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Sonstige

Heimkehr eines verschollenen Werkes von Fritz Overbeck als Dauerleihgabe

Bedeutendes Gemälde kommt ins Overbeck-Museum

15.04.2013
Fritz Overbeck: Ein stiller Winkel, 1900, Öl auf Leinwand
Fritz Overbeck: Ein stiller Winkel, 1900, Öl auf Leinwand

In warmen Rottönen leuchten die vom Vollmond beschienenen Hecken vor einem blauvioletten, nächtlichen Himmel. Von diesen herrlichen Farben des Gemäldes "Ein stiller Winkel" von Fritz Overbeck (1869-1909) hatte man im Overbeck-Museum bisher nichts gewusst. Im Werkverzeichnis ist das im Jahr 1900 entstandene Bild des Worpsweder Malers zwar erfasst, allerdings ohne Abbildung. Anfang der 1970er Jahre war es in Privatbesitz verkauft worden, dann verlor sich seine Spur. In das Verzeichnis konnte daher nur eine Bleistiftskizze des Bildes aufgenommen werden, die der Sohn des Malers einst nach der Erinnerung angefertigt hatte. So ließ sich immerhin eine vage Vorstellung der Bildkomposition vermitteln – in Schwarzweiß.

Nun ist das rund 1 x 1,20 m große Gemälde nach über 40 Jahren wieder aufgetaucht. Und nicht nur das: Ab dem 21. April wird es – im Rahmen der aktuellen Ausstellung "Im Licht Norddeutschlands" – im Overbeck-Museum gezeigt und damit erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich. "Das ist für uns ein ganz besonderer Moment", betont Museumsleiterin Dr. Katja Pourshirazi: "Dieses Bild nach so vielen Jahren nicht nur wieder aufzufinden, sondern auch ausstellen zu können, ist ein seltener Glücksfall und ein kleines Wunder."

Im vergangenen Jahr wurde das Bild "Ein stiller Winkel" im Kunsthandel auf einer Auktion angeboten und war damit erstmals wieder nachweisbar. Dem Overbeck-Museum fehlen jedoch die Mittel, um Bilder anzukaufen – und das Gemälde wurde wiederum in Privatbesitz verkauft. Dem Museum, das den Nachlass Fritz Overbecks erforscht und betreut, blieb nur, sich durch Vermittlung des Auktionshauses an den anonymen Käufer zu wenden mit der dringenden Bitte, Kontakt aufzunehmen – damit das Bild in Zukunft für die Forschung nicht wieder unerreichbar wäre.

Als der Käufer sich kurz darauf tatsächlich meldete, wurden alle Erwartungen von Museumsleiterin Pourshirazi übertroffen: Er habe das Gemälde nicht ersteigert, um es in sein privates Wohnzimmer zu hängen, sondern damit die Allgemeinheit sich daran erfreuen könne, betonte der Kunstsammler aus Lübeck. Deshalb biete er an, das Bild dem Overbeck-Museum auf unbestimmte Zeit als Dauerleihgabe zur Verfügung zu stellen. "Da gab es nichts zu überlegen", berichtet Pourshirazi von ihrer Reaktion auf das großzügige Angebot: "Dass wir dieses Bild in Zukunft zeigen dürfen, ist eine große Bereicherung für unser Haus und ein Geschenk für alle, die Worpsweder Kunst lieben."

Das Thema der Mondnacht taucht wiederholt im Werk Fritz Overbecks auf, es zählt zu den zentralen künstlerischen Herausforderungen, die sich der Maler gesetzt hat. Das Gemälde "Ein stiller Winkel" ist jedoch mehr als nur ein Bild aus einem Zyklus. Mit der ganzen Komposition, vom ungewöhnlichen Bildausschnitt bis zur gedämpften und zugleich leuchtenden Farbigkeit, beschreitet Fritz Overbeck hier neue Wege und erschafft ein in seinem Oeuvre einzigartiges Werk. Zu Recht betont der Besitzer des Bildes, er habe es ersteigert, weil es "ein ganz besonderes, eigenes, keineswegs dem Publikumsgeschmack entgegengemaltes Bild von großer Tiefe und Innigkeit" sei.

Die Ausstellung Im Licht Norddeutschlands wird am Sonntag, 21. April 2013 um 11.30 Uhr eröffnet. Es sprechen Dr. Katja Pourshirazi, Leiterin des Overbeck-Museums, und Manfred Sell, Leiter des Deutschen Sielhafenmuseums in Carolinensiel. Musikalische Umrahmung: Wanja Brinkmann, Violine, und Günter Brinkmann, Klavier.