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Die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz

Ergebnisse der Studie zu den Erfahrungen von gewaltbetroffenen Frauen mit dem Bremer Hilfssystem vorgestellt

12.12.2022

Für die Umsetzung der Istanbul-Konvention spielt der Einbezug von Frauen, die Gewalt erlebt haben, eine wichtige Rolle und wurde von Anfang an mitgedacht. Vor über einem Jahr hat die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz den Bremer Betroffenenbeirat (B*BIK) einberufen, der die Umsetzung der Maßnahmen im Bremer Landesaktionsplan begleitet. Darüber hinaus wurde im Frühjahr dieses Jahres das Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) an der Universität Bremen von der Senatorin damit beauftragt, eine Studie über die Erfahrungen von gewaltbetroffenen Frauen im Bremer Hilfesystem zu ermitteln.

Die Ergebnisse der qualitativen Studie liegen nun vor und können unter www.gesundheit.bremen.de/frauen-32243 heruntergeladen werden. "Es ist sehr wichtig, dass wir die Ergebnisse dieser Studie nun dafür einsetzen, unser Bremer Hilfesystem zu verbessern. Wir sehen anhand der Ergebnisse, dass die Befragung der von Gewaltbetroffenen ganz spezifische Lücken und Verbesserungsbedarfe aufdeckt, die wir vorher nicht gesehen haben. Vor allem im Bereich der Aufklärung und Bewusstseinsschaffung ist noch viel zu leisten. Psychische Gewalt ist nicht sichtbar und die Einordnung, dass es sich um psychische Gewalt handelt, fällt vielen Betroffenen schwer", sagt Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz.

Von März bis Juli 2022 wurden insgesamt 17 leitfadengestützte, problemzentrierte Interviews mit Frauen geführt, die zwischen 23 und 69 Jahre alt sind und unterschiedliche Gewaltformen erlebt haben. Ihr subjektives Erleben des Hilfeprozesses und ihre im Bremer Hilfesystem gemachten Erfahrungen wertet die Studie in einer inhaltlich strukturierenden, qualitativen Inhaltsanalyse aus. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ. Sie bilden ein Spektrum an Erfahrungen ab, geben aber keinen Aufschluss über die Häufigkeit. Aus den am häufigsten genannten problematischen Erfahrungen wurden zwölf konkrete Handlungsempfehlungen herausgearbeitet.

Zentrale Ergebnisse dieser Studie:

  1. Bewusstsein schaffen und Aufklärungsarbeit leisten
    Vielen Betroffenen falle es schwer einzuschätzen, ob sie Gewalt erlebt haben. Einige Frauen empfinden es als schwierig, sich einzugestehen, dass sie Gewalt erlebt haben. Dies gilt insbesondere bei psychischer Gewalt. Daher ist es wichtig, bereits frühzeitige Präventionsarbeit zu leisten und aufzuklären und das auch schon im Kindesalter, wie in Kindergarten und Schule. Darüber hinaus regt das IPP an, eine App zu entwickeln, die alle Hilfsangebote bündelt und mit der sich die betroffenen Frauen durch Fragen klicken können: Im ersten Schritt würde so identifiziert, welchen Bedarf die Betroffene hat, und im zweiten Schritt könnte sie direkt passende Angebote für ihre Situation angezeigt bekommen. Die Befragungen haben außerdem ergeben, dass Informationen häufig gar nicht dort ankommen, wo sie gebraucht werden und dass vor allem sprachliche Barrieren einen einfachen Zugang erschweren. Daher schlagen die Betroffenen leicht verständliche und mehrsprachige Informationen vor, sowohl bei Stellen des Erstkontakts, wie Polizei oder Krankenhäuser, als auch darüber hinaus im niedergelassenen Hilfesystem, wie beispielsweise bei in Frauenhäusern oder psychologischen Einrichtungen.
  2. Sekundäre Viktimisierung vermeiden durch zusätzliche Schulungs- und Fortbildungsangebote
    Die befragten Betroffenen schildern in den Interviews sowohl positive, als auch negative Erfahrungen. Dort wo ihnen wenig Empathie und Sensibilität im Hilfesystem entgegengebracht wurde, konnte es zu einer sekundären Viktimisierung kommen. Einige betroffene Frauen fühlten sich von den ersten Anlaufstellen nicht ernst genommen, als sie das Erlebte geschildert haben und wurden dadurch weiter verunsichert. Aus diesem Grunde empfiehlt das IPP Fortbildungen für Mitarbeitende des erweiterten Hilfesystems, um Sensibilität und Empathie im Umgang mit Betroffenen zu stärken. Diese erweiterten Schulungsangebote sind auch schon Bestandteil des Bremer Landesaktionsplans zur Umsetzung der Istanbul-Konvention.
  3. Verbesserung der Betroffenensituation im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht
    Gewaltbetroffene Frauen, die Kinder mit einem gewalttätigen Partner haben, sind in einer besonders schwierigen und zum Teil bedrohlichen Situation bezogen auf den Umgang des Partners mit den Kindern. Im Sinne des Kindeswohls wird die Bereitschaft zur Kooperation mit dem Täter gefordert, wenn er das Umgangsrecht für seine Kinder einfordert. In vielen Fällen führe dies immer wieder zu Konfrontationen der betroffenen Frau mit dem Täter und somit zu wiederholten Bedrohungen. Daher sollte der Umgang und insbesondere die Übergabe-Situationen durch das Jugendamt schadens- und gefahrenminimierend gestaltet werden.

Die gesamte Studie können Sie unter www.gesundheit.bremen.de/frauen/bundesmodellprojekt-betroffenenexpertise-und-perspektive/studie-zur-ermittlung-der-erfahrungen-von-gewaltbetroffenen-frauen-im-bremer-hilfssystem-42683 einsehen.

Ansprechpartner für die Medien:
Lukas Fuhrmann, Pressesprecher der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Tel.: (0421) 361-2082, E-Mail: lukas.fuhrmann@gesundheit.bremen.de