Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2025 fasst mehrere wichtige Beschlüsse
27.11.2025Am Mittwoch und Donnerstag (26. / 27. November 2025) fand in München die 102. Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder (ASMK) statt. Auf der Agenda standen auch Themen des Arbeitsschutzes und der Pflege. Dazu hatte Bremen mehrere Anträge miteingebracht, etwa zur geschlechtergerechten Erforschung und Bewertung von Berufskrankheiten, zur Arbeitszeitdokumentation und zum Jugendarbeitsschutzgesetz.
Bisherige Daten erwecken den Eindruck, dass Frauen bestimmte Berufskrankheiten seltener anzeigen und diese auch seltener als Männer anerkannt bekommen. Es ist naheliegend, dass dies weniger an den geringeren gesundheitlichen Risiken typischer "Frauenberufe" liegt, als an der Tatsache, dass die Forschung und Anerkennung von Berufskrankheiten nach wie vor weitgehend auf männlich geprägte, industrielle Arbeitswelten ausgerichtet ist – frauenspezifische Belastungen bleiben häufig unsichtbar. So wurden beispielsweise für die "Gonarthrose" (BK Nr. 2112) die Referenzwerte für die damit einhergehenden Abnutzungserscheinungen der Kniegelenke anhand von 22 "Männerberufen" wie Fliesenleger, Werftarbeiter oder Pflasterer festgelegt, während "frauentypische" Tätigkeiten mit hoher Kniebelastung, wie sie bei Erzieherinnen, Pflege- und Reinigungskräften auftreten, unberücksichtigt blieben. Wirkungsgerechte Arbeitsschutzstandards können aber nur durch umfassende Integration geschlechterspezifischer Belastungen, Biologie und Arbeitsrealität in Forschung, Prävention und Anerkennung erreicht werden. Die ASMK fordert deshalb den Bund auf, daraufhin hinzuwirken, dass die Berufskrankheiten-Statistiken der Unfallversicherer geschlechtsspezifisch angepasst werden, dass ein Fachleutegremium einberufen wird, um Lücken bei für Berufskrankheiten relevanten Belastungen und Erkrankungen von Frauen aufzudecken, und dass die Unfallversicherungsträger geschlechtssensible Aspekte regelhaft in die Forschung einbeziehen.
Dazu sagt Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz: "Klar ist: Eine an Männern ausgerichtete (arbeits-)medizinische Forschung benachteiligt Frauen. Das schnelle Erkennen und Zuordnen von unterschiedlichen Symptomen bei gleichem Krankheitsbild ist entscheidend und muss auch für Frauen passgenau möglich sein. Ebenso müssen dabei die spezifischen Belastungen und Krankheitsbilder berücksichtigt werden, die in typisch von Frauen ausgeübten Berufen auftreten – gerade auch im Unterschied zu den Krankheitsbildern, die in überwiegend von Männern geprägten Arbeitsfeldern entstehen. Daher ist eine geschlechtersensible Behandlung, Forschung und Lehre sowie Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention ausgesprochen wichtig und muss weiter vorangetrieben werden."
Die Bundesregierung plant, das Arbeitszeitgesetz zu reformieren und die Pflicht zur Erfassung von Arbeitszeiten unbürokratisch zu regeln. Dabei soll die Vertrauensarbeitszeit ohne Zeiterfassung möglich sein. Die ASMK vertritt die Auffassung, dass nach bestehender Rechtslage die Pflicht zur Erfassung der täglichen Arbeitszeiten für alle Arbeitszeitmodelle – und damit auch für die Vertrauensarbeitszeit – gilt und bei der Reform des Arbeitszeitgesetzes berücksichtigt werden muss. Eine Sonderregelung für die Vertrauensarbeitszeit zu schaffen führt zu einer Schlechterstellung der Arbeitnehmenden und ist dem Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht zuträglich.
Vertrauensarbeitszeit bedeutet, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichten und darauf vertrauen, dass die Arbeitnehmenden ihre Arbeitsplicht in zeitlicher Hinsicht auch ohne Kontrolle erfüllen und dabei auch die gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeiten berücksichtigen. Die Verantwortung zur Einhaltung der Arbeitszeitregelungen liegt jedoch bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Dieser Pflicht können sie nur nachkommen, wenn sie die Möglichkeit haben, die Einhaltung der Höchstarbeitszeiten zu kontrollieren – anhand einer kontinuierlichen Dokumentation der Arbeitszeit.
Senatorin Claudia Bernhard sagt: "Im Zuge der grundsätzlich sinnvollen und erstrebenswerten Entbürokratisierung dürfen wichtige Arbeitsschutzaspekte nicht missachtet werden. Es muss sichergestellt sein, dass die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden und dies auch nachprüfbar ist."
Die Arbeitswelt entwickelt sich stetig weiter. Viele der aktuell auch für den Jugendarbeitsschutz relevanten Themen, wie Beschäftigungsformen in den sozialen Medien, werden vom 1976 in Kraft getretenen Jugendarbeitsschutzgesetz nicht berücksichtigt. Die ASMK fordert daher den Bund auf, das Gesetz entsprechend der heutigen Arbeits- und Lebensbedingungen umfassend zu modernisieren.
Unabhängig davon sollen kurzfristig die im Gesetz enthaltenden Regelungen zur gesundheitlichen Betreuung angepasst werden. Gemeint sind damit die ärztlichen Untersuchungen nach dem Jugendarbeitszeitschutzgesetz, die Jugendliche vor dem Einstieg ins Berufsleben und nach dem ersten Ausbildungsjahr absolvieren müssen. Wegen einer zu niedrigen Gebührenhöhe bieten Ärztinnen und Ärzte diese Untersuchung in einigen Bundesländern nur noch privat oder gar nicht mehr an. Aufgrund nicht durchgeführter Jugendarbeitsschutzuntersuchungen konnten bereits Ausbildungsverträge nicht geschlossen werden.
Senatorin Claudia Bernhard betont: "Die aktuelle Zuspitzung der Lage bei der Durchführung von ärztlichen Untersuchungen Jugendlicher vor und nach dem Ausbildungsbeginn zeigt beispielhaft den dringenden Reformbedarf des Jugendarbeitsschutzes. Der Bund ist gut beraten, nun zügig die gesetzlichen Regelungen an die heutige Arbeitswelt anzupassen und dabei auch auf die von den Ländern angebotene Mitwirkung zurückzugreifen."
Mit einem weiteren von Bremen miteingebrachten und einstimmig beschlossenen Antrag soll der Gewaltschutz in der Pflege weiter vorangebracht werden. Ziel ist die Einrichtung einer festen interdisziplinären Arbeitsgruppe. Diese soll Empfehlungen zur Prävention und zum Schutz vor Gewalt gegenüber pflegebedürftigen Menschen sowie gegen Pflegende erarbeiten.
Ansprechpartnerin für die Medien:
Kristin Viezens, Pressesprecherin der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Tel.: (0421) 361-2082, E-Mail: kristin.viezens@gesundheit.bremen.de