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Sonstige

Mit Kombinationstherapie neue Wege in der Suchtbehandlung gehen

17.11.2004

Klinikum Bremen-Ost vereinbart Modellprojekt mit niedersächsischen Nachbargemeinden

Die Gesundheit Nord gGmbH teilt mit:


Die Handwerker sind gegangen, der Pavillion-Altbau auf dem Gelände des Klinikums Bremen-Ost erstrahlt nach einer längeren Renovierungsphase in neuem Glanz und wird künftig alkohol- und medikamentenabhängigen Frauen und Männern aus Bremen und „umzu“ einen therapeutischen Rahmen zum Gesundwerden bieten. Das neue Haus Delbrück wurde heute (Mittwoch, 17. November 2004) von Gesundheitssenatorin Karin Röpke eingeweiht, Es bietet ab sofort Behandlungsplätze für 20 vollstationäre und 10 tagesklinische Entwöhnungsbehandlungen.


Der Alkoholkonsum sei durch das zunehmend exzessive Trinkverhalten der Jugendlichen wieder in das öffentliche Bewusstsein gerückt worden, hob die Senatorin in ihrem Grußwort hervor, wenngleich der Alkoholverzehr bei Erwachsenen leicht rückläufig sei – allerdings von einem hohen Niveau herunter. „Die Gesellschaft geht verharmlosend mit dem Alkohol- und Medikamentenmissbrauch um“, kritisierte sie in ihrer Ansprache.


Das Haus Delbrück knüpft an die Arbeit der auf wohnortnahe Suchttherapie spezialisierten Klinik Sebaldsbrück an, die im vergangenen Jahr aufgelöst wurde. Der jetzige Start ist verbunden mit einem weiterentwickelten Konzept und neuen Behandlungsmethoden. Die Station setzt auf eine Kombinationstherapie, bei der eine enge Vernetzung von ambulanten, tagesklinischen und stationären Therapiebausteinen vorgesehen ist. Nach diesem fortschrittlichen Modell ist es möglich, eine Alkoholentwöhnungsbehandlung ambulant – zum Beispiel in einer sozialpsychiatrischen Beratungsstelle – zu beginnen und dann im Bedarfsfall tagesklinische oder vollstationäre Hilfestellung in Anspruch zu nehmen. Auch bei einem stationären Beginn der Therapie ist ein Wechsel der Behandlungsform möglich. Nach Angaben von Peter Vent, leitender Therapeut des Hauses Delbrück, ist dadurch ein individuellerer Zuschnitt in der Behandlung möglich.


Neuland beschreitet das Haus Delbrück auch bei der Kooperation mit ambulanten Beratungsstellen, die seit kurzem über die Bremer Stadtgrenzen hinausgeht. So wurde mit Einwilligung der LVA Hannover mit den Suchtberatungsstellen in Osterholz-Scharmbeck, Achim/Verden und Stuhr ein Modellprojekt vereinbart, das die Kombinationstherapie auch für Betroffene aus diesen Regionen ermöglicht. Demnach wird es die tagesklinische oder vollstationäre Versorgung im Klinikum Bremen-Ost geben, die ambulante Behandlung hingegen in der Suchtberatungsstelle vor Ort.


Das zur Gesundheit Nord gehörende Klinikum setzt dabei insgesamt auf einen Ausbau seines Entwöhnungsangebotes, das derzeit aus räumlichen Gründen nur in einem Umfang von 30 Plätzen zur Verfügung steht. „Bei jährlich rund 600 stationären Entwöhnungen von alkohol- und medikamentenabhängigen Menschen aus dem Land Bremen und den umliegenden niedersächsischen Gemeinden ist das nicht viel. Wir grenzen dadurch einen Großteil möglicher Interessenten aus“, verdeutlichte Peter Vent in seiner Rede zur Einweihung und merkte weiter an, dass eine umfassende seelische, soziale und berufliche Rehabilitation von Suchtkranken am besten vor Ort unter Einbeziehung des normalen Lebensumfeldes erfolgen sollte. Hierin stimmte ihm auch die Gesundheitssenatorin zu.


Die neue Station ist im Übrigen nach dem ersten Chefarzt des Klinikums benannt. Professor Anton Delbrück war von 1904 bis 1927 ärztlicher Leiter des „St.-Jürgen-Asyls zu Ellen“, dem Vorläufer des heutigen Klinikums Bremen-Ost. Er gilt als ein wichtiger Wegbereiter der Diagnostik und Behandlung des Alkoholismus in Deutschland.