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Senatskanzlei

Bremen übergibt Präsidentschaft im Arianestädtebund an Mulhouse

Formelle Übergabe im Bundesrat in Berlin

22.01.2013
Jean-Marie Bockel und Jens Böhrnsen bei der symbolischen Übergabe der Präsidentschaft
Jean-Marie Bockel und Jens Böhrnsen bei der symbolischen Übergabe der Präsidentschaft

Mit der Miniatur einer Ariane-Rakete und einer App, mit der internationalen Produktionsstätten und Entwicklungsanteile beim Bau der Ariane 5 dargestellt werden, vollzogen heute (22. Januar) Bürgermeister Jens Böhrnsen und Jean-Marie Bockel, Präsident der Mulhouse Alsace Agglomération und Senator des Departements Haut-Rhin, die Staffelübergabe im Vorsitz des Ariane Städtebundes von Bremen zu Mulhouse. Böhrnsen nannte es "ein schönes Symbol, dass wir diese Übergabe heute am Jahrestag des Élysée-Vertrages hier in Berlin vornehmen." Er erinnerte an das abgelaufene Jahr und betonte, dass es besonders wichtig sei, auch die Jugend für die Raumfahrt zu erreichen. "Raumfahrt muss neben den wirtschaftlichen Interessen auch einen Hauch von Abenteuer haben. Deshalb war der Erfolg der Ausstellung in der Unteren Rathaushalle so wichtig." Bockel lobte den Bremer Einsatz im vergangenen Jahr: "Wir werden Bremen als Vorbild nehmen."

Zum Hintergrund:

Bremen ist mit Frankreich intensiv durch Wissenschaft und Kultur verbunden. Doch das herausragende Projekt der zukunftsweisenden Zusammenarbeit ist die Raumfahrt: Im Bereich Luft- und Raumfahrt arbeiten allein in Bremen 12.000 Beschäftigte. Wichtigstes Unternehmen ist der deutsch-französisch geprägte Konzern EADS mit allein 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Bremen. Luft- und Raumfahrt ist im Land Bremen ein bedeutendes Innovationscluster.

Deutschland und Frankreich sind die beiden Motoren für Raumfahrtforschung und Entwicklung in Europa. Es war daher 1998 auch eine französisch-deutsche Initiative der Städte Évry und Bremen, beides Ariane-Produktionsstätten, die ein europäisches Netzwerk der Städte und Industriestandorte sowie der beteiligten Raumfahrtagenturen und Forschungsverbünde mit dem Ziel interkultureller Jugend- und Nachwuchsarbeit gründen wollte. In Kourou wurde die Vereinsgründung dann vor 15 Jahren von 13 Städten besiegelt. Seitdem arbeiten nunmehr 39 Mitglieder zusammen und wechseln im Jahresrhythmus den Vorsitz in diesem Verbund (der als Verein französischen Rechts konstruiert ist). Von den 19 Mitgliedsstädten und –städteverbünden sind allein acht aus Frankreich, vier aus Deutschland (sowie je drei aus Spanien und Belgien, einer aus Italien. Die Schweiz ist zurzeit nur mit ihrer Industrie aus Zürich im Arianestädtebund (Communauté des Villes Ariane,CVA) vertreten. Der CVA hat heute 20 industrielle Mitglieder sowie die Raumfahrtagenturen CNES (Frankreich) und ESA (Europa), und daneben das DLR (Deutschland) und weitere sieben Institutionen wie z.B. das Deutsch-Französische Jugendwerk als Partner. CVA eint die Mitglieder darin, das Verständnis für Raumfahrt zu wecken und zu fördern, und diese Hochtechnologie den Menschen nahe zu bringen.

Die Bremer Präsidentschaft 2012 war geprägt von politischen Debatten, denn es war das Jahr des ESA-Ministerrates (ESA-MR, der zuletzt 2008 getagt hatte). Auf Bitte der anderen CVA-Mitglieder übernahm Bremen 2010 gemeinsam mit Astrium/Bremen als Industriepartner den Vorzitz, weil dieser vakant geworden war. Das war eine wichtige Rolle, weil den europäischen Raumfahrt-Städten damit im Vorfeld der Ministerratskonferenz 2012 eine so wichtige Stimme geben werden konnte. Denn es folgten die Verhandlungen in Neapel, in denen hart um die künftigen Ziele und Programme der europäischen Raumfahrt. Im November fielen diese Entscheidungen. Es ging darum, die bewährte Ariane 5 im Sinne einer Sicherung der Entwicklungs- und Produktionskompetenzen technologisch weiterzuentwickeln und trotzdem die von Frankreich favorisierte Neuentwicklung einer Ariane 6 nicht ganz aufzugeben.

