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Der Senator für Finanzen

„Bremen für alle – alle für Bremen“

22.01.2010

„Der Senat hat sich zum Ziel gesetzt, Bremerinnen und Bremer mit Migrationshintergrund besser und umfassender in unsere Gesellschaft zu integrieren.“ Mit dieser klaren Ansage begrüßte Finanzsenatorin und Bürgermeisterin Karoline Linnert die 100 Verwaltungs-Auszubildenden, die sich heute (Freitag, 22.01.10) an der Verwaltungsschule Bremen über ihre Erlebnisse und Erfahrungen während der Projektwoche „Bremen für alle – alle für Bremen“ austauschten. Als Verantwortliche für das ressortübergreifende Personalmanagement der Stadt fügte Linnert hinzu: „Analog ist es für die Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstes entscheidend, ob er sich weiter öffnen kann, ob es gelingt, mehr Menschen mit Migrationshintergrund zu beschäftigen und noch mehr interkulturelle Kompetenz aufzubauen.“

Bürgermeisterin Linnert (1. Reihe li.) während der Abschlussveranstaltung in der Aula der Verwaltungsschule Bremen

Bürgermeisterin Linnert (1. Reihe li.) während der Abschlussveranstaltung in der Aula der Verwaltungsschule Bremen


Schon am Montag bei der Eröffnung der Projektwoche hatte Staatsrat Henning Lühr gefordert, dass sich der Öffentliche Dienst „als Einwanderungsland“ verstehen müsse, wenn er den nicht zuletzt durch die demografische Entwicklung gesetzten Anforderungen gerecht werden wolle. Erhard Heintze, Integrationsbeauftragter des Bremer Senats, hatte Integrationsziele und –strategien in Bremen dargestellt. Der Demografieexperte und Stadtentwickler Dr. Detlev Söffler hatte seine Zuhörer zuvor mit der Hypothese überrascht: „Kratze an einem Bremer und du stößt auf einen Migranten!“ Schließlich habe Bremen zahlreiche Einwanderungswellen erlebt und die Einwohnerschaft beispielsweise vor etwa 100 Jahren zu mehr als 50 Prozent aus „Ausländern“ bestanden.


Im Zentrum der Projektwoche standen aber nicht die Politikerreden, sondern eigene Erkundungen der Schülerinnen und Schüler in den Stadtteilen und zahlreichen Einrichtungen. Zu „vorurteils- und ideologiefreier, kritischer Auseinandersetzung mit den Realitäten ohne schönfärberisches Multi-Kulti-Kuscheln, aber auch ohne Pauschallamentiererei“ hatte Verwaltungsschuldirektor Holger Wendel aufgefordert. Ein Vorbereitungsteam und die Lehrkräfte der Verwaltungsschule hatten eine breite Angebotspalette an Veranstaltungen und Exkursionen entwickelt. Und so taten Schüler und Lehrer das, was Dr. Söffler zum Motto seines Vortrages gemacht hatte – sie wanderten: Sie suchten ca. 35 verschiedene Orte in Bremen auf, legten zusammen ca. 5.000 km zurück, nahmen mit ca. 300 Menschen Kontakt auf, verdrückten mindestens 60 Döner (und ein paar Hamburger), mindestens 150 Brötchen und - am wichtigsten: dabei wurden neue Erkenntnisse und Erfahrungen mitgenommen.


Begegnungen standen im Vordergrund der Projektwoche, mit Menschen aus Einrichtungen, die sich mit der Lebenssituation von Migranten und Migrantinnen beschäftigen, mit Menschen unterschiedlichster kultureller Hintergründe, mit Stadtteilen, in die man sonst nicht fahren würde. „Ich wohne im Bremer Umland, freiwillig würde ich nie nach Tenever oder Gröpelingen fahren“, sagte eine Auszubildende, „Bei uns gibt es gar keine Migranten.“


Gemeinsam machten die Verwaltungsschüler/innen viele neue Erfahrungen. Die Schriftstellerin Rose Gerdts-Schiffler zum Beipsiel las aus ihrem Buch „Der Ehrenhüter“ – und zwar an einem Originalschauplatz der Geschichte in Gröpelingen. Man hätte eine Nadel fallen hören können, nicht nur wenn die Krimihandlung spannend wurde, sondern auch wenn die handelnden Personen charakterisiert wurden. Viele sahen zum ersten Mal eine Moschee von innen und wurden über den Islam informiert, ohne als erstes „Terror“ zu assoziieren. Beeindruckt waren die Verwaltungsschüler/nnen auch von dem Projekt „Zukunftslabor“ der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, in dem Integration gelebt wird.


Bei der heutigen Abschlussveranstaltung trugen die Schülerinnen und Schüler ihre beherrschenden Eindrücke und Erkenntnisse dann zu einer Pyramide zusammen. Dass dabei nicht nur weichgespülte Stichworte auftauchten, sondern auch Zuspitzungen, Probleme, Widersprüche, Stolpersteine benannt wurden, entsprach der Intention der Woche. Kostproben:

  • Fehlender Integrationswille und fehlende Integrationsmöglichkeiten schaffen Parallelwelten
  • „Menschenrecht vs. Ordnungsrecht?“
  • „OTe – gemeinsam einsam?“
  • „Fördern Extrawürste Integrationsunwilligkeit?“

Eindeutig überwog aber die Auffassung, dass besondere Verwaltungsleistungen für Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund, die schließlich ein Viertel der bremischen Bürgerschaft ausmachen, nicht nur legitim, sondern sowohl für die Einzelnen wie für die Gemeinschaft erforderlich sind. Viele waren erstaunt, wie viel die Verwaltung schon leistet – quasi in allen Lebenslagen, von der Geburtsvorbereitung bis zur Bestattung. Und viele waren voll Bewunderung dafür, wie viel Engagement – bürgerschaftliches wie „amtliches“ – von Menschen in Bremen entwickelt wird, um Integration zu fördern und Not zu lindern.


Aus pädagogischer Sicht sei die Woche ein voller Erfolg gewesen, stellte Holger Wendel abschließend fest. So viel kritische Auseinandersetzung, so viele Anstöße und Anregungen hätte es im normalen Unterricht wohl kaum gegeben. Die Beschäftigung mit dem Thema bleibe sicherlich keine Eintagsfliege, sondern werde im Schulalltag fortgesetzt – und schlage sich perspektivisch hoffentlich in weiter wachsender interkultureller Kompetenz des Verwaltungshandelns nieder.


Wer genau nachlesen will, was die Verwaltungsschüler erlebt und ausgedrückt haben, wo sie überall waren, mit wem sie gesprochen haben, und vielleicht auch noch ein paar Bilder sehen möchte, kann dies in Kürze im Internet unter www.afz.bremen.de /aktuelles tun.


[Foto: Pressereferat der Senatorin für Finanzen]