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Senatskanzlei

Norddeutsche Länder fordern Industriestrompreis

05.05.2023

"Konferenz Norddeutschland" tagt in Bremen | Treffen mit Wirtschaftsverbänden

Die Regierungschefin und Regierungschefs der fünf Norddeutschen Länder – die "Konferenz Norddeutschland" (KND) – setzen sich bei der Bundesregierung für die Schaffung eines "Transformationsstrompreises" ein. Einen entsprechenden Beschluss hat die KND heute (5. Mai 2023) in ihrer Sitzung im Bremer Rathaus gefasst.

Die Konferenz Norddeutschland im Bremer Rathaus (von links): Daniel Günther (Schleswig-Holstein), Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern), Andreas Bovenschulte (Bremen), Stephan Weil (Niedersachsen), Peter Tschentscher (Hamburg). Foto: Senatspressestelle
Die Konferenz Norddeutschland im Bremer Rathaus (von links): Daniel Günther (Schleswig-Holstein), Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern), Andreas Bovenschulte (Bremen), Stephan Weil (Niedersachsen), Peter Tschentscher (Hamburg). Foto: Senatspressestelle

Zwar stelle die Bundesregierung in Aussicht, heißt es in dem Beschluss, dass die Industrie ab 2029 direkte Stromlieferverträge mit neuen Offshore-Windparks abschließen könne, das aber käme für die unmittelbar anstehenden Investitionsentscheidungen zu spät. Die KND ist sich einig, dass der gegenwärtige Strompreis in Deutschland für die im Zuge der Dekarbonisierung erforderlichen Elektrifizierung energieintensiver Betriebe zu hoch ist.

Die norddeutschen Länder erwarten dabei, dass ein solcher Tarif für energieintensive Unternehmen der Grundstoffindustrie gelten solle, die sich "unmittelbar in der Transformation und Dekarbonisierung ihrer Produktionsprozesse befinden" sowie für "strategisch wichtige Branchen, deren Produkte der Energiesicherheit und der Transformation der Industrie insgesamt dienen". Und: "Ein Industriestrompreis darf nicht zu Lasten aller anderen Stromverbraucher finanziert werden."

Zum Abschluss der Sitzung übergab Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte den Vorsitz der KND turnusmäßig an den Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher.

Amtsübergabe am Ende der Konferenz: Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte übergibt das Steuerrad der Konferenz Norddeutschland an seinen Hamburger Kollegen Peter Tschentscher. Foto: Senatspressestelle
Amtsübergabe am Ende der Konferenz: Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte übergibt das Steuerrad der Konferenz Norddeutschland an seinen Hamburger Kollegen Peter Tschentscher. Foto: Senatspressestelle

Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte, Präsident des Bremer Senats und bisheriger Vorsitzender der KND: "Die energieintensive Industrie ist vorübergehend ohne einen Transformationsstrompreis nicht wettbewerbsfähig. Wer darauf verzichtet, gefährdet die Zukunft vieler Unternehmen und tausende von Arbeitsplätzen. Und er gefährdet auch die Umrüstung der heimischen Industrie auf eine CO2-freie Produktion."

Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister Hamburg und neuer Vorsitzender der KND: "Die norddeutschen Unternehmen sind starke Partner der Politik. Sie übernehmen Verantwortung beim Klimaschutz, schaffen moderne Arbeitsplätze und fördern die Digitalisierung. In Zeiten der Krise mit Störungen von Lieferketten und hohen Energiekosten müssen wir derzeit vor allem die industrielle Basis der deutschen Wirtschaft sichern. Dazu gehören ein beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft und die Einführung eines Industriestrompreises, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Produktion in Deutschland erhält. Dabei ist Eile geboten, weil die Produktion von Grundstoffen wie Kupfer, Stahl oder Aluminium bereits in großem Umfang ins Ausland verlagert wird. Dies führt nicht nur zu einem Verlust an Wertschöpfung, sondern auch zu einer starken zusätzlichen Klimabelastung, weil die modernen Produktionsverfahren in Deutschland mit sehr viel weniger CO2-Emissionen verbunden sind als im weltweiten Durchschnitt."

Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommern: "Die norddeutschen Länder haben viele gemeinsame Projekte. Wir wollen den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter voranbringen. Unsere gemeinsame Erwartung ist allerdings, dass wir zu einer gerechten Lösung bei den Strompreisen kommen. Die Regionen, die beim Ausbau der Erneuerbaren Energien vorangehen, dürfen nicht mit höheren Netzentgelten belastet werden. Hier setzen wir auf eine Gesetzesinitiative des Bundes. Im Verkehrsbereich hat unser heutiges Gespräch mit dem Unternehmerkuratorium Nord noch einmal deutlich gemacht, dass der Weiterbau der A 20 aus Sicht der Wirtschaft und der Länder kommen muss. Das ist wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung. Und wir wollen im Bereich des Tourismus noch enger zusammenarbeiten. Der Norden ist bei Inlandsgästen sehr erfolgreich. Unser Ziel ist es aber auch, noch mehr internationale Gäste für den Norden zu begeistern."