Die wichtigsten Ereignisse der Bremer Präsidentschaft in 2012

Für die politische Flankierung des ESA-Ministerrats waren dies:

Im März erfolgte der Partnerschaftsstart des ATV-3 „Edoardo Amaldi“. Die Trägerrakete Ariane 5 mit Bremer Oberstufe trug den Namen der Hansestadt und den Bremer Schlüssel ins All – und natürlich das in Bremen entwickelte ATV (Automated Transfer Vehicle). Am Weltraumbahnhof in Kourou pflanzten in bremisch-europäischer Kooperation der Bremer Bundestagsabgeordnete Torsten Staffeldt, der Bremer Standortleiter von Astrium, Michael Menking, sowie ESA-Vorstand Thomas Reiter, ESA-Kabinettchef Karlheinz Kreuzberg und Vertreterinnen und Vertreter von Arianespace und CNES eine „Bremen-Palme“.

Im Mai fand in der Bremer Landesvertretung in Berlin eine internationale Konferenz und Podiumsdiskussion („The Younger Generation's Vision for Space and the Future for European Launchers") statt. Dabei präsentierte u.a. der zuständige Fachmann aus dem deutschen Wirtschaftsministerium die deutsche Raumfahrtstrategie, wie sie für die Beratungen des ESA-MR von Relevanz sein könnte. Insbesondere die anwesende Industrie und der deutsche Vertreter von 18.000 Beschäftigten aus Deutschland und Frankreich im maßgeblichen RF-Konzern EADS hielten dieser Position wesentlich andere Argumente zur Weiterentwicklung der Ariane 5 entgegen.

Im Oktober folgte dann die zweite Konferenz dieser Art im Bremer Rathaus (“Space for Cities – Space for Citizens”) Dabei appellierte vor allem DLR-Chef Johann-Dietrich Wörner an die Verhandlungspartner des ESA-MR, die Weiterentwicklung der Ariane 5 nicht zu stoppen.

Sehr hilfreich für die politische Debatte war das Drei-Länder-Papier zur Zukunft der Raumfahrt, das Bremen gemeinsam mit Bayern und Baden-Württemberg zu einer gemeinsamen Strategie im September an die Bundeskanzlerin geschickt hat.

Ebenfalls im September tagte die CVA mit ihrem geschäftsführenden Ausschuss in der Bremer Landesvertretung in Berlin. So war die CVA nicht nur mit ihrem Logo auf der ILA in Berlin vertreten. Auf dem Hanseplatz des Bremer Standes trafen sich dabei erstmals die beiden europäischen Netzwerke von Raumfahrtstädten (CVA) und Regionen (NEREUS).

Anfang Oktober war der Arianestädtebund erstmals aktiv und als assoziiertes Mitglied auf dem Weltkongress IAC in Neapel präsent. Bremens Wirtschaftsstaatsrat Heseler hielt einen Vortrag zum Nutzen der Raumfahrt für die Städte.

Während der World-Space-Week vom 4.-12. Oktober haben Bremen, das DLR, die Bremer Raumfahrtunternehmen Astrium und OHB gemeinsam eine interaktive Ausstellung für die Untere Rathaushalle konzipiert und finanziert. Die Ausstellung im Bremer Welterbe verzeichnete mehr als 10.000 Besucherinnen und Besucher.

Hinsichtlich der Zielgruppe jungen Menschen bleibt festzuhalten:

18 Jugendliche aus Belgien, Frankreich und Deutschland haben am 3wöchigen interkulturellen Seminar teilgenommen. In ihrer Bremen-Woche haben sie Raumfahrtinstitute kennengelernt und auf dem Betriebsgelände die Direktübertragung des ATV-Starts miterlebt.

20 Lehrer und Schulleiter aus CVA-Mitgliedsstädten haben sich in Bremen zum Erfahrungsaustausch getroffen und miteinander im neuen DLR-School_lab gearbeitet. Sie haben die Entwicklung einer virtuellen Plattform für Didaktik zum Thema Raumfahrt /Technik beschlossen.

Vier Bremer Studenten haben an der CVA-Summerschool in Salon-de-Provence mitgemacht, die Prof. Uwe Apel von der Hochschule Bremen im 14. Jahr mitgestaltet hat.
Eine Lehrergruppe aus Toulouse hat an Bremer Raumfahrt-Profilschulen hospitiert.

Die im Aufbau befindliche internationale Schule in Kourou hat in Workshops in Bremen unter Federführung von Institut francais, Instituto Cervantes und Bremer Fremdsprachenzentrum die Entwicklung einer virtuellen Lernplattform zur internationalen Unterstützung ihrer pädagogischen Arbeit verabredet.
Wir haben die Programme der CVA also intensiv genutzt.

Die Luft- und Raumfahrtindustrie gehört zu den wichtigsten europäischen Hochtechnologie-Branchen und ist ein entscheidender Innovationstreiber. Im Bereich der Trägersysteme sind in der „Ariane-Familie“ die Länder Frankreich und Deutschland die zentrale Kraft. Es ist wichtig, die Menschen, besonders die jungen Menschen, für die Raumfahrt und ihre Technologie zu begeistern, damit auch in Zukunft Wissenschaftler und Ingenieure in neue Welten aufbrechen wollen. Nur so kommen wir den Lösungen für globale Probleme auf die Spur.

Foto: Senatspressestelle