23.04.2002
Aus der heutigen Senatssitzung (23.4.2002):
Der Senator für Finanzen hat heute (23.4.2002) dem Senat den Jahresbericht 2001 des Finanz-Controllings vorgelegt. Er enthält neben dem abgeschlossenen Haushalt 2001 für nahezu alle Konjunkturdaten Jahresergebnisse und läßt damit eine erste Gesamtübersicht über die wirtschaftliche und haushaltsmäßige Entwicklung des Vorjahres zu.
„Dabei geht es uns um eine realistische Bestandsaufnahme ohne Schönfärberei. Die vorliegenden Strukturdaten lassen den Schluss zu, daß die Sanierungspolitik nachweislich greift und den Menschen in Bremen und Bremerhaven wieder gute Perspektiven bietet. Die auf breiter Front positiven Ergebnisse machen Mut, den Weg des „Sparens und Investierens“ entschlossen und optimistisch weiterzugehen“, erklärte Finanzsenator Hartmut Perschau.
„Das oberste Ziel des Senats, die Überwindung der extremen Haushaltsnotlage, kann nur durch das Aufholen des wirtschaftlichen Rückstands gelingen. Hierzu ist festzustellen, dass sich das Bundesland Bremen mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,0 Prozent gegenüber dem Bundesdurchschnitt mit 0,6 Prozent im Jahr 2001 wieder in der Spitzengruppe der Bundesländer etabliert hat“, so Senator Perschau. Erfreuliches Ergebnis dieses Wachstums ist auch der damit einhergehende Abbau der Arbeitslosenzahl um 1.150 Personen. Bremen verringerte damit seine jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote um 0,6 Prozent-Punkte auf jetzt 13,6 Prozent, während die Quote bundesweit nur um 0,4 Prozent reduziert werden konnte.
Auch die Zahl der Erwerbstätigen stieg um 1.700 Personen. Im verarbeitenden Gewerbe wurde trotz des ohnehin hohen Niveaus nochmals ein Zuwachs von 8,3 Prozent erzielt. Gleiches gilt auch für die bremischen Häfen: Mit einer Zunahme von 2,6 Prozent wurde ein neuer Umschlagrekord erzielt, der wesentlich durch den weiterhin sehr robusten Containerverkehr mit einem Anstieg von 6,5 Prozent bewirkt wurde.
Diese Daten belegen eindeutig den von Bremen erfolgreich fortgesetzten Aufholprozess. Daß es sich hier nicht um kurzfristige Einmaleffekte handelt, belegen die Aussichten der bremischen Wirtschaft: Der von der Handelskammer ermittelte Klimaindikator weist seit dem 4. Quartal 1999 durchweg positivere Werte als im Bundesdurchschnitt aus – zuletzt sogar mit einem neuen Spitzenwert. Ebenfalls sehr hoch und gegenüber dem Bundesvergleich überdurchschnittlich sind die Auftragseingänge. Die berechtigte Zuversicht der bremischen Wirtschaft drückt sich auch in einer vom Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) bundesweit durchgeführten Unternehmensbefragung aus: „Mit Blick auf die Veränderung der Situation in den letzten drei Jahren erhält der Bezirk der HK Bremen von seinen Unternehmen die beste Bewertung.“ Als wesentlicher Grund wird die Vielzahl der zukunftsorientierten Investitionen bei gleichzeitiger Rückführung der konsumtiven öffentlichen Ausgaben angeführt.
Trendwende bei der Einwohnerentwicklung stabilisiert sich
Die positive Entwicklung der bremischen Wirtschaft bewegt wiederum immer mehr Menschen, sich auch in Bremen niederzulassen. Die anfänglich noch vorsichtig zu bewertende Trendwende bei der Einwohnerentwicklung hat sich nunmehr verfestigt: In neun der letzten elf erfassten Monate bis einschließlich Juli 2001 verzeichnete die Stadt Bremen kontinuierlich Wanderungsgewinne – bedingt durch hohe Fern-Zuwanderungen und abnehmende Umland-Abwanderungen.
In den ersten sieben Monaten des Jahres 2001 stieg die Zahl der Zuwanderungen auf knapp 13.500 und damit im Vorjahresvergleich um über 1.300 (+ 10,8 Prozent), während sich die Fortzüge gleichzeitig auf 12.100, das heißt um 300 (-2,4 Prozent) verringerten. Bremen hat damit insgesamt (einschließlich der demographisch bedingten Verluste („Sterbeüberschüsse“; Januar bis Juli 2000: - 400 Einwohner)) Bevölkerung hinzugewonnen. Anfang April 2001 stieg die Zahl der Einwohner der Stadt Bremen erstmals seit über einem Jahr wieder auf über 540.000. Anfang August, dem aktuellsten verfügbaren Berechnungsstand, hatte sich die Bevölkerungszahl gegenüber dem Vorjahr um 760 erhöht.
