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Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation

Stellungnahme des Wirtschaftsressorts zu aktuellen Fragen zum Bremer Musicaltheater

26.10.2001

Zu aktuellen Fragen zum Musicaltheater hat das Wirtschaftsressort heute wie folgt Stellung genommen:

1. Welche Gelder sind aus öffentlichen Kassen (einschließlich Gesellschaften) insgesamt, in welchen Tranchen, wann und auf Grundlage welcher Beschlüsse bzw. Verträge in das Projekt Musicaltheater bzw. dessen Flankierung geflossen?

Zu 1.:
Zur Bespielungszeit mit dem Stück Jekyll & Hyde ist hier lediglich auf die umfangreichen Unterlagen zu verweisen, insbesondere die PwC-Berichte, die im Rahmen des Sanierungskonzeptes erstellt und in denen alle Leistungen aufgeführt wurden. Zusätzlich zu diesen Leistungen sind dann entsprechende Beschlüsse durch die Wirtschaftsförderungsausschüsse getroffen worden, die weitere Zahlungen definiert haben. Diese Beschlüsse wurden umgesetzt und hierzu hat ein Abschlussbericht in der letzten Wirtschaftsdeputation stattgefunden. Auf Wunsch der Deputierten wird dieses Thema in der nächsten Woche – am 31. Oktober 2001 – nochmals behandelt. Ergänzend zu den bisher gelieferten vielfältigen Unterlagen gibt es nichts zu berichten.

Zu der Bespielungszeit Hair bzw. der Vorbereitungszeit ist festzuhalten, dass es keinerlei direkte Unterstützung von öffentlicher Seite an die Betreibergesellschaft gab, gleichgültig ob vom Ressort oder von einzelnen städtischen Gesellschaften. Die BTZ hat aus ihren normalen Budgets in allen touristischen Vertriebsunterlagen das Musical aufgenommen, wie alle anderen touristisch relevanten Projekte und Institutionen. Die BTZ hat keinerlei Zuschüsse an Hair gegeben, um deren Marketing zu verstärken. Ebenfalls hat die BMG im Rahmen ihrer normalen Maßnahmen das Musical als bremisches Projekt aufgenommen. Dies betrifft in erster Linie den jährlich mindestens zweimal erscheinenden Prospekt über bremische Veranstaltungs-Highlights und diverse Plakataktionen. Hier hat die BMG ihre Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, kostenlose oder besonders rabattierte Marketingaktionen durchzuführen.

Aktuell gibt es über die konkret gestellten Fragen hinaus Unsicherheit wie Zusagen im Rahmen der Musical-Verträge zum Thema von bremischen Standortmarketing in Höhe von 5 Mio. DM p.a. zu sehen sind. Im sogenannten Musical-Bremen-Vertrag vom März 1997 ist in § 5, fünfter Absatz folgende Regelung enthalten „HVG stellt sicher, dass während der Laufzeit dieses Vertrages im Rahmen der Marketing-Aufwendungen der HVG oder anderer Unternehmen, auf die FHB bestimmten Einfluß auszuüben in der Lage ist, für die Vermarktung des Standortes Bremen ca. DM 5,0 Mio. p.a. eingesetzt werden.“

Diese Leistungen Bremens wurden nachgewiesen und erbracht über die institutionellen Zuschüsse an die Unternehmen HVG/BTZ/BMG. Dies geschah also im Rahmen von haushaltsrechtlichen Beschlüssen über die Grundfinanzierung der Gesellschaften. Es waren hier keine zusätzlichen Mittel zugesagt für die zusätzliche Beschlüsse notwendig gewesen wären. Der oben zitierte Passus aus dem Musical-Bremen-Vertrag wurde nicht explizit in die Verträge zum TSC-Verkauf übernommen, war aber bei Abschluß dieser Verträge die Geschäftsgrundlage, da die KPS-Gruppe in den langfristigen Mietvertrag der Vorgängerin eintreten muß.

