Wohn- und Betreuungsaufsicht setzt neue Frist bis Donnerstag
04.12.2015Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts zur unverzüglichen Schließung der Residenz Kirchhuchting hat die Wohn- und Bereuungsaufsicht (WBA) dem Betreiber eine neue Frist gesetzt. Sie läuft am Donnerstag kommender Woche (10. Dezember 2015) aus. Bis dahin berät die WBA Bewohner, Angehörige sowie rechtliche Betreuer und unterstützt bei der Suche nach freien Plätzen in anderen Einrichtungen. Der Träger wollte die Residenz bis zu einer Gerichtsentscheidung in der Hauptsache fortführen und hatte sich deshalb in einem Eilverfahren gegen die sofortige Schließung gewehrt. Das Gericht hat den Antrag heute (4. Dezember 2015) abgelehnt.
"Der Träger bleibt nach dem Gerichtsbeschluss aufgefordert, die Schließung der Einrichtung unverzüglich eizuleiten", sagte Sozialsenatorin Anja Stahmann. Gleichwohl solle der Umzug der Würde der beteiligten Personen Rechnung tragen. "Bewohner und Angehörige müssen daher nach dem Beschluss die Möglichkeit haben, eine passende Alternativeinrichtung zu besichtigen und auszuwählen", so die Senatorin weiter. Um das sicherzustellen, habe die Wohn- und Betreuungsaufsicht die Räumungsfrist bis zum 10. Dezember eingeräumt. Alternative wäre eine sofortige Zwangsräumung mit Unterstützung der Polizei gewesen. "Das wollen wir natürlich vermeiden."
Die Verantwortung für die Schließung liegt beim Träger der Einrichtung, die Wohn- und Betreuungsaufsicht wird aber wieder zur Beratung in der Einrichtung zur Verfügung stehen, und zwar Sonnabend und Sonntag (5. und 6. Dezember) von 15 bis 17 Uhr. Montag bis Mittwoch wird die Beratung der WBA in der Einrichtung von 9 bis 18 Uhr ausgeweitet, außerdem steht sie dann auch telefonisch zur Verfügung (Telefon: 0421/361-16181 oder 0421/361-59234).
Das Gericht hatte nach Prüfung des Sachverhalts festgestellt, dass die "gesetzlichen Voraussetzungen für eine Untersagungsverfügung" erfüllt seien. Es sei "mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" davon auszugehen, dass die gesetzlichen Standards zum Betrieb einer Pflegeinrichtung "in wesentlichen Punkten nicht eingehalten werden und deshalb von einer unmittelbaren und gravierenden Gefährdung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner auszugehen" sei. Es habe sich gezeigt, dass es dem Träger "trotz eines Aufnahmestopps im Juli 2015, eines zwischenzeitlich entstandenen Personalüberhanges", trotz anlassbezogener Prüfungen und mehreren Anordnungen "nicht gelungen ist, diese Defizite abzustellen".
Zu den Defiziten zählt nach dem Beschluss des Gerichts wiederholt beanstandete Wartezeiten nach Notrufen von bis zu 110 Minuten; es habe nicht festgestellt werden können, dass der Träger "diesen für die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner lebenswichtigen Aspekt in den Griff bekommen" habe. Das Urteil nennt unter anderem auch Probleme fehlerhafter Medikamentenabgabe in fast allen überprüften Fällen, fehlender Pflegeplanung nach Entlassung aus einer Klinik, unzureichender Thromboseprophylaxe, "bis hin zur Möglichkeit einer lebensbedrohlichen Embolie", fehlender systematischer Schmerzeinschätzung und unzureichender Wundversorgung.
Die Verfügung der Wohn- und Betreuungsaufsicht zur Betriebsuntersagung sei auch deshalb nicht unverhältnismäßig, "weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Gefährdung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner wirksam ... abgewendet werden kann", heißt es in dem Gerichtsbeschluss weiter.
Richtschnur für das Handeln der Wohn- und Betreuungsaufsicht sei "der effektive Schutz der Bewohner von Einrichtungen". Dazu zählten insbesondere der Schutz der Grundrechte auf ein menschenwürdiges Dasein, körperliche Unversehrtheit und der Unverletzlichkeit der Freiheit der Person. "Deshalb kann auch nicht länger zugewartet werden, ob die durch die neue Heimleitung und das Qualitätsmanagement eingeleiteten Reformprozesse in Zukunft tragen werden. Insbesondere unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sind die Mängel so gravierend, dass eine sofortige Schließung der Einrichtung geboten ist."