Auch in Bremerhaven waren im Mai/Juni 2001 erstmals wieder positive Wanderungssalden zu verzeichnen. Aufgrund der insgesamt noch unzureichenden Wanderungsbilanz und anhaltender Verluste bei der natürlichen Bevölkerungsentwicklung lag die Einwohnerzahl der Seestadt Anfang August 2001 allerdings noch um 1,1 Prozent unter dem Vorjahresniveau.
Eigenbeitrag zur Sanierung voll erbracht
Bremen hat den vom ihm erwarteten Eigenbeitrag zur Sanierung voll erbracht und die Sanierungsauflagen übererfüllt: Durch konsequenten Sparwillen konnten die konsumtiven Gesamtausgaben auf einen Zuwachs von 0,7 Prozent begrenzt werden – erlaubt waren immerhin 1,5 Prozent, die übrigen Länder und Gemeinden des westlichen Bundesgebietes leisteten sich hier einen Anstieg um 2,7 Prozent. Hierbei ist besonders hervorzuheben, dass die Zuwächse bei den Personalausgaben (+1,2 Prozent) und den Sozialleistungsausgaben (+1 Prozent) durch den Rückgang der sonstigen konsumtiven Mittel in Höhe von -2,4 Prozent kompensiert werden konnten.
Auch die Zuwachsrate für die Gesamtausgaben wurde mit 1,8 Prozent bei zulässigen 2,0 Prozent unterschritten. Besonders deutlich werden die Sparanstrengungen Bremens beim Vergleich mit den übrigen westdeutschen Ländern und Gemeinden, die einen durchschnittlichen Ausgabenanstieg von 3,2 Prozent zu verzeichnen hatten.
Ebenso erfreulich stieg die Investitionsquote für den Stadtstaat mit 16,1 Prozent auf den höchsten Stand seit 20 Jahren. Diese strukturelle Verbesserung des Haushalts wird nicht nur beim DIHK, sondern in der gesamten Fachwelt sehr aufmerksam und wohlwollend zur Kenntnis genommen, weil sie die unabdingbare Voraussetzung für eine nachhaltige Konsolidierung der bremischen Haushalte bildet.
Die Probleme der bremischen Haushaltsentwicklung lagen auch 2001 auf der Einnahmenseite. Die weiterhin bestehenden Verteilungsverluste (Lohnsteuerzerlegung), das Inkrafttreten der ersten Stufe der im Jahr 2000 beschlossenen Einkommens- und Unternehmensteuerreform sowie konjunkturelle Abschwächungstendenzen ließen die originären Steuereinnahmen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Dies führte im Saldo zu steuerabhängigen Mindereinnahmen von 15 Millionen DM (7,7 Millionen €) gegenüber dem Vorjahr oder von 249 Millionen DM (127 Millionen €) gegenüber dem Anschlag. Die im Rahmen der Steuerreform 2000 erfolgte Zusage der Bundesregierung, wonach die steuerrechtsbedingten Einnahmeausfälle (bisher 380 Millionen DM oder 194 Millionen €) durch den Bund auszugleichen sind, wurden in dieser Berechnung noch nicht berücksichtigt. Spätestens mit dem Inkrafttreten der letzten Stufe der Steuerreform und dem Wegfall der bisherigen Regelungen innerhalb des Länderfinanzausgleichs im Jahr 2005 muss die verbindlich zugesagte Kompensation des Bundes erfolgt sein.
Die massiven - von der Freien Hansestadt Bremen nicht zu vertretenden - Steuermindereinnahmen sowie der dadurch bedingte Rückgang der Deckungsquote und der Anstieg der Zins-Steuer-Quote ist durch die genannten Kompensationsverpflichtungen des Bundes (aus den Zusagen im Zusammenhang mit der Steuerreform des Jahres 2000) zu relativieren. Dennoch bleibt die Freie Hansestadt Bremen weiterhin gefordert, seine Sanierungsanstrengungen durch eine stetige Verbesserung der Haushaltsstruktur unvermindert fortzusetzen.
Im Ergebnis ist festzustellen: Die wirtschaftspolitischen und konjunkturellen Strukturdaten sind außergewöhnlich positiv. Die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Einwohnerzahlen sind wichtige Belege dafür, dass die Sanierungspolitik wirkt. Gleichzeitig müssen weiterhin alle Anstrengungen unternommen werden, die Sanierung der bremischen Staatsfinanzen voranzutreiben um 2005 einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen zu können.