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Senatskanzlei

Pressemitteilung mit FotoMit Festakt im Rathaus 25 Jahre Institut für Osteuropa gewürdigt

14.06.2007

Zahlreiche ehemalige Dissidenten unter den Gästen

Eine solche Gelegenheit wird sich vermutlich so schnell nicht wieder bieten: Ein Festakt im Bremer Rathaus, zu dem rund 30 Dissidenten, Bürgerrechtler, ehemalige politische Gefangene aus Moskau, Prag, Budapest, Warschau und Bratislava angereist sind. Zeitgenossen, Zeitzeugen und Weggefährten in den Jahren vor dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten in Osteuropa. Sie sind gekommen, um gemeinsam mit weiteren 300 Gästen aus allen Bereichen der Gesellschaft heute (14. Juni 2007) das 25jährige Jubiläum der Bremer Forschungsstelle Osteuropa zu feiern und die Arbeit dieser einzigartigen Einrichtung zu würdigen. Unter ihnen ist Sergej Kowaljow, ehemaliger politischer Gefangener und eine der Symbolfiguren der Bürgerrechtsbewegung in der ehemaligen Sowjetunion, Jan Kren aus Warschau, Dissident und Unterzeichner der Charta 77, der Bürgerrechtler und Politologe Miroslav Kusy, späterer Minister der ersten demokratischen Regierung der Slowakei wie auch der Schriftsteller György Konrad, einer der prominentesten ungarischen Dissidenten.


Wolfgang Eichwede (Mitte) mit den ehemaligen Dissidenten Milos Hajek (links) und Jan Kren aus Prag


Willi Lemke, Senator für Bildung und Wissenschaft, überbringt Grüße und Dankesworte im Namen des Bremer Senats , Uni-Dekan Prof. Dr. Thomas Krämer-Badoni erinnert in seinem Grußwort an die „nicht einfache Geburt“ der Forschungsstelle im Jahr 1982. Als Festredner spricht der polnische Historiker und Politiker Prof. Bronislaw Geremek und heutige EU-Abgeordnete u.a. über die Bedeutung der Solidarnosc, Prof. Dr. Lilia F. Shevtsova beleuchtet, wie sehr die Arbeit der Forschungsstelle – „diese hervorragende Denkfabrik“ - zum Verstehen des Zusammenbruchs der ehemals kommunistischen Staaten beigetragen hat. Und Prof. Dr. Wolfgang Eichwede, Gründer und Leiter der Forschungsstelle Osteuropa, ruft den Bürger- und Menschenrechtlern der ersten Stunden zu: „Wir haben viel von Euch gelernt!“


Die Anregungen zur Einrichtung einer Forschungsstelle mit Schwerpunkt Osteuropa kamen seinerzeit von Willy Brandt und Hans Koschnick. Es fehlte eine Einrichtung, die Kulturen und Gesellschaften des östlichen Europas untersucht – in all ihren Facetten und damit auch und vor allem in ihren Widersprüchen und Alternativen. Und so kam es 1982 an der Bremer Universität zur Gründung der Forschungsstelle Osteuropa. Nicht die offiziellen Machtstrukturen standen im Vordergrund des Interesses, sondern das, was sich hinter den Fassaden der kommunistischen Diktaturen tat. „Eine Gründung gegen den Strom“, wie Institutsleiter Prof. Dr. Wolfgang Eichwede es formuliert


Im Fokus der Wissenschaftler waren seinerzeit vor allem die kritischen, unabhängigen Stimmen und Bewegungen in Osteuropa. Und so begann man im Institut, deren Materialien zu sammeln - geheime Zeitungen, geschmuggelte Kassiber, verbotene Bilder. Materialien, die oft auf verschlungenen Wegen nach Bremen kamen. So wuchs eines der größten Archive heran, eine einzigartige Sammlung von inzwischen 150.000 Originalen aus dem kulturellen Untergrund des östlichen Europas. Hinzu gekommen sind inzwischen umfangreiche Nachlässe, vor allem aus Russland, der Sowjetunion und der russischen Emigration, die das gesamte 20. Jahrhundert umfassen.




Offener Brief von Vaclav Havel an Gustav Husak



Aus diesem Fundus haben sich zahlreiche Forschungsprojekte und große Ausstellungen entwickelt – so die Präsentation „Samizdat, Alternative Kultur in Zentral- und Osteuropa“, die in Berlin, Prag, Brüssel und Budapest zu sehen war. Nach der historischen Zäsur, der Wende von 1989/91, ist in der Forschungsstelle ein neuer Bereich aufgebaut worden, in deren Mittelpunkt die Wechselwirkung zwischen Wirtschaft und Kultur steht. „Damit haben wir einen zusätzlichen Akzent in der Forschungslandschaft gesetzt“, so Wolfgang Eichwede. Immer wieder ist die Forschungsstelle gefragt, wenn es um aktuelle Analysen und Entwicklungen in Osteuropa, etwa in Polen, der Ukraine und Russland geht, oder um das Verhältnis Deutschlands zu den östlichen Partnern. Eine bedeutende Rolle spielt dabei seit vielen Jahren die Frage der so genannten Beutekunst und der Versuch eines Ausgleichs.