Wegen der veränderten Markt- und Wettbewerbsbedingungen ist es nun erforderlich die Beträge für Standortmarketing wesentlich zu erhöhen. Hierzu herrscht zwischen allen Beteiligten Übereinstimmung. Die Nachwirkungen des 11. September 2001 die generell und insbesondere auf dieses Segment des Veranstaltungswesens wirken, haben es nun erforderlich gemacht, dass unverzüglich gehandelt werden muß. Unter diesem Blickwinkel sind die Bemühungen des Wirtschaftsressorts zu sehen um Beschlüsse für ein verstärktes Standortmarketing herbeizuführen zu denen es bisher aber keinerlei verbindliche Zusagen gibt.

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass allen Parlamentariern im Rahmen der Sanierungsdiskussionen zu Jekyll & Hyde eine Einsicht in die Verträge gestattet und diese auch von den Abgeordneten Frau Lemke-Schulte, Frau Dr. Trüpel und Herrn Dr. Sieling genutzt wurde.

2. Auf welche Weise, in welchem zeitlichen Ablauf und in welcher Qualität haben der Senat bzw. von ihm beauftragte Gesellschaften ein sach- und zeitgerechtes sowie aussagekräftiges Controlling hinsichtlich der von der öffentlichen Hand (einschließlich Gesellschaften) im Zusammenhang mit dem Projekt Musicaltheater bereitgestellten Gelder organisiert und sichergestellt?

Zu 2.:
Im Rahmen der Sanierungsbeschlüsse und Sanierungsmaßnahmen für Jekyll & Hyde ist ein Detailkonzept mit der PwC erarbeitet worden, um das Projekt zu kontrollieren. Mit den Sanierungszahlungen wurde diese Berichterstattung vertraglich vereinbart und auch umgesetzt. HVG und BAB haben umfangreiche monatliche Berichte über den jeweiligen Geschäftsgang erhalten. Für Hair gibt es eine solche Controlling-Auflage nicht, da diese Betreibergesellschaft keine öffentliche Beteiligung hat und auch keine öffentliche Unterstützung erhalten hat. Damit ist einsichtig, dass kein Mitteilungszwang für die Betreibergesellschaft an Bremen oder bremische Institutionen besteht. Trotzdem hat die Betreibergesellschaft auf „freiwilliger“ Basis die zentralen Informationen zur Verfügung gestellt, so dass derzeit bewertet werden kann, dass die Darstellungen über die Investitionen und den Status der Betreibergesellschaft plausibel sind.

3. Ist es zutreffend, dass die KPS-Gruppe ihr Musical-Engagement in Bremen beenden kann, wenn die aufgelaufenen Betriebsverluste eine Höhe von mindestens 5 Mio. DM erreicht haben? Welche Verpflichtungen ist die KPS-Gruppe als Gegenleistung für die Option eingegangen? Wann wurde diese Vereinbarung unterzeichnet, wann wurde sie wirksam?

Zu 3.:
Wenn durch den Betrieb des Musical-Theaters Betriebsverluste von über 5 Mio. DM entstehen, besteht für die Betreiber ein Sonder-Kündigungsrecht. Betriebsverluste bedeuten, dass es sich um Verluste aus der so genannten gewöhnlichen Geschäftstätigkeit handelt, ohne dass Zinsen oder Geldbeschaffungskosten für die Anlauffinanzierung hierbei angerechnet werden. Der Nachweis muss über einen Wirtschaftsprüfer geführt werden. Diese Regelung ist Teil eines Gesamtvertragswerkes über TSC / Hair / Contrescarpe / Sitzverlegung CTS. Die Verträge wurden am 22. März 2001 unterzeichnet. Die letzte Wirksamkeitsbedingung für das gesamte Vertragswerk ist vor ca. zwei bis drei Wochen erfüllt worden. Unabhängig davon, ob einzelne Wirksamkeitsbedingungen schon umgesetzt wurden, ist es juristisch zwingend notwendig, dass alle Vertragsparteien sich vom Unterzeichnungsdatum an so verhalten, als ob die Verträge schon gültig seien und alle Bedingungen eingetreten sind.

4. Hat der Wirtschaftssenator eigene Erkenntnisse darüber und plausible Erklärungen dafür, dass die von der KPS-Gruppe im Zusammenhang mit dem Betrieb des Musicals „Hair“ behaupteten Betriebsverluste tatsächlich in der angegebenen Höhe und aus den von KPS dargelegten Gründen entstanden sind?

