14.06.2005
Finanzsenator Dr. Nußbaum legt Sanierungsbericht 2004 vor: „Bremen kann Einnahmeverluste nicht durch eigene Anstrengungen ausgleichen und benötigt weitere Bundeshilfen“
Aus der heutigen Senatssitzung (14.6.2005):
Bereits zum elften Mal wird die Freie Hansestadt Bremen Ende des Monats dem Finanzplanungsrat einen Jahresbericht zur Sanierung der Haushalte des Landes vorlegen. Dem im Ressort von Finanzsenator Dr. Ulrich Nußbaum vorbereiteten Sanierungsbericht 2004 stimmte der Senat in seiner heutigen Sitzung (14.6.2005) zu. Viele Aussagen und Fakten werden dem hochrangigen Gremium, das im Wesentlichen aus den Finanzministerien des Bundes und der Länder gebildet wird, dabei bekannt vorkommen: Bremen stellt nach den Worten von Finanzsenator Dr. Nußbaum auch in seinem Sanierungsbericht 2004 fest, dass alle Verpflichtungen, die mit den Sanierungshilfen des Bundes verbunden waren, uneingeschränkt eingehalten wurden:
o Die Sanierungsbeträge, die im Berichtsjahr noch 358 Mio. Euro betrugen, wurden ordnungsgemäß zur Schuldentilgung verwendet, reichten allerdings zur Deckung des gesamten Finanzierungsdefizits der Haushalte von knapp 1,25 Mrd. Euro und damit zur Vermeidung einer weiteren Neuverschuldung nicht aus.
o Die von Bremen verlangte besondere Ausgabendisziplin wurde auch im Vorjahr mit Ausgabenzuwachsraten von 0,3 % (insgesamt) und 0,1 % (konsumtiv), die unter den für Bremen verbindlichen Empfehlungen des Finanzplanungsrates und auch unter den vergleichbaren Quoten der übrigen Länder und Gemeinden im westlichen Bundesgebiet zurückblieben, nachhaltig bewiesen.
o Bei wesentlichen ökonomischen und fiskalischen Kennzahlen konnte zumindest eine parallele Entwicklung zum übrigen Bundesgebiet, zum Teil sogar eine Annäherung erreicht werden.
Aber auch die Darstellung einer anderen Entwicklung stellt im aktuellen Sanierungsbericht des Senators für Finanzen, der heute im Senat beraten wurde, kein Novum dar: Auch im letzten Jahr fiel die Einnahmeentwicklung des Landes – ohne einmalige Veräußerungserlöse und Gewinne aus Beteiligungen – wiederum so wenig dynamisch aus, dass wesentliche Beiträge zur Minderung der Haushaltsdefizite damit nicht geleistet werden konnten.
Die originären Steuereinnahmen des Landes konnten der deutlichen Zunahme im übrigen wesentlichen Bundesgebiet nicht hinreichend folgen. Die bremischen Einnahmen im bundesstaatlichen Finanzausgleich wiesen nämlich erneut eine sinkende Tendenz auf und erreichten – mit Ausnahme des Jahres 1997 – den niedrigsten Wert seit 1991.
Der Sanierungsbericht 2004, der zugleich eine Art Gesamtbilanz des Sanierungszeitraumes 1994/2004 darstellt, beinhaltet allerdings auch grundsätzliche Aussagen, die für die zukünftige Entwicklung der bremischen Haushalte von entscheidender Bedeutung sind. Finanzsenator Dr. Ulrich Nußbaum: „ Trotz der Hilfen des Bundes ist die Befreiung der Freien Hansestadt Bremen aus der extremen Haushaltsnotlage noch nicht abgeschlossen. Wir haben weit über die erteilten Auflagen hinausgehende erhebliche Eigenanstrengungen unternommen. Aber aufgrund der dramatisch verschlechterten Rahmenbedingungen bestanden für das Land auch keine wirklichen Chancen, Bremen aus dieser Notlage zu befreien“ .
