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Sonstige

Interdisziplinäre Schmerztherapie am ‚Rotes Kreuz Krankenhaus’ feiert Jubiläum

28.03.2006

25 Jahr ambulante und stationäre Versorgung im Bremer Schmerzzentrum

Am 3. April 1981 eröffnete die erste Interdisziplinäre Schmerzambulanz am ‚Rotes Kreuz Krankenhaus’ Bremen (RKK). „Das war eine Pionierleistung für Norddeutschland und zudem dringend nötig“, betont Dr. Friedemann Osmers, ärztlicher Direktor im RKK. „Vor 25 Jahren noch wurden Patienten, die einer speziellen Schmerztherapie bedurften, quer durch Deutschland geschickt“, beschreibt Osmers die damalige Situation. Das Schmerzzentrum am RKK verfügt nach wie vor als einzige Klinik Norddeutschlands über 12 stationäre Betten für Schmerzpatienten.

„Der Zustrom von Patienten ist konstant geblieben über die Jahre, auch wenn Schmerztherapie mittlerweile natürlich auch von anderen Kliniken angeboten wird“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Michael Strumpf, Leiter der Schmerzambulanz und Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am RKK Seit 2002 ist er der Nachfolger des Begründers Prof. Dr. Gholam Sehhati-Chafai. Dies zeigt, dass der Bedarf vorhanden ist und voraussichtlich weiter steigen wird: „Mit zunehmendem Alter nehmen auch die Beschwerden in Knochen und Gelenken zu – man kann eben nicht alles operieren“, erläutert der Schmerzexperte. Gleichzeitig hat sich in unserer Gesellschaft in den vergangenen Jahren ein Sinneswandel vollzogen: Wurde der Schmerz früher soziokulturell als Begleiterscheinung betrachtet, die man akzeptieren musste, erwartet man heute, Lebensqualität noch in hohem Alter genießen zu können.

Schmerzen kennt jeder. Meist gehen sie vorüber, wenn die Auslöser erkannt sind. Viele Schmerzursachen sind jedoch unheilbar oder nicht zu vermeiden: Dazu gehören vor allem Tumorleiden, chronisch degenerative Leiden wie Rheuma oder Arthrose, Nervenentzündungen oder Phantomschmerzen nach einer Amputation. Das Leistungsspektrum der speziellen Schmerztherapie umfasst neben der Behandlung mit Medikamenten auch Kathetertechniken, Nervenverödungen, Infusionen und Akupunktur. Auch Medikamenten-Entzüge führt das RKK stationär durch.

Ca. 60 Prozent aller Schmerzpatienten kommen aufgrund von Rückenbeschwerden. Schmerzen nach Nervenverletzungen, Kopfschmerzen, Migräne, Tumor- und Phantomschmerzen bilden die anderen 40 Prozent. Oftmals haben die Patienten schon eine Odyssee über verschiedene Haus- und Fachärzte und mehrfache Operationen hinter sich. Ständiger Schmerz treibt Menschen in tiefe Verzweiflung. Schmerzpatienten stehen unter einem großen Leidensdruck. Gerade Rückenschmerzen wiederholen sich periodenhaft, werden länger und intensiver bis die Schmerzen schließlich chronisch werden. Der volkswirtschaftliche Schaden, der durch chronische Schmerzen entsteht, ist enorm. „Wir sorgen dafür, dass es zu so einer Krankengeschichte gar nicht erst kommt“, erklärt Strumpf. Chronisch und akut Kranken ein Leben mit dem Schmerz zu ermöglichen und ihnen größtmögliche Linderung zu verschaffen ist zentrales Anliegen des Bremer Schmerzzentrums. „Wir sehen Schmerztherapie als das Recht jedes einzelnen Patienten“, betont Strumpf den Behandlungsansatz des RKK. „Wir sind auf dem Weg, unsere Klinik zu einem „schmerzfreien Krankenhaus" weiter zu entwickeln.“

Rund 1300 Patienten im Jahr werden im Schmerzzentrum am RKK behandelt, 1100 ambulant und 200 stationär. Zunächst profitieren natürlich die frisch operierten Patienten von der Arbeit der Experten. Hausinterne Schmerz-Standards sichern die Qualität und Abläufe in der Klinik. „Wir warten nicht, bis jemand nach der OP vor Schmerzen schreit – Medikamente verabreichen wir heute mit der Narkose, sie wirken schon beim Aufwachen“, erklärt Strumpf. Seit zwei Jahren gibt es einen Akutschmerzdienst an der Klinik, der im Rahmen des Qualitätsmanagements überwacht wird. Rund um die Uhr ist ein Ansprechpartner in Sachen Schmerz erreichbar.

Täglich werden ca. 35 weitere Schmerzpatienten ambulant behandelt. Hier greift das „multimodale, interdisziplinäre Therapieprogramm“ der Klinik: Um eine exakte Diagnose erstellen zu können treffen sich Fachärzte unterschiedlicher Disziplinen, untersuchen den Patienten und treffen sich zur „Schmerzkonferenz“. Dann wird eine maßgeschneiderte Therapie geplant und eingeleitet, zum Beispiel mit Akupunktur, Reizströmen, Bädern, Anwendungen in der Kältekammer oder auch Spritzen und Medikamenten.

Die Schmerzforschung ist eine relativ junge Wissenschaft, die sich ab den 60er Jahren entwickelt hat. Erst in den frühen 80er Jahren fingen Anästhesisten an, hier einen Fokus zu setzen und die Zusammenarbeit mit beispielsweise Orthopäden, Neurologen, Rheumatologen, Psychologen und Therapeuten voran zu treiben. Heute steht der interdisziplinäre Ansatz und ein individuell abgestimmtes Therapiekonzept im Vordergrund. Schmerzkonferenzen und gemeinsame Visiten gehören zum Alltag am RKK. Die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Haus- und Fachärzten sowie Schmerztherapeuten wird groß geschrieben. Die Behandlungsergebnisse vergleicht das RKK mit denen anderer Schmerzzentren, um die optimale Therapie gewährleisten und auf dem neuesten Stand zu bleiben. „Unsere Schmerztherapie basiert auf wissenschaftlich validierten Programmen“, betont Strumpf.

Früher wurde beispielsweise in der Behandlung von Rückenschmerzen sehr viel mit Spritzen gearbeitet. Heute sieht man viel stärker die notwendige aktive Beteiligung der Patienten an ihrem Gesundungsprozess: Patienten werden durch Krankengymnastik mobil und durch verstärkte Aufklärung und Patientenführung in Form von „Schmerzprotokollen“ eingebunden in die Behandlung. In den Protokollen, die mit dem Arzt besprochen werden, hält der Patient selber fest, wann und in welchen Situationen Schmerzen einsetzen und wann Überlastungen beginnen.