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Der Senator für Inneres und Sport

Bremen will Vermögensabschöpfung aus schweren Straftaten intensivieren

06.07.2004

Scherf und Röwekamp: „Gewinne abschöpfen - Opfer entschädigen“ – Finanzierung der Beratungsstelle gesichert

Bremen sagt den Akteuren der Organisierten Kriminalität den Kampf an. Der Bremer Senat hat in seiner Sitzung heute (6. Juli 2004) das ressortübergreifende Projekt „Gewinnabschöpfung“ beschlossen. Die Ermittlungstätigkeiten bei Polizei und Justiz werden intensiviert; gleichzeitig wird die weitere Finanzierung der Beratungsstelle für Opfer von Zwangsprostitution sichergestellt.


„Wir wollen Verbrechensgewinne abschöpfen und die Opfer von Menschenhandel und anderen schweren Straftaten besser schützen“, erklärten Innensenator Thomas Röwekamp und Justizsenator Dr. Henning Scherf nach der Kabinettssitzung. Organisierte Kriminalität und andere Bereiche, insbesondere Frauenhandel und Zwangsprostitution sowie Drogen-, Wirtschafts-, Korruptions- und Eigentumsdelikte, funktionieren in hohem Maße profitorientiert. Bargeld und hohe Sachwerte wie z.B. Luxusautos sind das Schmiermittel der organisierten Kriminalität, erklärten die beiden Senatoren.
Hier setzen die Strafverfolgungsbehörden künftig intensiver an, um Verbrechensgewinne zu beschlagnahmen und damit dem kriminellen Geldkreislauf zu entziehen. Das Kalkül der Ermittler: Je mehr kriminelles Vermögen beschlagnahmt wird, desto eher können schwere Straftaten in diesem Bereich verhindert werden.


Die gesetzlichen Bestimmungen zur Gewinnabschöpfung intendieren das Ziel, dem Täter die finanziellen Vorteile der Tat vollständig zu entziehen und ihm zu verdeutlichen, dass Straftaten sich nicht lohnen. Aus diesem Grund erfordern die aus Straftaten erzielten Vermögensvorteile eine intensive Gewinnabschöpfung. Sie stellt ein wesentliches Instrument einer effektiven und auch generalpräventiv wirkenden Strafverfolgung dar.

Im Jahr 2003 wurden vom Landeskriminalamt Bremen durch vermögensabschöpfende Maßnahmen Werte von 606.917 Euro vorläufig gesichert, davon allein knapp die Hälfte (294.514 Euro) in Form von Bargeld. Die tatsächlichen finanziellen Erfolge der Vermögensabschöpfung sind aber erst nach einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung messbar und generell starken Schwankungen unterworfen.

Ein besonderer Aspekt der Gewinnabschöpfung ist die Rückgewinnungshilfe, die die vorläufigen Sicherungsmaßnahmen zugunsten der Geschädigten und Opfer der Straftat widerspiegelt. Individualansprüche haben Vorrang vor einer Abschöpfung zu Gunsten der Staatskasse. Über die Rückgewinnungshilfe hinausgehende abgeschöpfte Gewinne sollten im gesamtstaatlichen Interesse vorrangig zur Verbrechensbekämpfung und –prävention genutzt werden.

Hierzu zählt auch die Verbesserung der Betreuung der Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel. In diesem Zusammenhang hat sich der Senat auf eine ressortübergreifende Zusammenarbeit verständigt. Demzufolge ist die Betreuung der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution dauerhaft zu gewährleisten. Für diese Betreuung werden seit Februar 2002 die Dienste der fachspezifischen Beratungsstelle der Bremischen Evangelischen Kirche und dem Verein für Innere Mission in Anspruch genommen. Die Kosten dieser Beratungsstelle wurden bisher in der Hauptsache von der Bremischen Evangelischen Kirche und dem Diakonischen Werk Bremen getragen sowie durch jeweils einmalige Zwischenfinanzierungen durch den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales sowie den Senator für Inneres und Sport.

„Im Rahmen der Intensivierung der Gewinnabschöpfung ist nun eine dauerhafte Finanzierung des Betreuungsprojektes mit Mitteln aus der Gewinnabschöpfung sichergestellt“, erklärten Dr. Henning Scherf und Thomas Röwekamp. Sozial- und Frauensenatorin Karin Röpke ergänzt: "Zwangsprostitution ist eine Form sexueller Gewalt. Die Frauen und Mädchen werden ihrer individuellen Rechte beraubt und in eine aktuelle Form der Sklaverei gezwungen. Die Beratungsstelle für Zwangsprostitution ist für viele Frauen, die sich aus dieser Zwangslage befreien wollen, eine wichtige Hilfestellung."

Nach den kriminalistischen Erfahrungen im nationalen wie im internationalen Bereich lassen sich nachhaltige Erfolge bei der Bekämpfung dieser Kriminalitätsphänomene mit den traditionellen Mitteln der Strafverfolgung zunehmend seltener erreichen. Die Strukturen krimineller Organisationen und die Komplexität sowie der Umfang der Ermittlungsverfahren erfordern zunehmend einen erhöhten Aufwand und den Einsatz von Fachermittlern und Fachermittlerinnen.

Die Landesregierung hat daher heute beschlossen, zur Intensivierung der gewinnabschöpfenden Maßnahmen das zwischen dem Senator für Inneres und Sport, dem Senator für Justiz und Verfassung und dem Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales abgestimmte Projekt „Gewinnabschöpfung“ zu realisieren.

In diesem Projekt werden die Vermögensermittlungen wegen des hohen Ermittlungsaufwandes, der schwierigen rechtlichen Fragen und des damit einhergehenden Amtshaftungsrisikos von der klassischen Strafverfolgung getrennt durch qualifizierte Spezialisten geführt. Hierzu wird die Zahl der Ermittler beim Landeskriminalamt Bremen und der Ortspolizeibehörde Bremerhaven, die sich mit dieser strafprozessualen Maßnahme im Land Bremen befassen, von derzeit rechnerisch vier auf neun Vollzeitkräfte erhöht. Laut Innensenator Röwekamp werde dies durch organisatorische Schwerpunktsetzungen innerhalb des vorhandenen Personalbestandes ermöglicht.

Auch bei der Staatsanwaltschaft sollen die aus der Intensivierung der Gewinnabschöpfung resultierenden zusätzlichen Aufgaben zunächst durch organisatorische Schwerpunktbildung mit dem vorhandenen Personal erledigt werden, wie Justizsenator Dr. Scherf erläuterte. Die weitere Entwicklung hinsichtlich der Belastung sowie der zusätzlichen Gewinnabschöpfung bleibt abzuwarten.