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Der Senator für Kultur

Übersee Museum kann menschliche Überreste an Hawai'i zurückgeben

01.02.2022

Das Übersee-Museum Bremen kann jetzt menschliche Überreste aus seinem Sammlungsbestand an den Bundesstaat Hawai'i übergeben. Das hat der Senat der Freien Hansestadt Bremen in seiner Sitzung am Dienstag (1. Februar 2022) beschlossen.

Dieses Vorgehen ist erforderlich, weil Sammlungsgegenstände, die vor Gründung der Stiftung öffentlichen Rechts im Jahr 1999 ins Museum kamen, sich nicht im Eigentum des Übersee-Museums befinden, sondern Eigentum der Stadt Bremen sind. Deshalb liegt die Entscheidung über die Rückgabe, einer sogenannten De-Akzessionierung, beim Senat der Freien Hansestadt Bremen (für die Stadtgemeinde).

Das Office of Hawaiian Affairs in Kona hatte im Auftrag des Staates Hawai'i im August 2019 das Übersee-Museum um Rückgabe von bis zu acht sogenannten iwi kūpuna (menschliche Schädel) gebeten. Das Übersee-Museum hat daraufhin gemeinsam mit dem Senator für Kultur und mit Unterstützung des Deutschen Zentrums für Kulturgutverluste die Angelegenheit im Rahmen der zugänglichen Quellen und auf Grundlage ethischer Standards umfassend erforscht und aufbereitet.

Demnach wurden dem Museum 1934 zwei der Schädel von Kurt-Felix (auch Kurd-Felix) Franke beziehungsweise 1865 von Hermann von Eelking überlassen. Für zwei weitere Schädel wird Prof. Hugo Schauinsland, Gründungsdirektor des Übersee Museums, als Einlieferer angegeben und das Einlieferungsdatum auf 1897 geschätzt. Für die übrigen vier fehlen diese Angaben gänzlich. Anhaltspunkte für eine genauere geographische Zuordnung bietet bei mindestens fünf der Schädel die Beschriftung. Dieser zufolge sollen vier der iwi kūpuna von Kaua’i und einer von Moloka’i stammen. Auf welchen Quellen diese Herkunftsangaben beruhen, ließ sich im Rahmen der Recherche allerdings nicht nachvollziehen. Bei zwei weiteren Schädeln kann aufgrund von Aufschrift beziehungsweise Etikett eventuell eine Herkunft von der Insel Hawai‘i (Big Island) in Betracht gezogen werden.

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse und heranziehbaren Fakten sowie einer darauf aufbauenden juristischen und rechtsethischen Bewertung der Gesamtumstände ist der Staat Hawai'i sehr wahrscheinlich Eigentümer der menschlichen Überreste geblieben beziehungsweise vertritt er diesen.

Der Anspruch des vermutlichen Eigentümers ist zwar lange verjährt. Der Verbleib der gesamten Sammlung im Übersee-Museum erscheint jedoch aus rechtsethischen Gründen eindeutig unangemessen. Und auch trotz der auch heute noch für die Forschung in Teilen fortbestehenden anthropologischen und sammlungshistorischen Bedeutung der Sammlungsoriginale verbietet sich eine Verwendung im Allgemeinen, vor allem aber für Ausstellungszwecke, was ohnehin bei menschlichen Überresten nach anerkannten Museumsstandards generell nur in gut begründeten Fällen gerechtfertigt wäre. Das Einholen der Einwilligung der Nachfahren oder deren Vertreterinnen beziehungsweise Vertretern wären unabdingbare Voraussetzung.

Die Herausgabe ist, da die Einrede der Verjährung geltend gemacht werden könnte, eine freiwillige Entscheidung der Freien Hansestadt Bremen im Rahmen anerkannter ethischer Bewertungen derartiger Rückgabeersuchen. Der Bremer Senat agiert mit der Entscheidung zur De-Akzessionierung im Sinne der 2019 beschlossenen "Ersten Eckpunkte" zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten. Darin erklären die Kulturministerinnen und Kulturminister der Länder, Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der kommunalen Spitzenverbände die generelle Bereitschaft zur Rückführung von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten, insbesondere von menschlichen Überresten, in die Herkunftsstaaten und Herkunftsgesellschaften.

Der Stiftungsrat des Übersee-Museums war bereits im Vorwege mit der Angelegenheit befasst worden und hatte den Vorstand des Museums mit der Durchführung des Verfahrens betraut und den Vorstand gebeten, das De-Akzessionierungsverfahren einzuleiten. Das Übersee-Museum folgt damit den Richtlinien und Empfehlungen für einen sensiblen Umgang mit Kulturgütern wie auch mit menschlichen Überresten, die sich die deutschen Museen gegeben haben. Dies sind auf internationaler Ebene die "Ethischen Richtlinien für Museen" des Internationalen Museumsrats (ICOM) sowie auf nationaler Ebene die "Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen" und der "Leitfaden zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten" des Deutschen Museumsbundes.

Bereits in den Jahren 2006 und 2017 hat das Übersee-Museum menschliche Überreste der Maori und Moriori an das Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa in Wellington, Neuseeland, übergeben sowie 2018 zwei Schädel aus dem heutigen Namibia de-akzessioniert. Dieser Rückgabe war ebenfalls ein De-Akzessionierungsverfahren durch den Senat der Freien Hansestadt Bremen auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses des Stiftungsrates des Übersee-Museums vorausgegangen.

Achtung Redaktionen:
Die Rückgabe der menschlichen Überreste an Vertreterinnen und Vertreter des Bundesstaats Hawaii ist für den kommenden Dienstag, 8. Februar 2022, 14 Uhr, im Übersee-Museum Bremen im Rahmen einer feierlichen Zeremonie vorgesehen, die auch live gestreamt werden soll.

Journalistinnen und Journalisten können an dieser Veranstaltung mit anschließendem Pressegespräch teilnehmen, in Präsenz oder per Livestream.
Eine Einladung hierzu erfolgt rechtzeitig zum späteren Zeitpunkt.

Ansprechpartner für die Medien:
Werner Wick, Pressesprecher beim Senator für Kultur, Tel.: (0421) 361-16173, E-Mail: werner.wick@kultur.bremen.de