20.08.1999
Sozialsenatorin Adolf stellt erste Schlussfolgerungen
aus WIBERA-Gutachten vor
"Im Kindergartenbereich werden wir mögliche Wirtschaftlichkeitsreserven konsequent nutzen, ohne dabei die Qualität der Kindertagesbetreuung für die Kinder und ihre Familien zu vernachlässigen", erklärte heute Sozialsenatorin Hilde Adolf bei der Vorstellung des WIBERA-Gutachtens. Das Sozialressort hatte das Wirtschaftsbera-tungsunternehmen WIBERA vor gut einem Jahr beauftragt, eine Organisations- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der Leistungen in den bremischen Kindertagesheimen und der Kindertagesbetreuung insgesamt durchzuführen.
"Natürlich müssen wir die Vorschläge der Gutachter, die z.T. einen langen zeitlichen Horizont vorgeben, zusammen mit den Mitgliedern des Lenkungsausschusses und der Projektarbeitsgruppe sowie weiteren Gremien noch im einzelnen prüfen, aber die Richtung ist klar: Es gibt Einsparpotentiale, die den pädagogischen Standard und die Angebote in den Kindergärten nicht einschränken", stellte die Senatorin fest. Dieses sei jetzt eine der vorrangig zu lösenden Aufgaben für ihr Ressort. Sie sei aber zuversichtlich, nicht nur die notwendigen 2,8 Mio DM jährlich einsparen zu können, die aufgrund der im vergangenen Jahr veränderten Kindergartenbeiträge aufgebracht werden müssen, sondern auch weitere Einsparpotentiale realisieren zu können. Sie gehe davon aus, dass sie bis März nächsten Jahres nach sorgfältiger Prüfung und der notwendigen Befassung durch die Gremien die gesamte Höhe der Einsparmöglichkeiten beziffern könne.
"Im übrigen," hob die Senatorin hervor, "haben die Gutachter die Personalausstattung für die KTH-Gruppen auch im Städtevergleich eher als bescheiden bewertet, so dass in diesem Bereich weitere Einsparungen auszuschliessen sind." Auf alle Fälle sei aber auch nach Meinung der Gutachter eine intensive Fortbildung z.B. der Leitungskräfte von Einrichtungen in Richtung eines Kindergartenmanagements und die Ergänzung durch betriebswirtschaftlichen Sachverstand vonnöten. Senatorin Adolf: "Wenn die Mittel knapp sind, brauchen wir nicht nur viel pädagogischen Sachverstand, sondern auch die Fähigkeit, mit unseren Pfunden effizient zu wuchern."
Im wesentlichen hätte WIBERA zehn Vorschläge gemacht, die die Senatorin im einzelnen kommentierte:
Die Verlagerung von Betreuungszeiten im Rahmen der Halbtagsbetreuung vom Vormittag auf den Nachmittag, um damit zusätzliche Kindergartenplätze überflüssig werden zu lassen, müsse vor allem hinsichtlich der zeitlichen Interessen und Notwendigkeiten der Eltern geprüft werden. Diese Bereitschaft könne z.B. über entsprechende Rabatte erhöht werden. Die von WIBERA errechnete Einsparung bei den Investitionskosten für neue Plätze sei allerdings nur eine theoretische Größe. Neue Kindergärten würden in neuen Stadtteilen entstehen, und den Eltern aus dem künftigen Neubaugebiet Borgfeld-West z.B. sei nicht damit gedient, wenn es in Horn oder gar in Huchting freie Kindergartenplätze gebe.
Hier hat WIBERA vorgeschlagen, die Kindergärten an 20 statt bisher 15 Arbeitstagen in den Ferien zu schließen. Dies sei im übrigen eine Anpassung an die Wirklichkeit der meisten Einrichtungen. Sichergestellt werden müsse, dass die Betreuung von Kindern in den Ferienzeiten durch die Kooperation der Kindergärten untereinander im Stadtteil nach wie vor gewährleistet ist.
Hier müssten die Vorschläge ebenfalls genau dahingehend geprüft werden, in welchen Kindergärten andere Nutzergruppen in der freien Zeit gefunden werden können und mit welchen Einnahmemöglichkeiten dies verbunden ist. Die Hoffnung auf nennenswerte Ergebnisse sei indessen gering.
Der Vorschlag, die Nutzfläche in den Innenräumen zu senken, müsse nicht nur aus pädagogischer Sicht, sondern auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht besonders kritisch hinterfragt werden. Die Verringerung der Fläche pro Kind sei nur auf zwei Wegen möglich: entweder müßten Werkräume oder Differenzierungsräume geschlossen werden, was kaum mit Einsparungen verbunden sei, oder die Zahl der Kinder pro Kindergärten müsste erhöht werden. Dies werde aber zusätzliches Personal nötig machen und damit wieder die Kosten steigen lassen. Die Verringerung und der Verkauf von Aussenflächen sei theoretisch möglich, geprüft werden müsse dies aber vor dem Hintergrund des gesamten Angebotes an Spielflächen in der Stadt. Der von WIBERA errechnete Verkaufserlös in Höhe von 50 Mio DM sei indessen völlig unrealistisch, da es sich in weiten Teilen um unverkäufliche Teile von Flächen handele.
Hier könnten die Einsparpotentiale im Kern nachvollzogen werden und sollen nach Aufstellung eines entsprechenden Konzeptes auch weitgehend realisiert werden.
Auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten ohne negative Auswirkungen auf die Nutzer sei insbesondere unter Gesichtspunkten des Städtevergleichs eine differenzierte Erhöhung des Reinigungsstandards unverzichtbar und auch vertretbar. In welcher Höhe das möglich ist, stehe heute noch nicht fest. Im übrigen wünsche sie sich für die Zukunft Lösungen, wonach die Reinigungskräfte in einer festen Beziehung zu den jeweiligen Kindergärten stehen.
Die Zubereitung des Mittagessens in den eigenen Küchen der Kindergärten sei von hohem Nutzen für die Erziehung und die Gesundheit der Kinder. Die Versorgung mit Fertig- oder Menügerichten sei deshalb nicht in jedem Fall der Königsweg. Einsparungen könnten sich auch durch neue Kooperationen mit Beschäftigungs-trägern oder den Küchen größerer Kindergärten ergeben. Auch dies werde geprüft.
Die vorgeschlagene 15%ige Kürzung der Ausgaben in diesem Bereich könnte realisiert werden, ohne dass es zu Einschränkungen kommt, wenn künftig ein wesentlicher Teil dieses Materials von Beschäftigungsträgern oder der Werkstatt Bremen zur Verfügung gestellt wird. Dies werde ebenfalls geprüft.
Hier werde von den Gutachtern vorgeschlagen, bei der Tagesbetreuung mehr 'Markt' einzuführen und durch Wettbewerb der Träger untereinander zur Senkung der Kosten zu kommen. Dies müsse vor dem Hintergrund geprüft werden, welche Ergebnisse dabei für die 'Kunden', die Kinder und Eltern, herauskommen und wie sichergestellt werden kann, dass es in der gesamten Stadt vergleichbar gute und ausreichende Angebote gibt.
Dieser Vorschlag müsse noch im einzelnen geprüft werden, zumal die Datengrundlage für den Vergleich der Städte untereinander höchst unklar sei.