08.10.1999
18 Männer und Frauen aus der Ukraine, die im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten zur Arbeit in Bremen gezwungen wurden, kehren jetzt an die Stätte des früheren Leidens zurück. Auf Einladung von Arbeits- und Sozialsenatorin Hilde Adolf besuchen sie vom 10. bis 17. Oktober die Hansestadt.
Unter anderem sind Fahrten zum Bunker Valentin in Farge und zur ehemaligen Lagerstätte Bahrsplate vorgesehen. Aber auch Betriebsbesichtigungen, Stadtrundfahrten und Begegnungen mit Bremer Bürgern und Bürgerinnen stehen auf dem Programm, das in enger Zusammenarbeit mit dem "Verein Walerjan Wrobel - Verein Zwangsarbeit" entstanden ist. Die Senatorin wird die Gäste am Montag den 11. Oktober um 17.30 Uhr im Rathaus empfangen.
Möglich wird der Besuch durch den von der Landesregierung initiierten Hilfsfonds für ehemalige Zwangsarbeiter/innen aus Ost- und Südosteuropa. Gespeist wird er aus Einzahlungen von Firmen und Zuschüssen der öffentlichen Hand. Jede von den Unternehmen bereit gestellte Mark wird verdoppelt. So haben bisher fünf Unternehmen zusammen 25 000 Mark überwiesen. Es sind die Bremer Stahlwerke, das Bremer Werk von DaimlerChrysler, die Straßenbahn AG, die "swb" AG – ehemals Bremer Stadtwerke – und Beck & Co. Mit den auf 50 000 Mark aufgestockten Mitteln wurde die Einladung der Gäste aus der Ukraine möglich, und es bleibt noch ein Grundstock für weitere Aktivitäten. Weitere Firmen sollen für die Beteiligung am Fonds gewonnen werden.
Er soll genutzt werden, um weitere Gruppen ehemaliger Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen nach Bremen einzuladen. Außerdem sind in kleinerem Umfang individuelle Hilfen vorgesehen, beispielsweise wenn es darum geht, ein dringend benötigtes Medikament oder ähnliches zu besorgen.
Die mit dem Fonds verbundenen Aufgaben wurden an den Verein "Walerjan Wrobel" übertragen, der bereits über viele Kontakte zu ehemaligen Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen verfügt. Vorsitzender ist Dr. Hartmut Müller, Leiter des Staatsarchivs. Der Verein erinnert mit seinem Namen an einen 16-jährigen polnischen Jungen, der 1941 als Landarbeiter nach Bremen kam. Weil er Heimweh hatte, zündete er die Scheune seines Arbeitgebers an und hoffte, dann nach Hause geschickt zu werden. Statt dessen aber wurde er am 25. August 1942 zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Aus früheren Unterlagen geht hervor, dass im September 1944 in zahlreichen großen und kleinen Lagern in Bremen 38 567 ausländische Arbeiter und Arbeiterinnen lebten, davon 14 486 Ostarbeiter/innen. Nicht berücksichtigt sind bei diesen Zahlen, die in der Landwirtschaft, beim Handwerk, in kleinen Betrieben und in Privathaushalten eingesetzten Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen. Nach vorsichtigen Schätzungen waren während des Zweiten Weltkriegs rund 75 000 Menschen zur Zwangsarbeit in Bremen gezwungen.