Anhand der vom Bundesverfassungsgericht ausgewählten Indikatoren belegt der Bericht – so der Finanzsenator - die nach wie vor dramatische Haushaltslage des Landes und nennt die hierfür entscheidenden Ursachen:
„Stagnierende oder sogar weggebrochene Einnahmen, die zu massiven Finanzierungslücken gegenüber den ursprünglichen Erwartungen geführt haben, konnten durch noch stärkere Ausgabenbegrenzungen nicht ansatzweise ausgeglichen werden. Der Schuldenstand und die daraus resultierenden, die Handlungsfähigkeit des Landes nahezu komplett einschränkenden Vorbelastungen bei den Zinsausgaben konnten noch nicht entscheidend verringert werden.“
Warum ein erfolgreicher Abschluss der bremischen Haushaltssanierung bisher ausschließlich an der Einnahmeentwicklung scheitern musste, verdeutlichen nach Mitteilung von Senator Dr. Nußbaum folgende Relationen: „Die nach bundesstaatlichen Finanzausgleich in den bremischen Kassen verbleibenden Steuereinnahmen erreichten im Haushaltsjahr 2004 noch nicht einmal das Niveau des Jahres 1992“. Gegenüber Modellrechnungen, die das Bundesfinanzministerium im Jahre 1998 angestellt hatte, fehlten Bremen im Vorjahr schon wieder allein 690 Mio. Euro und damit rund 60 Mio. Euro mehr als zur Vorlage eines verfassungskonformen Haushaltes erforderlich gewesen wären.
Der Sanierungsbericht von Senator Dr. Nußbaum nennt auch die Ursachen für das Scheitern der Haushaltssanierung an der Einnahmeentwicklung: „Das völlige Verfehlen der Zielwerte sowohl im ersten als auch im Fortsetzungszeitraum der Sanierung beruht auf Entwicklungen (Einwohner, Arbeitsplätze), deren Wirkungen über die Mechanismen der Steuerverteilung sowie der bundesstaatlichen Finanzverteilung erheblich verstärkt und von einer durch Konjunktureffekte und Steuerrechtsänderungen beeinflussten Bundesentwicklung flankiert werden.“
Den anhaltenden Einnahmeprobleme konnte von Bremen nicht entscheidend gegen gesteuert werden. Nachdrücklich verweist der Sanierungsbericht darauf, dass bei den laufenden Ausgaben (Personal, Sozialhilfe, sonstige konsumtive Ausgaben) die Einsparpotenziale weitgehend ausgeschöpft wurden. Und bei den Investitionsausgaben sei zu berücksichtigen, dass ein Verzicht auf die für Bremens längerfristige Entwicklung dringend notwendigen besonderen Investitionsanstrengungen aufgrund deren hoher regionalwirtschaftlicher Bedeutung nur marginale Beiträge zur Minderung der Haushaltsdefizite zu leisten gewesen wären. Der Senator: „Bremen ist damit im bisherigen Sanierungszeitraum – von kleineren Handlungsoptionen abgesehen – praktisch ohne Chance gewesen, Verbesserungen der Haushaltslage durch eigene Entscheidungen herbeizuführen“.
Senator Dr. Ulrich Nußbaum wird dem Finanzplanungsrat am 30. Juni in Berlin demnach berichten müssen, dass der Stadtstaat nach wie vor und nachweisbar nicht selbst verschuldet in einer extremen Haushaltsnotlage steckt: „Modellrechnungen belegen eindeutig, dass eine Befreiung des Landes aus dieser Notlage auch in der Zukunft aus eigener Kraft nicht zu erreichen sein wird“. Auch weitere massive Eigenanstrengungen, die die Freie Hansestadt Bremen bei den konsumtiven und investiven Ausgaben – und mit ebenfalls stark eingeschränktem Gestaltungsspielraum auf der Einnahmeseite – selbstverständlich unternehmen müsse und werde, könnten eine weitere dramatische Verschlechterung der Haushaltslage allein nicht verhindern.
„Das Land Bremen ist daher auf weitere Hilfen des Bundes in hohem Maße angewiesen“, stellte Senator Dr. Nußbaum fest. Für die Zukunft des Landes – so das zentrale Anliegen des Sanierungsberichtes 2004 – sei es daher ausgesprochen wichtig, die Dringlichkeit dieser externen Hilfen und die Notwendigkeit kurzfristigen Handelns dem Finanzplanungsrat deutlich vor Augen zu führen und anschließend möglichst sofort in entsprechende Verhandlungen einzusteigen.