Daniel Günther, Ministerpräsident Schleswig-Holstein: "Der Umbau der Energieversorgung auf dem Weg zur Klimaneutralität bietet herausragende wirtschaftliche Chancen für den gesamten Norden. Die Verfügbarkeit von Grünem Strom ist längst zum entscheidenden Standortfaktor für die Ansiedlung von Unternehmen und neuer Wertschöpfung geworden. Diesen Weg werden wir entschlossen weitergehen, um Schleswig-Holstein bis 2040 zum ersten klimaneutralen Industrieland zu machen. Mit dem erfolgreichen Ausbau Erneuerbarer Energien haben wir Nordländer ein echtes Alleinstellungsmerkmal in Sachen Energiewende. Die Chancen etwa in den Bereichen Windenergie und Wasserstoff werden wir in Zukunft noch intensiver nutzen. Für die Versorgungssicherheit im Energiebereich sei die länderübergreifende Kooperation wichtiger denn je. Für die Nutzung Erneuerbarer Energien müssen die derzeitigen Rahmenbedingungen weiter verbessert werden. Das gilt vor allem mit dem Blick auf die Bedingungen für die Energieversorgung von Unternehmen. Hier gibt es Potenzial für Optimierung und die Belohnung netzdienlichen Verhaltens. Zudem muss der Strom im privaten wie im gewerblichen oder industriellen Bereich in Regionen mit hohem regenerativen Energieanteil kostengünstiger werden. Entscheidungen des Bundes in diesem Sinne sind auch bedeutsam, um den Weg zu ebnen etwa für die Produktion moderner Batteriezellen für die Automobilindustrie oder die Dekarbonisierung der Chemie- oder Zementindustrie."

Stephan Weil, Ministerpräsident Niedersachsen: "Norddeutschland steht wie kaum eine andere Region für ein schnelles und konsequentes Umsteuern hin zur CO2-Neutralität. Viele für den Ausbau der Erneuerbaren Energien elementar wichtige Industrieunternehmen benötigen selbst große Mengen von Energie. Gerade diese Unternehmen möchten wir in Deutschland halten, andere für die Klimawende bedeutende Industrien sollen sich neu ansiedeln können. Beides müssen wir mit einem Transformationsstrompreis unterstützen."

Bei der Sitzung trafen sich die Regierungschefin und Regierungschefs der fünf norddeutschen Bundesländern mit dem Unternehmerkuratorium Nord, dem Zusammenschluss der Handelskammern und Unternehmensverbände aus Norddeutschland. Foto: Senatspressestelle
Bei der Sitzung trafen sich die Regierungschefin und Regierungschefs der fünf norddeutschen Bundesländern mit dem Unternehmerkuratorium Nord, dem Zusammenschluss der Handelskammern und Unternehmensverbände aus Norddeutschland. Foto: Senatspressestelle

Beratungen mit Unternehmerkuratorium Nord

Im Anschluss an ihre Sitzung kam die KND mit dem Unternehmerkuratorium Nord (UKN) zusammen. Gemeinsam wurde die Notwendigkeit des Aufbaus einer norddeutschen Wasserstoffversorgung betont, die für eine Transformation der Industrie von wesentlicher Bedeutung sei. Mit Blick auf die überregionale Infrastruktur hoben KND und UKN die Notwendigkeit hervor, Engpassstellen im Hafenhinterlandverkehr, und hier insbesondere auf der Schiene, zu beseitigen.

Darüber hinaus kritisierten KND und UKN, dass die jüngst auf Bundesebene vereinbarte Liste mit 144 Engpassstellen bei Bundesfernstraßen, für die das überragende öffentliche Interesse festgeschrieben werden soll, kaum norddeutsche Projekte enthalte. KND und UKN "fordern die Bundesregierung auf, daneben auch die Planung und den Bau der A 20 entschlossen und insgesamt deutlich schneller voranzubringen". Die Küstenautobahn A 20 sei ein "herausragendes Straßeninfrastrukturprojekt für ganz Norddeutschland" und von großer Bedeutung "für die Abwicklung weiträumiger nord- und nordosteuropäischer Verkehrsströme".

Eduard Dubbers-Albrecht, Präses der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven: "Neben dem Lückenschluss der A 20 ist für Norddeutschland der Ausbau der Schieneninfrastruktur für den Seehafenhinterlandverkehr von großer Bedeutung. Dies ist kein norddeutsches Thema, sondern für ganz Deutschland wichtig. Die gewünschte Einführung des Deutschlandtaktes im Schienenpersonenverkehr darf nicht zu einer Verdrängung des Schienengüterverkehrs führen. Daher sind gezielte Investitionen in die Beseitigung von Engpässen notwendig. Dafür müssen ausreichende Mittel im Bundeshaushalt vorgesehen werden."

Prof. Norbert Aust, Präses der Handelskammer Hamburg: "Es ist simpel: 'Industrie folgt der Energie'. Langfristig hat Norddeutschland die Potentiale, der Industrie Energiesicherheit zu bezahlbaren Preisen anzubieten und zum Vorzeigestandort für Grüne Industrie zu werden. Was wir dafür brauchen, ist eine engere norddeutsche Kooperation für Industriepolitik, die in Berlin entschlossen vertreten wird. Im Zuge der Energiekrise ist diese Vision in akuter Gefahr, da den Unternehmen aktuell keine international konkurrenzfähigen Energiepreise zur Verfügung stehen."

Im Unternehmerkuratorium Nord wechselte heute der Vorsitz von den Unternehmensverbänden im Lande Bremen zur Handelskammer Hamburg.

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