Sie sind hier:

Der Senator für Finanzen

Länder arbeiten an Wiedererhebung der Vermögensteuer

17.10.2012

Im Verlauf der letzten Jahrzehnte sind hohe Einkommen und Vermögen in den meisten EU- und OECD-Ländern steuerlich entlastet worden – so auch in Deutschland. In diesem Zeitraum sind die Unternehmens- und Vermögenseinkommen deutlich gestiegen, während die Lohneinkommen weit weniger starke Zuwächse aufwiesen. Gleichzeitig hat die Konzentration der Vermögensverteilung stark zugenommen.

Im internationalen Vergleich werden Vermögen in Deutschland niedrig besteuert. Das Aufkommen sämtlicher vermögensbezogener Steuern beträgt rund 0,9 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Das ist weniger als die Hälfte der Durchschnittsbelastung der OECD- oder der EU-Staaten.

Die Finanzministerien der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein beschäftigen sich derzeit intensiv mit der Ausgestaltung einer wiederbelebten Vermögensteuer in Deutschland. Die Zielsetzung besteht zum einen in der Korrektur der immer ungleicheren Vermögensverteilung in Deutschland. Zum anderen geht es um die dringend notwendige Verbesserung der strukturellen Einnahmebasis der Länderhaushalte.

Mit einem Gutachten zu den Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer wiederbelebten Vermögensteuer wurde das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) beauftragt, das auf diesem Gebiet über eine langjährige Expertise verfügt. Die Berechnungen des DIW beziehen sich auf ein Modell einer Vermögensteuer, das unter anderem eine verkehrswertnahe – und damit verfassungskonforme – Bewertung aller Vermögensarten bei einem einheitlichen Steuersatz von ein Prozent vorsieht. Grundlage der Berechnung ist ein persönlicher Freibetrag in Höhe von zwei Millionen Euro für Ledige bzw. vier Millionen Euro für Verheiratete. Mit diesem Freibetrag wird zugleich der Verwaltungs- und Bürokratieaufwand für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Verwaltung in Grenzen gehalten.

Das DIW hat heute, 17. Oktober 2012, die Ergebnisse seiner Berechnungen vorgelegt. Die Berechnungen zeigen, dass eine Vermögensteuer von 1 Prozent unter den genannten Bedingungen ein Aufkommen von rund 11,5 Mrd Euro erzielen würde. Die Berechnungen des DIW berücksichtigen Ausweich- und Anpassungsreaktionen der Steuerpflichtigen bei der Vermögensteuer sowie bei den Ertragsteuern und nehmen erhebliche Abschläge für Schätzunsicherheiten vor. Der Steuer unterlägen dem DIW zufolge bundesweit rund 300.000 Personen (143.000 natürliche Personen, 164.000 juristische Personen). Die Erhebungskosten – d.h. die Befolgungskosten auf Seiten der Steuerpflichtigen und die Verwaltungskosten bei der Steueradministration – belaufen sich auf weniger als fünf Prozent des erzielten Aufkommens und liegen damit deutlich niedriger, als in der öffentlichen Diskussion bisweilen dargestellt.

Die Berechnungen des DIW zeigen, dass die Einführung einer zielgenauen Vermögensteuer möglich ist, die tatsächlich sehr reiche Personen in Deutschland trifft. Das Aufkommen stünde für dringend notwendige Investitionen zugunsten von Bildung und öffentlicher Infrastruktur in Deutschland zur Verfügung.

Die Beratungen der Finanzministerien der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zur Ausgestaltung einer wiederbelebten Vermögensteuer sind noch nicht abgeschlossen. Gegenstand der Überlegungen sind unter anderem noch die Höhe der Freibeträge und die Behandlung des produktiven Betriebsvermögens – unter striktem Ausschluss von missbräuchlichen Gestaltungen. Das Ziel der Beratungen besteht darin, einen Gesetzentwurf zur Wiederbelebung der Vermögensteuer als Initiative der Länder in den Bundesrat einzubringen.