27.06.2001
"jugendschutz.net", die Zentralstelle der Länder für Jugendschutz im Internet, hat im letzten Jahr mehr als 1000 unzulässige Internet-Angebote bearbeitet. "Das entspricht einer Steigerung von mehr als 200%", teilte jetzt die Bremer Jugendsenatorin Hilde Adolf mit. 550 deutsche Anbieter, die ungeschützt Pornographie im Internet präsentierten, seien von der Zentralstelle in Mainz angeschrieben und um Änderung ihres Angebotes gebeten worden. "Etwa 90% von ihnen haben die monierten Web-Sites geändert, uneinsichtige Anbieter aber sind zwecks Einleitung von Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren an die zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder abgegeben worden", erklärte Senatorin Adolf. Zusätzlich seien 250 Fälle von harter Pornographie (Kinder-, Gewalt- und Tierpornographie) recherchiert und an das BKA weitergeleitet worden. Im Bereich rechtsextremer Angebote hätte "jugendschutz.net" 250 Web-Sites erfaßt. In erfolgversprechenden Fällen seien hier auch ausländische Host-Provider angeschrieben und um Sperrung der Angebote gebeten worden.
Etwa die Hälfte der Verstöße wurde von "jugendschutz.net" selbst recherchiert, der Rest basiert auf Hinweisen von Internet-Nutzern. "jugendschutz.net" hat vor zwei Jahren eine Online-Meldestelle eingerichtet. Allein im letzten halben Jahr gingen hier mehr als 1.000 Beschwerden ein. Die Hotline ist eine Art Stimmungsbarometer der surfenden Bevölkerung, das anzeigt, ob und welche Internetangebote gerade besondere Brisanz besitzen. Gemeldet wurden insbesondere pornographische Angebote ohne Alterskontrolle, kinderpornographische Darstellungen, rechtsextreme Angebote und so genannte Tasteless-Sites (zynisch kommentierte Bilder von schwer verletzten oder verunstalteten Menschen).
Das Medium Internet ist durch eine extrem hohe Wachstumsgeschwindigkeit gekennzeichnet. Seit Gründung von jugendschutz.net im Oktober 1997 hat die Zahl der deutschen Web-Sites um fast 5.000% zugenommen. Jeder Versuch, alle jugendgefährdenden deutschen Sites sichten zu wollen, wäre illusorisch. Die vorhandenen Ressourcen werden deshalb möglichst effektiv eingesetzt. Dies wird bei "jugendschutz.net" durch gezieltes exemplarisches Handeln, durch vielfältige Kooperationen und durch eine Konzentration auf die wirklich relevanten Angebote erreicht werden. In besonderer Weise relevant sind Web-Angebote, auf die Kinder und Jugendliche gewollt und vor allem auch ungewollt stoßen.
Mit besonderer Sorge betrachtet "jugendschutz.net" Web-Sites, die die Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutzen und ihnen Angebote aufdrängen, nach denen sie nicht gesucht haben. "jugendschutz.net" stößt immer wieder auf Sex-Sites, die Nutzer "gefangen" halten, sich bewußt falsch deklarieren, die Nutzer ungewollt weiterleiten oder auf Tippfehler spekulieren, indem bekannte Adressen "belagert" werden. Wenn Kinder auf der Suche nach kinderspezifischen Angeboten teilweise nur einen Buchstaben vergessen oder nicht genau wissen, wie man Britney Spears richtig schreibt, landen sie mit großer Wahrscheinlichkeit bei pornographischen Angeboten, teilweise intensivster Art. Da viele dieser Fälle juristisch nicht zu belangen sind, sind hier freiwillige Selbstbeschränkungen der Anbieter gefordert.
"jugendschutz.net" wurde vor 3½ Jahren als gemeinsame Einrichtung von den Jugendministern der Länder gegründet. Die Zentralstelle hat den Auftrag, jugendgefährdende Angebote im Internet zu überprüfen und auf deren Veränderung oder Herausnahme zu dringen. Ziel ist ein vergleichbarer Jugendschutz wie in den traditionellen Medien. Durch die konsequente Auseinandersetzung mit jugendschutzrelevanten Angeboten werden inzwischen sehr viel mehr Web-Angebote in geschlossene, alterskontrollierte Benutzergruppen gestellt, als jugendschutz.net sie jemals kontrollieren könnte. Dies ist ein beachtlicher Erfolg. Die präventive Wirkung der Kontrollen von jugendschutz.net auf deutsche Anbieter, das Gefühl, dass hier eine staatliche Einrichtung auf die Einhaltung des Jugendschutzes im Internet drängt, ist von zentraler Bedeutung.