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Der Senator für Kultur

Übersee-Museum gibt menschliche Überreste an Neuseeland zurück

03.05.2016

In seiner Sitzung heutigen Dienstag (3. Mai 2016) hat der Senat der Freien Hansestadt Bremen beschlossen, dass das Übersee-Museum menschliche Überreste der Moriori und Maori aus seinem Sammlungsbestand an den Staat Neuseeland herausgeben darf. Weil Sammlungsgegenstände, die vor Gründung der Stiftung öffentlichen Rechts im Jahr 1999 ins Museum kamen, sich nicht im Eigentum des Übersee-Museums befinden, liegt die Entscheidung über die Rückgabe beim Senat für die Freie Hansestadt Bremen (Stadtgemeinde).

Im Auftrag des Staates Neuseeland hatte das Te Papa Museum in Wellington das Übersee-Museum um Rückgabe von bis zu 26 menschlichen Überresten zweier Ethnien aus Neuseeland, der Maori und der Moriori, gebeten. Das Ersuchen um Rückgabe der Moriori-Gebeine erfolgt im Namen des Hokotehi Moriori Trust, der die Interessen der Moriori vertritt und sich dem Rückgabegesuch des Te Papa Museums angeschlossen hat.

Das Übersee-Museum hat gemeinsam mit dem Senator für Kultur die Angelegenheit im Rahmen der zugänglichen Quellen und auf Grundlage ethischer Standards umfassend erforscht und aufbereitet.

Der Gründungsdirektor des Übersee-Museums, Prof. Hugo Schauinsland, unternahm während seiner Amtszeit vier große Sammel- und Forschungsreisen. Seine erste Reise führte ihn 1896/97 unter anderem nach Neuseeland und auf die Chatham-Inseln, wo er natur-und völkerkundliche Objekte sammelte. Zu den naturkundlichen Objekten zählten Tiere und menschliche Überreste. Im 19. Jahrhundert war das Sammeln menschlicher Überreste der Hauptbestandteil der Sammlungsstrategie für anthropologische Sammlungen.

Auf diese Sammelreise gehen die menschlichen Überreste der Moriori (von den Chatham Inseln) in der naturkundlichen Sammlung des Übersee-Museums zurück. Es handelte sich dabei ursprünglich um zwei Skelette (inklusive Schädel) und 13 Schädel. Hinzu kommen zwölf und ein halber Unterkiefer sowie weitere Skelettteile, wie etwa Beckenknochen und Wirbel. Weiterhin befinden sich in den Sammlungen neun Schädel der Maori. Das Museum erwarb im Jahr 1906 sieben dieser Schädel von einem Händler. Über die weiteren Schädel gibt es keine genauen Eingangsbelege.

Der Staat Neuseeland ist auf Grundlage der als Erkenntnisquellen heranziehbaren Fakten und einer darauf aufbauenden juristischen und rechtsethischen Bewertung der Gesamtumstände vermutlich Eigentümer der menschlichen Überreste geblieben bzw. vertritt er den Eigentümer. Der Anspruch des vermutlichen Eigentümers ist zwar, nachdem die Überreste bereits im Jahre 1897 bzw. 1906 in den Besitz des Museums übergegangen sind, lange verjährt. Der Verbleib der gesamten Sammlung im Übersee-Museum erscheint aus rechtsethischen Gründen trotz der auch heute für die Forschung in Teilen fortbestehenden anthropologischen und sammlungshistorischen Bedeutung der Sammlungsoriginale unangemessen. Eine Verwendung für Ausstellungszwecke, was bei menschlichen Überresten nach anerkannten Museumsstandards generell nur in gut begründeten Fällen gerechtfertigt ist, verbietet sich aus diesen Gründen ohnehin.

Die Herausgabe ist, da die Einrede der Verjährung geltend gemacht werden könnte, eine freiwillige Geste der Freien Hansestadt Bremen im Rahmen anerkannter ethischer Bewertungen derartiger Rückgabeersuchen. Allgemeine Standards oder Regeln gibt es in solchen Fällen nicht; jedes Rückgabeersuchen wird intensiv wissenschaftlich erforscht und als Einzelfall entschieden.

Der Stiftungsrat des Übersee-Museums war bereits im Vorwege mit der Angelegenheit befasst worden und hatte den Vorstand des Museums mit der Durchführung des Verfahrens betraut. Er hat den Vorstand gebeten, das De-Akzessionierungsverfahren einzuleiten. Hiermit folgt das Übersee-Museum einem von ihm selbst gesetzten Beispiel. Bereits im Jahr 2006 hat das Übersee-Museum zwei Maori-Köpfe (sogenannte Toi Moko) an das Te Papa Museum gegeben. Dieser Rückgabe war ebenfalls ein De-Akzessionierungsverfahren durch den Senat der Freien Hansestadt Bremen auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses des Stiftungsrates des Übersee-Museums vorausgegangen. Damals erfolgte die ebenfalls freiwillige Rückgabe ohne entsprechende Forderung auf Betreiben des Übersee-Museums.