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Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration

Neue Sozialsenatorin zieht Konsequenzen aus Jahresbericht des Rechnungshofes

21.07.1999

Trotz umfangreicher Kostensenkungen kein Sparen bei den Ärmsten
Hilde Adolf: "Selbsthilfekräfte sollen gestärkt werden"

Mit einem umfangreichen Katalog von Maßnahmen zieht die neue Arbeits- und Sozialsenatorin Hilde Adolf jetzt erste Konsequenzen aus dem Jahresbericht des Rechnungshofes, der unter rein fiskalischen Gesichtspunkten im Bereich der Sozialhilfe an verschiedenen Stellen beträchtliche Einsparmöglichkeiten errechnet hat. Hilde Adolf: "Zwar kann ich nicht in allen Punkten dem Bericht folgen, weil die herangezogenen Vergleichszahlen mit großer Vorsicht betrachtet werden müssen, aber die Richtung teile ich: Im Städtevergleich sind bestimmte Leistungen der Sozialhilfe in Bremen zu hoch, auch im Vergleich zu Bremerhaven." Insgesamt geht die Sozialsenatorin mittelfristig von einem möglichen Einsparvolumen von 10 bis 15 Millionen DM aus.

Einsparmöglichkeiten sieht die Senatorin z.B. bei der zusätzlichen Bekleidungspauschale, deren Satz für Erwachsene dem Beispiel vieler Großstädte folgend demnächst gesenkt werden könnte. Einen entsprechenden Vorschlag, der sich an dem notwendigen Bedarf orientiert, werde sie der Deputation für Soziales, Jugend und Senioren bereits im September präsentieren. Auch bei anderen sogenannten Einmalleistungen gebe es Veränderungsbedarf. Hier hätte das Amt für Soziale Dienste bereits vor den Hinweisen des Rechnungshofe einen neuen Katalog von zusätzlichen einmaligen Leistungen erarbeitet, in dem aufgeführt ist, welche Kosten, z. B. bei Renovierung und Umzug oder bei Anschaffungen wie Kühlschränken oder Hausrat, von den Sozialämtern übernommen werden. Auch diesen Katalog werde sie der Deputation unmittelbar nach der Sommerpause vorlegen. Außerdem werde sie die Möglichkeiten nutzen, die sich aus der Zusammenlegung von Arbeits - und Sozialressort ergeben, und beispielsweise die Beschäftigungsträger stärker als bisher für die Aufarbeitung von Gebrauchtmöbeln, das Herrichten von gebrauchten Elektrogeräten oder für Hilfen bei Renovierung und Umzug nutzen. Auch hiermit seien Kosten zu senken, ohne daß der Rechtsanspruch beeinträchtigt werde.

Ein drittes Gebiet, auf dem Sozialhilfekosten gespart werden können, sind nach Auskunft der Senatorin Unterhaltsleistungen, die bislang von den Ämtern in zu geringem Umfang eingefordert werden. Hier will ihre Behörde nach dem Vorbild anderer Städte die Sachbearbeitung spezialisieren und zentralisieren, damit mehr Unterhaltspflichtige als bisher zu Zahlungen herangezogen werden.

Senatorin Adolf: "Ich will nicht pauschal die Kosten senken, denn es gibt zu viele wirklich Bedürftige, die am Rand der Existenz leben. Aber ich will die Sozialhilfe effizienter gestalten und mich dabei im Sinne von 'best practice' auch an Beispielen anderer Städte orientieren, soweit dies auch unter sozialpolitischen Gesichtspunkten sinnvoll sei. Ich verwahre mich aber gegen die Annahme, daß der Billigste der Beste sei, wie es der Rechnungshof letztlich tut. Ziel muß es vielmehr sein, den Sozialhilfe-Empfängerinnen und Empfängern zu helfen, wieder selbst mehr Verantwortung für ihr Leben übernehmen zu können." Dazu gehöre beispielsweise ihr Vorhaben, die Beschäftigungsmöglichkeiten für Sozialhilfe-Empfänger von jetzt 1.000 auf bis zu 2.000 Plätze auszubauen und auch die gemeinnützige Arbeit auf Prämienbasis auszuweiten. "Wer gefördert wird, muß sich auch fordern lassen", erklärte die Senatorin. "Wer eine Leistung erhält, von dem darf ich auch erwarten, daß er eine Gegenleistung bringt, sofern er oder sie gesund und arbeitsfähig ist und sich nicht ausschließlich um die eigenen Kinder kümmern muß."

Eine andere Position als der Rechnungshof bezieht die Senatorin allerdings zu dem Vorschlag, eine Ermittlungsgruppe ins Leben zu rufen, die bei den Bedürftigen zu Hause prüft, ob sie z.B. wirklich ein neues Möbelstück brauchen. Besser als Hinterherschnüffeln sei es, die Sachbearbeiter in den Ämtern noch besser in die Lage zu versetzen, den Bedarf selbst verantwortlich auch mit Hausbesuchen zu prüfen. Das Stichwort unter dem die Behörde derzeit ein neues Konzept umsetze, heiße 'strategische Sachbearbeitung'. Damit sei gemeint, die Verantwortung der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter vor Ort dahin gehend zu stärken, daß die Sozialhilfe-Empfänger mehr Hilfe zur Selbsthilfe erhalten und der Ausweg aus der Sozialhilfe zum eigentlichen Ziel der Sozialhilfe wird.

Das Fazit der Senatorin: "Der Rechnungshof hat Anregungen gegeben, die meine Behörde und ich jetzt in sozialpolitischer Verantwortung umsetzen."