13.07.2001
Es gilt das gesprochene Wort!
Mit der heutigen Zustimmung zum Maßstäbegesetz und der Abstimmung über einen dem Bundesrat vorliegenden Entschließungsantrag zur Fortführung des Solidarpaktes und zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs haben wir eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zurückgelegt. Die Verhandlungen waren in den vergangenen Wochen und Monaten durch harte und oftmals sehr kontroverse Verhandlungen gekennzeichnet. Das jetzt vorliegende Ergebnis ist im wesentlichen auf die politische Verständigung zurückzuführen, die wir am 21./22. Juni 2001 erreicht haben. Das föderale Prinzip des Grundgesetzes hat mit diesem Kompromiss einmal mehr seine Existenzberechtigung und seine Funktionstüchtigkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Damit stehen nunmehr die Maßstäbe für den bundesstaatlichen Finanzausgleich bis zum Jahr 2020 und die Elemente des noch zu beschließenden Finanzausgleichsgesetzes fest. Die verabredete Lösung stellt auch einen guten Kompromiss dar, denn:
Mit jedem Kompromiss geht aber einher, dass alle an ihm Beteiligen im Verlauf des Einigungsprozesses Zugeständnisse gemacht haben, um zu einem tragfähigen Ergebnis zu gelangen. Dies gilt auch für die Freie Hansestadt Bremen.
Nach Auffassung der Freien Hansestadt Bremen hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 11. November 1999 die Abgeltung von Seehafenlasten im System des Länderfinanzausgleichs im engeren Sinn in keiner Weise in Frage gestellt, sondern dem Gesetzgeber lediglich aufgegeben, ihre Abzugsfähigkeit neu zu begründen. Wir sind diesem Auftrag nachgekommen. Gleichwohl haben wir unbeschadet unserer Rechtsauffassung zugestimmt, dass die Abgeltung von Seehafenlasten keiner Regelung im Maßstäbegesetz zugeführt wurde, sondern künftig zu einem Teil außerhalb des Systems des Länderfinanzausgleichs durch die Ländergesamtheit erfolgt.
Mit dem gefundenen Kompromiss ist das Ausgleichselement des Umsatzsteuervorwegausgleichs in einem erheblichen Umfang intensiviert worden, um das Volumen im eigentlichen Länderfinanzausgleich durch eine Tarifabsenkung verringern zu können. Im Interesse der Schaffung eines ökonomisch transparenten und wirklich einfachen Finanzausgleichssystems, wäre es aus Sicht der Freien Hansestadt Bremen wünschenswert gewesen, die Ausgleichszahlungen unter den Ländern auf einer Systemstufe zu konzentrieren. Im Interesse eines Gesamtkompromisses waren wir auch hier zu Zugeständnissen bereit.
Nur eines ist aber auch klar: Wenn mich künftig jemand fragt, wie viel Zuweisungen die Freie Hansestadt Bremen aus dem Länderfinanzausgleich erhält, werde ich selbstverständlich das abziehen, was Bremen durch die Neuregelung des Umsatzsteuervorwegausgleichs verliert und das ist nach den Modellrechnungen für das Jahr 2005 immerhin ein Betrag von rund 230 Mio.DM.
Das Grundgesetz ist von dem Prinzip des kooperativen Föderalismus geprägt. Der in der letzten Zeit intensiv diskutierte Begriff des Wettbewerbsföderalismus ist gemessen daran ein eher wesensfremdes Element. Die Freie Hansestadt Bremen hat, weil sie den Wettbewerb nicht scheut, der Aufnahme eines Prämiensystems in den künftigen Länderfinanzausgleich zugestimmt. In ihm liegen Chancen, aber auch Risiken. Chancen, weil sie den finanzschwachen Ländern genauso wie den finanzstarken Ländern die Möglichkeit auf eine Prämie eröffnet, und zwar ohne dass das Niveau der Finanzausstattung abgesenkt wurde. Gefahren, weil eine allzu heftige politische Instrumentalisierung der Liste der jährlichen Prämiengewinner durchaus Diskussionen über das Zustandekommen entstehen lassen kann. Wir sollten daher, wenn wir wirklich auf dem Weg eines föderalen Wettbewerbs weitergehen wollen, dieses Element und die daraus gewonnenen Ergebnisse zu gegebener Zeit einer vorurteilslosen Prüfung zuführen.
Ich will Ihre Aufmerksamkeit damit auf einen Punkt lenken, der in der zurückliegenden Diskussion oftmals zurückstehen musste. Es geht um den gesamten Bereich der Steuererhebung und -verteilung, also um das, was vor dem eigentlichen Länderfinanzausgleich geschieht.
Ich weiß, dass auch vielen Kollegen ein Thema großes Missbehagen bereitet - nämlich der gegenwärtig unzureichende Zusammenhang zwischen dem was in einem Land erwirtschaftet wird und dem was in einem Land an Steuern vereinnahmt wird. Ich möchte deshalb schon an dieser Stelle einige Fragen stellen, die wir zu gegebener Zeit ganz unvoreingenommen durchdenken sollten:
- Wird unser gesamtes System der Steuerzuordnung den veränderten Rahmenbedingungen einer globalisierten Wirtschaft wirklich noch gerecht?
- Darf und kann einem Land ein finanzpolitischer Malus dafür angerechnet werden, dass ein Unternehmen beispielsweise seine Organisationsstruktur optimiert und so die Steuern in einem anderen Bundesland anfallen, ohne dass an den wirtschaftlichen Aktivitäten in den jeweiligen Ländern sich etwas geändert hat?
- Ist es nicht erforderlich zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten und der Steuerkraft einen Zusammenhang herzustellen, der den veränderten Rahmenbedingungen unserer Volkswirtschaft gerecht wird?
- Ist dies nicht sogar die zwingende Voraussetzung für eine sachgemäße und realitätsnahe Zurechnung von Erfolgen in der Wirtschaftspolitik eines Landes und damit neben gleichen Startchancen unabdingbare Voraussetzung für einen wahrhaft fairen Wettbewerb der Länder untereinander?
Im Ergebnis bleibt es aber dabei: der heutige Tag ist ein guter Tag für den Föderalismus in unserem Land. Lassen Sie uns nun alles daransetzen, die heute beschlossenen Maßstäbe zügig gemäß dem Wortlaut und dem Sinn der Verständigung der Ministerpräsidenten umzusetzen.