30.03.2001
Bei Geldanlagen wird viel über den richtigen Zeitpunkt des Einstiegs geredet. Das gilt insbesondere für Aktien und Investmentfonds, aber auch für andere Anlageprodukte: Mit der privaten Altersvorsorge soll möglichst früh begonnen werden, bei Steuersparmodellen bietet sich meist nur noch für kurze Zeit eine günstige Gelegenheit und selbst beim Bausparen soll man sich beeilen und bestimmte Termine nicht verpassen. Tatsächlich ist die Frage des günstigsten Einstiegs in ein Investment jedoch eher nachrangig. Weitaus wichtiger ist, vorab über die Möglichkeiten eines späteren Ausstiegs aus einer Kapitalanlage nachzudenken, rät Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen.
Gegen diese Grundregel wird allzu oft verstoßen. Die meisten Anleger setzen einfach voraus, dass eine Anlage dauerhaft gehalten oder Verträge planmäßig bis zum Ende durchgehalten werden. Wie die Praxis zeigt, ist dies aber aus mancherlei Gründen häufig nicht der Fall: Finanzielle Engpässe erfordern Liquidität. Lebenspläne ändern sich. Die Anlage rentiert nicht wie erwartet. Oder es bieten sich andere, attraktivere Gelegenheiten für ein Investment. Gerade bei langfristig ausgerichteten Anlagen drohen dann oftmals herbe Verluste, weil die vorzeitige Vertragsbeendigung mit Kosten verbunden ist oder eine Anlage wegen des engen Marktes nur mit Abschlägen verkauft werden kann. Mitunter existiert überhaupt kein Markt und es nicht möglich, sich von der Anlage wieder zu trennen.
Hohe Ausstiegsrisiken bergen vor allem Anlageformen, bei denen die Initiatoren mit der Aussicht auf Steuerersparnisse werben: Stille Beteiligungen an Unternehmen werden weder zurückgenommen, noch findet sich ein Käufer, wenn "Not am Mann" ist. Für Anteile an geschlossenen Mobilien- und Immobilienfonds gibt es entgegen mancher Versprechungen keinen funktionierenden Zweitmarkt. Und bei "blind gekauften" Mieteigentumswohnungen, die im Rahmen von Erwerbermodellen vertrieben wurden, können sich die Anleger oftmals nur weit unter dem Kaufpreis wieder von der Immobilie trennen. Potenziert werden die Risiken obendrein, wenn das Investment mit Krediten finanziert wird, für deren vorzeitige Ablösung die Bank möglicherweise noch eine Schadensersatzforderung präsentiert.
Weniger gefährlich, aber ebenfalls mit erheblichen Ausstiegsrisiken behaftet sind kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen. Die langfristig abgeschlossenen Verträge können zwar kurzfristig gekündigt werden. Wegen der hohen Abschlusskosten und des Kündigungsstornos erhalten die Versicherungsnehmer aber in den ersten Jahren häufig nicht einmal die eingezahlten Gelder zurück und auch bei späteren Kündigungen bleibt die Verzinsung mehr oder weniger deutlich hinter der Rendite sicherer festverzinslicher Geldanlagen zurück. Schätzungen zufolge wird jede zweite dieser Policen vorzeitig gekündigt.
Finanzielle Nachteile drohen auch beim Ausstieg aus Sparverträgen. Beim Bausparen ist bei vorzeitiger Kündigung nicht nur die Abschlussgebühr verloren. Wer die langwierigen Auszahlungsprozeduren nicht abwarten kann und sein Guthaben kurzfristig benötigt, muss obendrein meistens eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Bei Bonussparverträgen verfällt oder reduziert sich der Bonus und sinkt die Verzinsung oftmals auf ein mickriges Grundniveau, wenn der Vertrag vor dem planmäßigen Ende gekündigt wird. Als böse Fallen können sich zudem lange Kündigungsfristen erweisen. Das gilt gleichermaßen für Sparbriefe und Festgeldanlagen, bei denen die vorherige Verfügbarkeit ausgeschlossen ist.
Bei jeder längerfristigen Geldanlage sollte man deshalb vorher über drei Fragen nachdenken: Wie sicher ist es, dass das Geld nicht früher als geplant benötigt wird ? Welche Probleme und Nachteile drohen bei einem vorzeitigen Ausstieg ? Und: Macht es Sinn, diese Risiken in Kauf zu nehmen, oder gibt es nicht bessere Alternativen ?
Die Verbraucherzentrale bietet eine neutrale Anlageberatung an: Informationen dazu: dienstags von 10 bis 13 Uhr unter der Rufnummer 0421- 160 77 52
Ansprechpartner für Journalisten: Arno Gottschalk, Telefon 0421 – 160 77 81/- 85