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Der Senator für Inneres und Sport

Gemeinsam gegen Sportwettenwerbung: Senator Mäurer empfängt Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung Blienert und Glücksspielforscher Dr. Hayer

16.02.2023

Vor rund anderthalb Jahren hat Bremens Innensenator Ulrich Mäurer angesichts der durch Sponsoring und Werbung zunehmenden Verquickung von Sport und Wetten erstmalig ein Werbeverbot für Sportwetten gefordert und damit eine bundesweite Debatte angestoßen. Am heutigen Donnerstag, 16. Februar 2023, traf sich Mäurer gemeinsam mit dem Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert, und dem Bremer Glücksspielforscher Dr. Tobias Hayer zu einem intensiven Austausch. Ziel des Treffens war es, auszuloten, wie der Schutz vor den oft erschreckenden persönlichen und gesellschaftlichen Folgen von Sportwetten weiter vorangetrieben werden kann.

Seit dem Vorstoß von Mäurer sind nicht nur die Glücksspielbranche und die Werbelobby auf die Barrikaden gegangen, sondern aus der Mitte der Gesellschaft formierte sich auch eine stetig wachsende breite Unterstützung für die Forderung des Bremer Innensenators. Neben zunehmend kritischer öffentlicher Berichterstattung zum Thema stimmten insbesondere die Suchtverbände der Forderung zu. Schließlich positionierte sich Anfang 2022 auch das Fanbündnis "Unsere Kurve e.V." mit Regulierungsforderungen an die Politik sowie mit Selbstverpflichtungsforderungen an die Vereine und Verbände (Umgehend strengere Regulierung von Sportwetten! • Unsere Kurve).

Deutlich breiter aufgestellt ist das seit August 2022 bestehende Bündnis gegen Sportwettenwerbung (Mitglieder – Bündnis gegen Sportwetten-Werbung (buendnis-gegen-sportwettenwerbung.de)), das sich ebenfalls für eine weitgehende Einschränkung von Sportwettenwerbung und Sponsoring einsetzt und für das Burkhard Blienert kürzlich die Schirmherrschaft übernommen hat.

Blienert: "Der Boom für Sportwetten und Glücksspiel aller Art ist problematisch, schließlich leiden nicht nur die Betroffenen selbst unter Sucht und problematischem Spiel, sondern auch die Angehörigen. Kaum eine andere Sucht treibt so viele Menschen in den Suizid wie die Glücksspielabhängigkeit. Hinzu kommt, dass die Werbung heute wirklich immer und überall zu sehen ist: auf Trikots, vor der Sportschau, im Internet. Sie verführt gerade junge oder spielaffine Menschen zum 'Zocken'. Ich sehe diesen Hype sehr kritisch und unterstütze daher gern das Aktionsbündnis als Schirmherr und die Initiative Bremens beim Thema Werbebeschränkungen: Werbung raus aus der Primetime und mehr Engagement von Bund, Ländern und Kommunen bei Prävention und Hilfe. Glücksspiel ist kein Kinderspiel!"

Mitglied des Aktionsbündnisses ist auch der Suchtforscher Dr. Tobias Hayer von der Universität Bremen. Insbesondere aufgrund seiner wissenschaftlichen Expertise in Sachen Jugend- und Spielerschutz bestand sein Beitrag am Austausch in der Beratung in Bezug auf eine an aktuellen Forschungserkenntnissen ausgerichteten Glücksspielpolitik.

Hayer: "Die massive Flut an Werbung für Glücksspiele im Allgemeinen und Sportwetten im Speziellen ist aus gesundheitswissenschaftlicher Sicht deutlich zu kritisieren. Produkte mit hohen Suchtgefahren werden auf der einen Seite normalisiert, auf der anderen Seite rücken die damit verbundenen Risiken und Gefahren in den Hintergrund. Forschung hat gezeigt, dass Werbung wirkt und mit erheblichen Kollateralschäden einhergeht: Unter anderem werden impulsiven Konsumentscheidungen Vorschub geleistet, unrealistische Gewinnerwartungen gefördert und Rückfallgefährdungen bei ehemals glücksspielsüchtigen Personen erhöht. Hier sollte dringend ein politisches Umdenken erfolgen, damit der Jugend- und Spielerschutz nicht abermals zu Lasten von finanziellen Interessen einzelner Privatunternehmen auf der Strecke bleibt."

