Die Anforderungen in der Pflege steigen, genau wie die Ansprüche an die Dokumentation. Um die Belastungen für die Beschäftigten durch Bürokratie zu vermindern und auf diese Weise mehr Zeit für die Pflege zu gewinnen, sollen erhebliche Vereinfachungen in der Pflegedokumentation eingeführt werden, ohne deren Qualität zu beeinträchtigen. "Effizienzsteigerung der Pflegedokumentation in der ambulanten und stationären Langzeitpflege": Das ist die Bezeichnung des entsprechenden Projekts, das mit den ersten Schulungen jetzt angelaufen ist.
"Eine sorgfältige Dokumentation in der Pflege ist unverzichtbar, wenn wir uns nicht von Qualitätsstandards verabschieden wollen", sagte Sozialsenatorin Anja Stahmann. "Aber jede Erleichterung in der Bürokratie wird am Ende den Pflegebedürftigen zu Gute kommen. Ich bin überzeugt, dass wir uns mit diesem Projekt auf einen guten Weg machen." Die Vereinfachungen seien "dringend erforderlich, weil die Dokumentation die Arbeitsbedingungen, Arbeitsmotivation und Arbeitszeit der Beschäftigten bestimmt und damit auch erheblichen Einfluss auf die Attraktivität des Berufsfeldes hat".
Ziel ist es unter anderem, ein bundesweit einheitliches Dokumentationsprinzip einzuführen. Dessen Grundprinzip ruht auf zwei wesentlichen Säulen: "Einerseits werden ausschließlich genau definierte, fachlich und rechtlich erforderliche Daten erhoben", erläuterte Hannelore Bitter-Wirtz, Geschäftsführerin des Kooperationsgremiums zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation in Bremen und Vertreterin des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). "Andererseits wird nicht mehr jede pflegerische Maßnahme festgehalten, der Fokus wird stattdessen auf Abweichung vom Regelfall gerichtet." So würden Routinetätigkeiten ("Flüssigkeit geben") nicht mehr notiert, aber Tätigkeiten, die hinsichtlich Grundpflege und Betreuung von der Pflegeplanung abweichen.
Ein wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt in fünf Testregionen hat inzwischen gezeigt: Das veränderte Dokumentationskonzept kann fast die Hälfte des Aufwandes für die Erfassung der Daten einsparen und ein Drittel des Aufwandes für das Zusammenstellen der Daten. Sogar der Aufwand für Gespräche bei der Übergabe und mit externen Dienstleistungen vermindert sich, wenn auch in geringerem Umfang.
"Die Schulungen in Bremen haben inzwischen begonnen, in den Jahren 2015 und 2016 soll das neue Konzept in der Praxis umgesetzt werden", sagte Martina Kleine Bornhorst, Vorsitzende des Kooperationsgremiums zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation in Bremen und Vertreterin der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG). "Zunächst sollen sich rund ein Viertel aller Einrichtungen und Dienste im Land freiwillig beteiligen." Das Kooperationsgremium, dem sie vorsitzt, berät dabei die Träger und identifiziert Handlungsbedarfe sowie Schulungserfordernisse.
Bedarf an Unterstützung bei der Einführung des neuen Instruments wird erwartet: "Die Pflegekräfte müssen komplett umdenken", sagt Martina Timmer, Leiterin der Wohn- und Betreuungsaufsicht bei der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen in Bremen. "Aber die Mühe wird sich auszahlen."
Derzeit gibt es im Land Bremen rund 270 Einrichtungen der Altenpflege: über 100 ambulante, 106 stationäre Pflegeeinrichtungen und mindestens 65 Pflegewohngemeinschaften und Tagespflegen. 25 Prozent der Einrichtungen sollen das neue Dokumentationsprinzip einführen, 24 stationäre und 27 ambulante. Dabei sind Einrichtungen von LAG und bpa jeweils zur Hälfte vertreten.
Nach der aktuellsten Pflegestatistik (2013) leben im Land Bremen derzeit 22.564 pflegebedürftige Menschen, davon 6.281 in Heimen. Die Zahl der Beschäftigten in der Pflege wird dort bei ambulanten Diensten mit 4.009 angegeben (davon 1.959 Pflegefachkräfte), in Heimen arbeiten danach 5.559 Beschäftigte (davon 2.241 Pflegefachkräfte).
Foto: Pressereferat der Senatorin