Wichtige Fortschritte erreicht, aber Handlungsbedarf bleibt hoch
21.11.2025Die Zahlen zu geschlechtsspezifischer Gewalt im Land Bremen sind weiterhin gravierend hoch. Dazu gehören neben Partnerschaftsgewalt auch sexualisierte Gewalt, digitale Gewalt, Zwangsprostitution, Genitalverstümmelung und weitere Gewaltformen, die Frauen treffen, weil sie Frauen sind. Gewalt wird dabei als ein Instrument zur Durchsetzung und Aufrechterhaltung von Macht gegenüber Frauen und zu ihrer Unterdrückung eingeordnet.
Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz Claudia Bernhard betont: "Gewalt, vor allem gegen Frauen, darf keine Akzeptanz mehr in unserer Gesellschaft finden. Wir leisten in Bremen schon viel, um Frauen vor Gewalt zu schützen und die Gewaltfolgen zu behandeln. Es gibt seit Februar 2025 einen bundesweiten Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung. Das ist ein wichtiger Meilenstein für unsere Gesellschaft. Genauso wichtig ist es jedoch, an die Wurzeln der Gewalt zu gehen und das patriarchale Geschlechterbild jeden Tag zu hinterfragen. Deshalb müssen wir auch der Prävention viel mehr Aufmerksamkeit widmen."
Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm: "Um Frauen effektiv vor Gewalt zu schützen, braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Erfreulicherweise sind in diesem Jahr wichtige Vorhaben sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene angeschoben oder umgesetzt worden. Wir sind hier also auf einem guten Weg. Die hohen Zahlen müssen uns jedoch weiter Ansporn sein. Denn hinter jedem Fall stehen eine Frau und oftmals auch ihre Kinder, die Schmerz und Angst erfahren haben oder gerade erfahren und deren Leben dadurch massiv beeinträchtigt und oft auch gefährdet wird."
Ein Meilenstein ist das in diesem Jahr verabschiedete Gewalthilfegesetz, das unter anderem erstmals einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder schafft. Dieser Schritt ist angesichts der hohen Auslastung der Frauenhäuser und Beratungsstellen von großer Bedeutung. Ab 2027 werden Bundesmittel für die Länder bereitgestellt, um Schutz und Beratung weiter auszubauen. Ein weiterer Fortschritt ist der am 19. November 2025 auf Bundesebene beschlossene Gesetzentwurf zur Änderung des Gewaltschutzgesetzes. Er sieht unter anderem vor, dass Familiengerichte Gewalttäter künftig zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verpflichten können. Sie löst Alarm aus, wenn sich ein potentieller Täter trotz Annäherungsverbots einer Frau nähert. Auch im Land Bremen soll die elektronische Fußfessel zeitnah eingeführt werden.
Ein weiterer Erfolg ist der Bremer Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, den die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz gemeinsam mit der Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) ressortübergreifend erarbeitet hat. Er wurde weitgehend umgesetzt und befindet sich nun in der Abschlussphase. Parallel dazu beginnt im Jahr 2026 seine Fortschreibung für die Zeit ab 2027, den die ZGF maßgeblich mitgestaltet.
Frauensenatorin Claudia Bernhard: "Der Landesaktionsplan ist ein großer Erfolg. Er hat zu einer gemeinsamen Gesamtstrategie und zu einer konstruktiven Zusammenarbeit der verschiedenen Ressorts, der Zivilgesellschaft und der Betroffenen geführt. Gemeinsam mit der ZGF werde ich mich dafür einsetzen, die noch bestehenden Lücken im Hilfesystem weiter zu schließen und Kapazitäten im Gewaltschutz und in der Prävention auszubauen. Zudem muss die Finanzierung ab 2027 verlässlich gesichert sein. Nächstes Jahr wird der Senat eine Entwicklungsplanung für die folgenden fünf Jahre vorlegen."
"Der 25. November ist in den vergangenen Jahren zu einem Tag des breiten Protests geworden, getragen von Frauen, Initiativen und vielen solidarischen Menschen", erklärt Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm. "Das wachsende Bewusstsein dafür, dass Gewalt gegen Frauen und Kinder kein Einzelfall und kein Tabuthema ist, sondern ein strukturelles Problem, macht Mut und gibt uns Rückenwind für die nächsten Schritte."
Jährlich veröffentlicht der Senator für Inneres und Sport die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Land Bremen. Für das Jahr 2024 ergibt sich in Bezug auf geschlechtsspezifische Gewalt folgendes Bild:
"Bei den Statistiken zu geschlechtsspezifischer Gewalt müssen wir berücksichtigen, dass nur der Polizei bekannte Taten gezählt werden. Das sogenannte Hellfeld. Dem gegenüber steht ein riesiges Dunkelfeld, also die Straftaten, die nicht angezeigt werden. Gerade bei Partnerschaftsgewalt und sexualisierter Gewalt ist es besonders groß, da nur sehr wenige der Betroffenen sich für den Weg zur Polizei entscheiden", erklärt Wilhelm. Laut des ersten periodischen Sicherheitsberichts des Landes Bremen vom Februar 2024 wird bei Sexualdelikten nur in 2,5 Prozent der Fälle Anzeige erstattet.
Im Land Bremen gibt es ein breites und spezialisiertes Hilfs- und Beratungsangebot für von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen. Auf dem ZGF-Internetprotal www.gewaltgegenfrauen.bremen.de sind diese mit Kontaktdaten übersichtlich aufgeführt.
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