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Der Senator für Kultur

Kulturdeputation beschließt Dekolonisierungsbeirat

04.06.2025

Die Deputation für Kultur hat heute (4. Juni 2025) der Einrichtung eines Landesdekolonisierungsbeirates zugestimmt. Der Beirat soll sich als ein Forum verstehen, das Akteurinnen und Akteure aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zusammenbringt, um kollektive Lösungen für die Überwindung kolonialer Strukturen zu entwickeln.

Das Gremium, das den Bremer Senat beraten soll, wird interdisziplinär mit insgesamt acht stimmberechtigten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Kultur, Bildung, Kunst, Medien, Soziales, Wirtschaft oder Recht besetzt, die sich in ihrer Arbeit und in ihrem Engagement aktiv mit der Dekolonisierung unserer Gesellschaft befassen. Die Berufung der Mitglieder erfolgt auf Basis von Vorschlägen und Empfehlungen der zivilgesellschaftlichen Initiativen und dem Senator für Kultur. Dazu kommen Vertreterinnen und Vertreter des Kulturressorts, der Senatskanzlei, des Focke-Museums, des Übersee-Museums und der Landeszentrale für politische Bildung. Vertreten ist auch der Magistrat Bremerhavens sowie Vertreterinnen oder Vertreter aller Fraktionen in der Bremischen Bürgerschaft. Die genaue Zusammensetzung soll jetzt erarbeitet werden. Die Gründung des Beirates soll im Sommer dieses Jahres erfolgen.

Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz sagt zu dem Beschluss: "Wir wollen den eingeschlagenen Weg der Aufarbeitung und Versöhnung fortsetzen und intensivieren. Der zu gründende Dekolonisierungsbeirat dient der kritischen Auseinandersetzung mit kolonialen Kontinuitäten und Konsequenzen sowie der Förderung einer gerechten, inklusiven und diskriminierungsfreien Gesellschaft. Im Mittelpunkt stehen die Anerkennung und Aufarbeitung historischer Ungerechtigkeiten. Die koloniale Vergangenheit Bremens ist eng mit der Geschichte des Bremer Hafens, dem Überseehandel und der Beteiligung an kolonialen Wirtschaftsstrukturen verbunden. Diese Geschichte spiegelt sich noch heute in Straßennamen, Denkmälern, Museen und wirtschaftlichen Verflechtungen wider. Aufgabe des Dekolonisierungsbeirates soll sein, diese historischen Zusammenhänge sichtbar zu machen und ihre Auswirkungen auf die Gegenwart kritisch zu hinterfragen. Ziel ist nicht nur aufzuarbeiten, sondern auch Maßnahmen zu entwickeln, die einen aktiven Beitrag zur Überwindung kolonialer Strukturen leisten. Insbesondere soll dabei rassistischen Kontinuitäten entgegengewirkt werden, um eine gerechtere Zukunft für alle Menschen in Bremen, Bremerhaven und darüber hinaus ermöglichen."

Die Aufarbeitung der kolonialen Geschichte und Bremens Rolle begann in Bremen sehr früh und merklich intensiver als in anderen Städten. Im Jahre 1975 formierte sich an der Universität Bremen das Namibia-Projekt, das, unterstützt von terre des hommes, dem Land Bremen (nach der Gründung des Landesamtes für Entwicklungszusammenarbeit im Jahr 1979) und dem Übersee-Museum Bremen, auf Ersuchen der damaligen Befreiungsbewegung Swapo in Zusammenarbeit mit dem United Nations Institute for Namibia, Lusaka, mit der Erarbeitung von Schulbüchern, die von einem antikolonialen Verständnis bestimmt waren, begann.

Die Auseinandersetzung und Versöhnung wurde danach politisch maßgeblich unterstützt. Hundert Jahre nach der Berliner Afrikakonferenz fand im Übersee-Museum ein internationales Symposium zum Thema "Education for Liberation" statt, an der Vertreter der Swapo, des ANC und der F. Polisario teilnahmen. Das Reichskolonialehrenmal "Der Elefant" wurde auf Beschluss der Bremischen Bürgerschaft 1988 in Antikolonialdenkmal umbenannt. Hundert Jahre nach der Schlacht am Waterberg, die den Völkermord an Herero und Nama einleitete, war Bremen 2004 unter der Schirmherrschaft des damaligen Bürgermeisters Henning Scherf Ort einer internationalen Konferenz, auf der unter Beteiligung der Nachfahren der vom Völkermord Betroffenen der Umgang mit dem kolonialen Unrecht debattiert wurde. Ein Erinnerungsort für die Opfer des Völkermordes an den Herero und Nama wurde unweit des Antikolonialdenkmals "Der Elefant" im Jahr 2009 eingeweiht. Der umgebende Park wurde in Nelson-Mandela-Park umbenannt. Die Bremische Bürgerschaft beschloss 2016 ein "Bremisches Erinnerungskonzept Kolonialismus".

Von 2016 bis 2019 gab es einen breit aufgestellten Bürgerdialog zum Thema "Kolonialismus und seine Folgen" und bis 2023 traf sich die "Gesprächsrunde Koloniales Erbe", beides organisiert vom Kulturressort. Im April 2019 wurden in der Kulturdeputation "Leitlinien zum Umgang mit dem Kolonialen Erbe" beschlossen. Mit Unterstützung des Senators für Kultur, der Landeszentrale für politische Bildung und zivilgesellschaftlichen Akteuren findet unter Schirmherrschaft des Bremer Bürgermeisters jährlich am 11. August eine Gedenkfeier am Elefanten für die namibischen Opfer des deutschen Kolonialismus statt.

Ansprechpartner für die Medien:
Werner Wick, Pressesprecher beim Senator für Kultur, Tel.: (0421) 361-16173, E-Mail: werner.wick@kultur.bremen.de