Zu 4.:
Wie unter 2. schon dargelegt, sind alle wesentlichen Kosten- und Erlöspositionen der HVG/dem Wirtschaftsressort zugängig gemacht worden. Diese Zahlen sind in sich stimmig und plausibel, so dass keinerlei Ansatz dafür besteht, an den Aussagen von KPS zu zweifeln. Auch von dem Minderheitsgesellschafter Arend wird die gesamte wirtschaftliche Situation der Betreibergesellschaft in exakt gleicher Weise geschildert.

5. Welche Vereinbarungen existieren zwischen Bremen (einschließlich Gesellschaften) und der KPS-Gruppe hinsichtlich einer insolvenzbedingten Abwicklung des Musicalbetriebes? Welche Vereinbarungen existieren zwischen diesen Vertragspartnern hinsichtlich einer nicht insolvenzbedingten (vorzeitigen) Einstellung des Musicalbetriebes? Welche Regelungen sehen die Vereinbarungen insbesondere hinsichtlich der Finanzierung eines Sozialplanes vor?

Zu 5.:
Es gibt keinerlei Vereinbarungen zwischen Bremen (einschließlich der bremischen Gesellschaften) und der KPS-Gruppe über eine insolvenzbedingte Abwicklung des Musical-Betriebes. Die Abwicklung einer Insolvenz liegt ausschließlich im Verantwortungsbereich der beiden privaten Gesellschafter. Mit einer „provozierten“ Insolvenz hätte die KPS-Gruppe zu wesentlich günstigeren Konditionen aus diesem Musical-Betrieb aussteigen können! Regelungen über einen Sozialplan gibt es nicht. Dies ist wie oben erwähnt ausschließlich ein Thema der privaten Gesellschafter.

6. Welche Konsequenzen ergäben sich aus einer Insolvenz oder einer anderwertigen Einstellung des Musicalbetriebs für kleine und mittelständische Dienstleister und Zulieferer des Musicaltheaters? Wie viele Betriebe mit wie vielen Beschäftigten wären in welcher Weise betroffen?

Zu 6.:
Diese Frage kann heute nicht beantwortet werden, auch nicht, in welcher Form juristisch eine Beendigung des Musicalbetriebes vollzogen würde.

7. Existiert für die Nutzung der Spielstätte im Richtweg ein rechtsgültiger Mietvertrag? Seit wann, mit welchen Konditionen und mit welcher Laufzeit?

Zu 7.:
Hierbei ist zu beachten, dass Mietverträge ausschließlich zwischen dem Immobilieneigner – vertreten durch Herrn Arend – und der Betreibergesellschaft zu schließen sind. Zusätzlich ist dabei zu beachten, dass es die Musical-Theater-Immobilie im engeren Sinne gibt und in dem gesamten Gebäudekomplex noch weitere Büroräumlichkeiten, die teilweise von der Betreibergesellschaft auch genutzt werden. Uns ist hierzu lediglich bekannt, dass sämtliche wirtschaftliche Fragen im Zusammenhang mit der Nutzung der Immobilie geklärt sind, wissen aber nicht, ob physisch sämtliche notwendigen Verträge unterzeichnet sind. Dadurch, dass alle inhaltlichen Fragen ausdiskutiert sind und das Mietobjekt auch tatsächlich genutzt wird, ist dieser Punkt nicht relevant.

8. Sind die im Zusammenhang mit dem Musical „Hair“ von der KPS-Gruppe und KKA zugesagten insgesamt 5,3 Mio. DM (3,7 Mio. DM + 1,7 Mio. DM) tatsächlich bereits vollständig in dieses Projekt geflossen? Falls nein, warum nicht?

