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Senatskanzlei

Großes Interesse an Diskussion über Jugendbefinden und Politikverdrossenheit

22.02.2011

Ist die Jugend 2011 unpolitisch? Eine Frage, die gestern viele junge Leute zum „Bremer Rathausgespräch“ mit Bürgermeister Jens Böhrnsen in die Obere Halle gelockt hatte. Zur Diskussion standen die Ergebnisse der jüngsten Shell-Studie, die herausgefunden hatte:
Die große Mehrheit der heutigen jungen Generation in Deutschland sieht die Dinge unverkrampft. Fleiß und Ehrgeiz stehen hoch im Kurs, junge Leute lassen sich weder durch die Wirtschaftskrise noch durch die unsicher gewordenen Berufsverläufe und Perspektiven von ihrer optimistischen Grundhaltung abbringen. Ihr politisches Interesse dagegen hält sich in Grenzen, wenn es auch in den letzten Jahren leicht angestiegen ist.
Grund für die eher geringe Neigung, sich politisch zu engagieren, sei auch der große schulische Leistungsdruck, der wenig Raum dafür lasse. So jedenfalls die Äußerungen von Schülern, die gestern mit großem Beifall unterstützt wurden.

Prof. Dr. Mathias Albert, einer der Leiter der Shell Jugendstudien, hatte die wesentlichen Ergebnisse der repräsentativen Erhebung für das Jahr 2010 vorgestellt. Die optimistische Grundstimmung unter Jugendlichen hat sich demnach gegenüber 2006 deutlich erhöht: 59 Prozent der Befragten blicken ihrer Zukunft zuversichtlich entgegen (2006 waren es 50%). Die Studie zeigt jedoch auch deutlich die Spaltung der Gesellschaft, denn Jugendliche aus benachteiligten Familien sind nur zu 33 Prozent zuversichtlich. Kein Wunder: Schulabschluss und Bildung sind nach wie vor der Schlüssel zum Erfolg. In Deutschland hängt er laut Studie so stark wie in keinem anderen Land von der jeweiligen sozialen Herkunft der Jugendlichen ab. Für Bürgermeister Böhrnsen eine alarmierende Entwicklung.“ Es darf in einer Gesellschaft nicht sein, dass Jugendliche so unterschiedliche Chancen haben.“

Weiterhin hoch im Kurs ist laut Studie die Familienorientierung Jugendlicher. Mehr als Dreiviertel stellen für sich fest, dass man eine Familie braucht, um glücklich zu sein. Das hat allerdings nichts mit dem klassischen Familienmodell zutun, wie Prof. Albert deutlich machte. Wichtig seien jedoch die Eltern: Mehr als 90 Prozent der Jugendlichen hätten ein gutes Verhältnis zu ihnen, dreiviertel von ihnen würden auch die Erziehungspraxis der Eltern übernehmen. Und: 69 Prozent der Jugendlichen wünschen sich eigene Kinder.

Wenn sich das politische Interesse unter Jugendlichen gegenüber den 90er Jahren leicht verbessert hat, so liegt das an den 12-14jährigen: Deren Interesse hat sich nach den Ergebnissen der Studie binnen der letzten acht Jahre mit 21 Prozent nahezu verdoppelt, bei den 15-17jährigen stieg es von 20 auf 33 Prozent. Trotz allgemeiner Politik- und Parteienverdrossenheit sind junge Leute gleichwohl bereit, sich an politischen Aktivitäten zu beteiligen: 77 Prozent würden bei einer Unterschriftenaktion mitmachen, immerhin 44 Prozent an einer Demo teilnehmen. In einer Partei mitzumischen steht allerdings nicht hoch im Kurs. Nur 17 Prozent der Jugendlichen wollen sich entsprechend engagieren.

Wie kann die Bereitschaft unter Jugendlichen wachsen, sich politisch zu engagieren? In Bremen haben sich in einigen Stadtteilen Jugendbeiräte gegründet. „Jugendliche werden mehr bereits sein sich einzumischen, wenn man ihnen Beteiligungsmodelle anbietet“, unterstrich Prof. Albert. Dies müsse aber über die Mitwirkung bei der Ausgestaltung von Spielplätzen oder Schulhöfen hinausgehen, so der Einwand eines Schülers. Jens Böhrnsen: „Wir müssen Formen und Angebote finden, die Jugendliche ansprechen, damit sie rechtzeitig mitmachen. Da müssen wir uns noch vieles überlegen“.