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Die Bremische Zentralstelle ZGF teilt mit:

06.03.2002

Der Internationale Frauentag 2002: Viel erreicht – viel bleibt zu tun

Auch in Bremen nehmen viele Frauen den 8. März zum Anlass, sich das Erreichte zu vergegenwärtigen und zugleich öffentlich zu machen, dass tatsächliche Gleichstellung in unserer Gesellschaft noch nicht erreicht ist.

Der Internationale Frauentag hat eine lange Tradition. Er ist zu Anfang des Jahrhunderts aus zwei Wurzeln entstanden: dem Kampf der Frauen um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen und um die politische Gleichberechtigung.

Am 8. März 1908 streikten Textilarbeiterinnen in New York, 1909 waren es 20.000 Hemdennäherinnen in Manhattan, die in einem achtwöchigen Streik die Verbesserung der unmenschlichen Arbeitssituation erzwangen. 1917 traten Frauen in Petersburg in den Ausstand und leiteten damit den Beginn revolutionärer Umwälzungen in Russland ein.

Ab 1921 wurde der Internationale Frauentag regelmäßig am 8. März begangen. Neben gewerkschaftlichen Forderungen wie Achtstundentag, Festsetzung von Mindestlöhnen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, effektiver Arbeits- und Mutterschutz schrieben die Frauen immer auch die gesellschaftliche Gleichberechtigung auf ihre Fahnen: sie forderten das umfassende Wahlrecht für Frauen, das Recht auf selbstbestimmte Schwangerschaft, sie wandten sich gegen patriarchale Gesellschaftsstrukturen, Militarismus und Faschismus. Mit dem allgemeinen Wahlrecht erkämpften sich 1918 die Frauen eine der wichtigsten Bastionen auf dem Weg zur Gleichberechtigung.

Die Grundlagen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben sind inzwischen gelegt und stellen für uns heute eine Selbstverständlichkeit dar. Dazu zählt der generelle Zugang von Mädchen und Frauen zu Bildung, Ausbildung und Beruf ebenso wie die Wahrnehmung von politischen Ämtern.

Die tatsächliche Gleichstellung hinkt jedoch in allen gesellschaftlichen Bereichen dem Anspruch hinterher. Solange nur 2 % aller Väter Elternzeit nehmen, um sich der Erziehung und Betreuung ihrer Kinder zu widmen, solange Frauen im Durchschnitt ein Viertel weniger verdienen als Männer, solange Teilzeitarbeit fast nur Frauensache ist, solange in Spitzenpositionen des Management noch nicht einmal 5 % Frauen zu finden sind – solange kann von Geschlechtergerechtigkeit keine Rede sein. Um hier wirklich voran zu kommen, reichen gesetzliche Regelungen nicht aus. In Politik und Gesellschaft muss eine Bewusstseinsveränderung stattfinden, um die fundamentale Wichtigkeit der Gleichstellung von Frauen und Männern für eine demokratische Gesellschaft zu begreifen.

Ohne eine deutliche Verbesserung in der Vereinbarkeit von Kindererziehung und Beruf wird sich unsere Gesellschaft mit einer immer dramatischeren Kinderlosigkeit auseinandersetzen müssen. Bereits heute haben 25 % aller jungen Frauen im Alter von 35 Jahren keine Kinder, weil sie immer weniger bereit sind, die Entscheidung zwischen Kind und Karriere allein auf ihrem Rücken auszutragen. Hier geht es keineswegs nur um mehr Unterstützung für Frauen, vielmehr ist Männerförderung gefragt!

Zum einen ist es notwendig, Strukturen so zu verändern, dass eine gleiche Teilhabe von Frauen in Gesellschaft und Beruf möglich ist. Dazu zählt, dass die Jahrzehnte alte Forderung der Frauenbewegung nach einer bezahlbaren Ganztagsbetreuung in Kindergarten und Schule endlich umgesetzt wird. Zum anderen müssen sich die Unternehmen stärker in der Frage der Vereinbarkeit von Arbeitsplatz und Familienarbeit engagieren.

„Die Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern muss auch in Bremen umgesetzt werden,“ fordert Ulrike Hauffe. Ein erstes Gespräche mit dem Bremer Unternehmensverband haben bereits stattgefunden, um die Vielzahl von konkreten Vorschlägen in die Tat umzusetzen, wie Mentoring, Coaching und Führungsseminare für Frauen, neue Arbeitszeitmodelle für Führungspositionen oder die Anerkennung der Qualifikationen von Unternehmerfrauen im Handwerk.

Einen großen Erfolg kann die Frauenbewegung verzeichnen: Aufgrund des neuen Gewaltschutzgesetzes und dem polizeilichen Wegweisungsrecht ist es endlich möglich, einen gewalttätigen Ehemann oder Partner aus der gemeinsamen Wohnung zu verweisen. Damit steht erstmalig der Schutz der geschlagenen Frauen im Vordergrund: nicht sie sondern der Schläger muss die Wohnung verlassen.

„Der 8. März ist nach wie vor ein wichtiges Datum für die Gleichberechtigung und trägt dazu bei, die uneingelösten Forderungen der Frauen immer wieder ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und ihnen Nachdruck zu verleihen“, betont Ulrike Hauffe.