Zu 8.:
Von der KPS-Gruppe und dem Immobilieneigner KKA wurden insgesamt 5,0 Mio. DM zugesagt. Diese notwendigen Investitionen sollten zu zwei Dritteln von der KPS-Gruppe und zu einem Drittel vom Immobilieneigner erbracht werden. Die Mittel, die die beiden Gesellschafter bis Ende dieses Monats in das Projekt fließen lassen müssen, belaufen sich nach unseren Unterlagen auf 5,9 Mio. DM, wobei hierbei einige zusätzliche hunderttausend DM für Marketingleistungen der KPS-Medien noch nicht berücksichtigt sind.

9. Vor dem Hintergrund der inhaltlichen Verknüpfung des gescheiterten Musicaltheater-Projekts mit dem Engagement der Unternehmensgruppe Schulenberg am Standort Bremen erwarten wir detaillierte Informationen darüber, welche Optionen, Rechte und Pflichten der Schulenberg-Gruppe in Verträgen oder Nebenabsprachen eingeräumt bzw. auferlegt wurden und wie, wann und unter welchen konkreten Bedingungen diese realisiert werden bzw. wurden. in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse ist:

Zu 9.:
Neben dem oben erwähnten Vertragswerk zum Anteilsverkauf TSC gibt es keine weiteren Optionen, Rechte, Pflichten oder Nebenabsprachen, die mit der KPS-Gruppe bestehen.

a) Wurden die Vertragsvereinbarungen zum Verkauf von TSC an die Schulenberg-Gruppe inzwischen von allen Vertragsparteien unterzeichnet, sind die bereits in Kraft getreten, sind Veräußerungserlöse in der den parlamentarischen Gremien dargelegten Höhe geflossen?

Zu 9. a:
Die Verträge wurden wie oben erwähnt am 22. März 2001 von allen Beteiligten unterschrieben. Die letzte Wirksamkeitsbedingung ist ebenfalls wie oben dargelegt vor ca. zwei bis drei Wochen umgesetzt worden. Unsere Anwälte, die Kanzlei Dr. Schackow & Partner, haben dies für uns noch einmal abgeprüft. Die Veräußerungserlöse wurden daraufhin von der KPS-Gruppe abgefordert. Der Zahlungseingang wird in den nächsten Tagen erwartet.

b) Welche Vereinbarungen wurden zu welchem Zeitpunkt von wem über die Veräußerung des Contrescarpe-Grundstücks an die KPS-Gruppe, dessen Bebauung und die Sitzverlegung von KPS-Firmen nach Bremen unterzeichnet? Wann wurden/werden diese rechtskräftig? Welche Verpflichtungen, Rechte und Optionen ergeben sich daraus für die KPS-Gruppe auf der einen und die öffentliche Hand (einschließlich Gesellschaften) auf der anderen Seite?

Zu 9. b:
Der Kaufvertrag für das sog. Contrescarpe-Grundstück wurde am 13. Juli 2000 zwischen der KPS-Gruppe und der BIG geschlossen. Der Kaufpreis hierfür beträgt 5,5 Mio. DM. Nach diesem Vertragswerk soll ein Baubeginn 12 Monate nach Lieferung des Grundstückes erfolgen. Am 15. Juni 2001 hat die BIG-Gruppe (später als ursprünglich geplant) das Grundstück liefern können. Der Kaufpreis wurde daraufhin umgehend bezahlt. Der notwendige Architekten-Wettbewerb der vertraglich vereinbart wurde ist in der Zwischenzeit vorbereitet. In den sog. TSC-Vertrag vom 22. März 2001 wurde das Contrescarpe-Grundstück nochmals aufgenommen. Dies hatte lediglich den Grund, dass sämtliche Rechte und Pflichten noch einmal in einen überfassenden Vertrag insgesamt zusammengestellt werden und nicht sich aus mehreren unabhängigen Vertragswerken ergeben.

c) Verfügt Bremen (einschließlich Gesellschaften) über Sanktionsmöglichkeiten für den Fall, dass die KPS-Gruppe ihren vertraglich eingegangenen Verpflichtungen nicht oder unzureichend nachkommt? Wenn ja, welche?

Zu 9. c:
Nach allen uns vorliegenden Informationen und Erkenntnissen hat die KPS-Gruppe bisher all ihre Vertragspflichten erfüllt. Daher sind Diskussionen über Sanktionsmöglichkeiten rein theoretischer Natur.