die Zukunft der Stahlherstellung in Bremen und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu sichern. Und natürlich gilt: Die Energieversorgung in Deutschland muss sicher, sauber und bezahlbar sein. Die Kosten der Energiewende müssen aber gerecht verteilt und auch für die energieintensiven Industrien tragbar bleiben. Wir begrüßen deshalb auch ausdrücklich den Einsatz der Bundesregierung für die Beibehaltung der besonderen Ausgleichsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz."
Martin Günthner, Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen:
"Das Stahlwerk in Bremen ist hochmodern und eines der wenigen integrierten Hüttenwerke in Deutschland. Das Land Bremen wird alles in seinen Möglichkeiten Stehende tun, um die handels- und energiepolitischen Rahmenbedingungen zum Erhalt und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Stahlstandorts Bremen zu sichern. Wir müssen und werden dabei ein besonderes Augenmerk auf die Situation der Beschäftigten im Stahlwerk und den zahlreichen Zulieferbetrieben legen.
Günstige Standortkosten und das Vermeiden von Sonderlasten im Ländervergleich stärken das Stahlwerk Bremen. Zudem können wir mit einer zügigen Realisierung des Wesertunnels dazu beitragen, die infrastrukturellen Standortbedingungen und die Anbindung des Stahlwerks weiter zu verbessern.
Dr. Ute Buggeln, Geschäftsführerin IG Metall Bremen:
"Die Vielfalt der Branchen begründet die Stärke des Landes Bremen als Industriestandort. Im Organisationsbereich der IG Metall zählen dazu die Automobil-, die Luft- und Raumfahrt-, die Werft- und die Stahlindustrie. Es gilt alle Kräfte zu mobilisieren, um diesen Branchenmix für unsere Stadt zu erhalten und auszubauen. Es ist absurd und daher auch niemandem zu erklären, wenn wir ArcelorMittal Bremen, das zu den modernsten und saubersten Stahlwerken weltweit zählt, der Gefahr einer Schließung aussetzen, um den Stahl dann zukünftig in Ländern wie China produzieren zu lassen, die 40 Prozent mehr CO-2 in die Luft blasen und auf Arbeitnehmerrechte und gute Arbeitsbedingungen keinen Wert legen."
Dr. Dietmar Ringel, Vorstandsvorsitzender ArcelorMittal Bremen GmbH:
"Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen, um wirtschaftlich erfolgreich Stahl produzieren zu können. Insbesondere chinesische Importe in die EU haben sich in den letzten Monaten drastisch erhöht und diese Produkte werden bei guter Qualität zu Dumpingpreisen auf dem Markt angeboten. Daher ist aus unserer Sicht eine zeitnahe und konsequente Anwendung des Handelsschutzinstrumentariums der EU notwendig, um Schaden von der heimischen Industrie und somit vom Stahlstandort Bremen abzuwehren. Auch muss die Ausgestaltung der Maßnahmen zum Energie- und Klimaschutz, wie zum Beispiel der Emissionsrechtehandel, ohne zusätzliche Belastungen für unsere Wettbewerbsfähigkeit geschehen. Diese Belastungen haben außereuropäische Wettbewerber nicht und sie müssen im internationalen Wettbewerb nicht an die Kunden weitergegeben werden. Ab 2017 würden sich diese zusätzlichen Belastungen auf 35 Millionen Euro pro Jahr summieren, ab 2021 auf ca. 57 Millionen Euro pro Jahr - damit wäre die Stahlproduktion in Bremen nicht nur in Frage gestellt, sondern faktisch nicht mehr wirtschaftlich erfolgreich möglich."
Meinhard Geiken, IG Metall Bezirksleiter IG Metall Küste:
"Wir brauchen schnell wirksame Maßnahmen, um die massiven Wettbewerbsverzerrungen durch chinesische Billig-Importe zu stoppen. Die Branche muss außerdem vor einer Verschärfung des Emissionshandels geschützt werden. Dafür setzen wir uns gemeinsam mit Politik und Unternehmen in Berlin und Brüssel ein. Von ArcelorMittal erwarten wir, dass der Konzern weiter in das Bremer Stahlwerk investiert. Die Generalüberholung des Hochofens II darf nicht aufgeschoben werden, weil sonst bis zu zwei Drittel der Produktion in Gefahr sind."
Klaus Hering, Betriebsratsvorsitzender ArcelorMittal Bremen GmbH:
"In den inhaltlichen Punkten schließe ich mich Meinhard Geikens Anforderungen an. Meine Kollegen im Betrieb setzen jetzt darauf, dass alle verantwortlichen Kräfte in Politik und Wirtschaft die kritische Situation kennen und konkrete Schritte zur Zukunftssicherung der Stahlindustrie und damit auch unseres Bremer Werks einleiten werden. "
Der Text der gemeinsamen Erklärung hier (pdf, 101 KB) im PDF-Download.
Fotos: Senatspressestelle/Anja Raschdorf