Nach der grundsätzlichen Zustimmung des Beirats Mitte zur Einrichtung eines Übergangswohnheims an der Eduard Grunow-Straße 30 nimmt die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen die abschließenden Vertragsverhandlungen zur Anmietung der Immobilie auf. „Wir hoffen, dass im Februar 2013 die ersten der bis zu 60 Flüchtlinge ihre Zimmer beziehen können“, sagte Staatsrat Horst Frehe. Genauer wird der Termin vermutlich erst in den nächsten Tagen nach Gesprächen mit dem zuständigen Architekten feststehen. Die Bauarbeiten waren unterbrochen worden, um die Beschlüsse des Beirats Mitte abzuwarten, der am Montagabend (19.11.2012) getagt hat.
Zeitgleich wird jetzt ein Wohlfahrtsverband als Träger für den Betrieb der Einrichtung gesucht. Die Betreuung der Flüchtlinge soll rund um die Uhr durch drei interkulturell geschulte Personen sichergestellt sein. Neben einer sozialpädagogischen Fachkraft ist ein Hausmeister sowie ein Concierge-Dienst für die Nachtstunden und die Wochenenden vorgesehen. Zudem haben bei der Beiratssitzung am Montagabend im Concordia-Theater Vertreterinnen und Vertreter mehrerer Einrichtungen aus dem Bereich der sozialen Arbeit ihre Unterstützungsangebote bekräftigt, darunter das Frauen-Kultur- und Bildungszentrum Belladonna sowie das Lagerhaus Schildstraße.
„Ich freue mich, dass der Stadtteil bereit ist, seinen Teil der Verantwortung für die Integration von Flüchtlingen zu übernehmen“, sagte Horst Frehe weiter. Das habe der Beirat am Montagabend nach einer sehr offen geführten Diskussion mit Anwohnern und Stadtteilpolitikern sehr deutlich gemacht. „Dafür bin ich außerordentlich dankbar“, sagte Frehe und fügte hinzu: „Die Menschen, die wir hier aufnehmen, sind wegen politischer Verfolgung, Krieg und bitterster Not aus ihrer Heimat geflohen.“ Er erinnerte weiter daran, dass der Anspruch auf Asyl ein in der Verfassung verankertes Grundrecht ist: „In Artikel 16 a heißt es: Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“; und ergänzte: „Ich bin froh, dass wir jetzt die Bedingungen verbessern können, unter denen wir Zuflucht gewähren.“
Dabei räumte der Staatsrat ein, dass die Koalition im Mai 2011 mit dem Anspruch angetreten sei, die Zahl der Übergangseinrichtungen zu verringern. „Wir haben es jetzt aber mit geänderten Realitäten zu tun, die wir nicht ignorieren können.“ Der Bundesgesetzgeber verpflichte zudem die Länder, Flüchtlinge zunächst in einer zentralen Anlaufstelle aufzunehmen, und sie anschließend in Übergangseinrichtungen zu betreuen. So wird unter anderem sichergestellt, dass Asylbewerber in die Lage versetzt werden, ihren Asylantrag zu stellen und die notwendigen Schritte im Umgang mit den Behörden einleiten. Erst nach einer gewissen Verweildauer ist Asylbewerbern der Umzug in eine Wohnung zu ermöglichen. Horst Frehe: „Die rot-grüne Landesregierung hat im vergangenen Jahr die Aufenthaltspflicht für Flüchtlinge in Übergangseinrichtungen deutlich verkürzt – von ursprünglich 36 Monaten auf jetzt zwölf. Eine weitere Absenkung streben wir an. Das entspricht unserem Ziel, Flüchtlinge früher in die Gesellschaft zu integrieren.“
So konnten in den zurückliegenden zwölf Monaten 241 Flüchtlinge aus einer Übergangseinrichtung in eine eigene Wohnung umziehen, in den zwölf Monaten davor waren es 173. Möglich wurde das unter anderem, weil die Stadtgemeinde Bremen jetzt für Menschen, die gemäß Asylbewerberleistungsgesetz unterstützt werden, nicht nur die Miete übernimmt, sondern auch die Mietsicherheit (Kaution). Außerdem stellt die Stadt Wohnberechtigungsscheine aus, die den Bezug von Sozialwohnungen möglich machen. Horst Frehe: „Wir halten an dem Ziel fest, Menschen möglichst früh den Umzug aus einer Übergangseinrichtung in ganz normalen Wohnraum zu ermöglichen.“
Die Stadtgemeinde Bremen hält derzeit vier Übergangswohneinrichtungen mit insgesamt 490 Plätzen vor, 110 weitere Plätze stellt das Land Bremen in der Zentrale Aufnahmeeinrichtung vor. Die Einrichtung an der Eduard-Grunow-Straße mit 55 bis 60 Plätzen in 32 Zimmern ist damit das fünfte Übergangswohnheim in Bremen. Derzeit läuft eine Kernsanierung. Die meisten Zimmer auf den vier Etagen sind mit eigenen Küchen eingerichtet, für die Zimmer ohne eigene Küche werden Gemeinschaftsküchen eingebaut. Zudem gibt es Gemeinschaftsräume. Erstmals in einem Bremer Übergangswohnheim barrierefreie Zimmer für Flüchtlinge mit körperlichen Beeinträchtigungen eingerichtet. Die Anmietung der Immobilie ist auf zehn Jahre angelegt.
Das Land Bremen nimmt rund 0,95 Prozent aller Asylsuchenden in Deutschland auf. Das entspricht dem Bevölkerungsanteil Bremens an der Bundesrepublik. Im Durchschnitt der Jahre 2010 und 2011 haben pro Monat etwa 30 Flüchtlinge einen Asylantrag im Land Bremen gestellt, im Oktober 2012 waren es 88. Nach Prognosen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ist nicht zu erwarten, dass diese Zahlen in absehbarer Zeit zurückgehen. Hauptherkunftsländer der Flüchtlinge sind Syrien, Afghanistan, Irak, Iran und Pakistan. Seit September kommen zudem viele Antragsteller aus den westlichen Balkanländern wie Serbien und Montenegro, überwiegend Roma, die in ihren Herkunftsländern diskriminiert und verfolgt werden.