Bisher verhallten sämtliche Appelle an die Sportvereine und –verbände sowie an die Politik. Erstere berufen sich darauf, sich im Rahmen des Erlaubten zu bewegen und beklagen allenfalls hinter vorgehaltener Hand wirtschaftliche Zwänge. Die überwiegende Mehrheit der Länder hat bereits auf der Herbstkonferenz der Innenministerinnen und –minister (IMK) 2021 signalisiert, dass vor einer Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags 2021 keine Änderung der Werberegelungen vorgenommen werden. Der Evaluierungsbericht steht jedoch erst Ende 2026 an.

"Die Zeit haben wir nicht", stellt Mäurer fest. "Wir sprechen nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen inzwischen von 1,3 Millionen Menschen mit einem krankhaften Glücksspielverhalten. Weitere 3,25 Millionen stehen auf der Kippe." Hierzu passen die vom Deutschen Sportwettenverband veröffentlichten rasant gestiegenen Umsatzzahlen, die mit der Feststellung kommentiert werden: "Die Sportwette ist in Deutschland in der Mitte der Gesellschaft angekommen und zur beliebten Freizeitbeschäftigung für Erwachsene avanciert. Das belegen die jährlich steigenden Umsätze des deutschen Sportwettenmarktes (lediglich im Jahr 2020 war der Markt aufgrund der Coronakrise rückläufig)" (www.dswv.de/markt/). Mäurer: "Es ist mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags nicht vereinbar, dass die Sportwette in der Mitte der Gesellschaft ankommt – im Gegenteil, dies soll mit Kräften verhindert werden. Werbung darf nicht zum Glücksspiel anreizen, sondern sie soll lediglich die vorhandenen Spieler auf das legale Angebot aufmerksam machen und dorthin lenken."

Dass negativen Entwicklungen auch anders begegnet werden kann, zeigen die Niederlande, die ebenso wie Deutschland erst im Jahr 2021 das Online-Glücksspiel legalisiert haben. Auch dort sind die Werbeausgaben eklatant gestiegen. Die Zahl der immer jünger werdenden Glücksspielsüchtigen hat sich verdoppelt. Seit Jahresbeginn verbietet ein neues Gesetz Anbietern von Online-Sportwetten und anderen risikovollen Glücksspielen die "ungezielte" Werbung im öffentlichen Raum, also auch im TV, Radio und auf Plakaten. Die niederländische Regierung will ab 2024 auch Programm- und Eventsponsoring für Wettanbieter verbieten. Zudem soll ab 2025 Werbung für Sportwetten und Lotterien nicht mehr auf Spielertrikots erscheinen dürfen. Innensenator Mäurer: "Wir waren uns heute einig, dass so ein beherztes Eingreifen des Staates auch hierzulande dringend notwendig zum Schutz der Bevölkerung wäre. Allen voran müssen wir Jugendliche und Heranwachsende vor dem oft destruktiven Sog der Sportwetten bewahren." Mäurer betonte, wie wichtig in diesem Zusammenhang Netzwerke und eine informierte Öffentlichkeit seien. Aus diesem Grund würde die Innenbehörde gemeinsam mit dem Suchtbeauftragten der Bundesregierung sowie mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Spielsüchtigen eine gemeinsame Veranstaltung noch in diesem Jahr in Bremen planen.

Ansprechpartnerin für die Medien:
Rose Gerdts-Schiffler, Pressesprecherin beim Senator für Inneres, Tel.: (0421) 361-9002, E-Mail: rose.gerdts-schiffler@Inneres.Bremen.de